Der große Lauschangriff
14.10.2019
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Schafft Taping Rechtssicherheit?
Als vor etwa 7.000 Jahren die ersten Schriftsysteme erfunden wurden, gelang es dem Menschen erstmals, Informationen über einen längeren Zeitraum zu bewahren, womit ein wesentliches Problem der menschlichen mündlichen Kommunikation umgegangen werden konnte: Das gesprochene Wort ist flüchtig und weder der Sprecher noch der Zuhörer können sich nach einer gewissen Zeit daran erinnern, was genau gesagt wurde. Dieses Problem lässt sich auch lösen, wenn das gesprochene Wort aufgezeichnet wird. Weil bei Finanzthemen Unklarheiten schnell bedeutende Folgen haben können, gibt es in der Finanzdienstleistungsbranche deshalb auch Akteure, die im Taping Vorteile für Berater und Kunden sehen. „Gerade bei Unstimmigkeiten oder gar Streitereien können Makler und Kunden ihre jeweiligen Positionen anhand der telefonischen Dokumentation gegebenenfalls sehr gut belegen“, meint Tim Bröning, Mitglied der Geschäftsleitung der Fonds Finanz Maklerservice GmbH. Als negative Seite des Tapings sieht Bröning, dass dies für die Vermittler zu großen Belastungen führe. „Unumstritten stellt das Taping insbesondere Einzelmakler und kleinere Betriebe vor erhebliche Herausforderungen, sowohl in technischer als auch in finanzieller Hinsicht. Da sich die Entscheidung dahingehend aber seit längerem abgezeichnet hat, haben wir uns frühzeitig vorbereitet.“
Viel Lärm um nichts?
Für die Kritiker des Tapings gibt es noch einen Hoffnungsschimmer: Das Bundesfinanzministerium hat im August der EU-Kommission Änderungsvorschläge für die Finanzmarktrichtlinie MiFID II unterbreitet. Dabei wird u. a. gefordert, dass das Taping entfallen solle, wenn der Kunde dies wünsche. Die Forderung wird neben datenschutzrechtlichen Bedenken und einer gestörten Vertraulichkeit der Kommunikation mit den hohen Kosten begründet, die durch die Maßnahme entstehen würden. Damit der Kunde entscheiden könne, ob er für oder gegen eine Aufzeichnung ist, soll er zuvor über die Risiken in möglichen Streitfällen informiert werden, wenn sie keine telefonische Aufzeichnung als Beweis verwenden könnten.
Übrigens: Trotz aller Umstrittenheit wird das Taping wohl kaum zu ähnlichen Folgen führen wie die Diskussion um den „Großen Lauschangriff“ in den 1990er Jahren. Aus Protest gegen die Maßnahmen trat im Jahr 1996 die damalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von ihrem Amt zurück. (ahu)