Der goldene Trump
02.12.2024
Rolf Ehlhardt - Foto: © I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH
Derzeit überschlagen sich die Analysten mit Prognosen für das Jahr 2025. Wir wissen jetzt, wer Präsident der USA wird, und kennen auch die großspurigen Aussagen aus dem Wahlkampf. Wir haben allerdings auch die Erfahrungen gemacht, dass Versprechungen und Umsetzung dann als Regierung zweierlei Paar Schuhe sind. Ich gehe davon aus, dass Trump einige Aussagen umsetzen wird, aber in deutlich abgeschwächter Form. Aber alle Maßnahmen, gleich welche und wieviel haben mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Auswirkung: Eine höhere Verschuldung. Diese wird massive Auswirkungen auf die Trends im Jahr 2025 haben.
Amerika wird dann eine Verschuldung zum BIP von über 130 Prozent aufweisen. Professor Fifka von der Uni Erlangen hält dies zwar für nicht gefährlich und vergleicht die Zahl mit Japan. Er „vergisst“ dabei allerdings, dass die Nippon-Anleihen in japanischen Händen liegt (oder hat jemand Yen-Bonds?), während die USA fremd finanziert sind. Unter den 20 größten Gläubigern befinden sich mit China, Indien und Saudi-Arabien drei Länder aus den rivalisierenden BRICS-Staaten. Diese betreiben aber eher eine De-Dollarisierung, das heißt sie werden ihre Bestände eher abbauen als aufstocken. Im ersten Monat des neuen Fiskaljahres hat USA im Oktober ein
Haushaltsdefizit von fast 260 Mrd. hingelegt. Mit den Trump Maßnahmen dürften diese in der gleichen Größenordnung in den restlichen Monaten weiter anfallen, so dass am Ende des Fiskaljahres ein Minus von über 3 Billionen Dollar stehen würde. Inwieweit der Dollar dann noch die Dominanz als Reservewährung aufrechterhalten kann, bleibt abzuwarten. Außerdem erhöhen steigende Verschuldung auch den Zinsaufwand. Um so mehr, wenn die Refinanzierungszinsen (zum Zeit 3,1 Prozent sich verteuern.
Die Auswirkungen einer weltweiten noch höheren Verschuldung könnte zum Wendepunkt für strukturelle Trends im Jahr 2025 werden. Vor allem dann, wenn es zeitgleich zu einem wieder schnelleren Anstieg der Inflation kommt. Sie ist eh im Jahr 2024, nicht wie berichtet zurückgekommen, sie ist nur langsamer (auch Basis bedingt) gestiegen. Die Steigerungsraten dürften mit der Einführung von Zöllen weltweit wieder höher ausfallen. Mit den höheren Preisen könnten auch die Vorteile von Steuervergünstigungen (Gehalt brutto – Inflation netto) verpuffen, zumal die Ersparnisse aus der Pandemiezeit weitestgehend schon ausgegeben sind. Wir müssen dann im Jahr 2025 mit höherer Inflation und stagnierender Wirtschaft (=Stagflation) rechnen. Außer Spesen (höhere Schulden) nix gewesen.
Ein solches Szenario wird die Fed mit fallenden Zinsen bekämpfen wollen. Mit Argusaugen muss der Anleger dann die Entwicklung der langfristigen Zinsen (zehnjährige Bonds plus x) im Blick behalten. Da in diesem Umfeld die Risiken zunehmen, könnten konträr zu den kurzen Zinsen die längeren Laufzeiten mit steigenden Renditen reagieren. Hinzu kommt dann, dass ein Mehr an Anleihen (höhere Schulden) auf ein Weniger an Gläubigern trifft, so dass die Staatsfinanzierung nur mit höheren Zinsen zu refinanzieren ist. Höhere Langfristzinsen schaden aber der Wirtschaft mehr, als die Steuersenkungen sie begünstigen. So kann schnell aus einer Stagflation Rezession werden.
Dann: Oh weh, Aktienmärkte. Denn diese haben im Jahr 2024 nur die positiven Auswirkungen der Trumpschen Versprechungen eingepreist. Der Markt ist hoch bullish, die Lombardkredite nahe am Rekordhoch, Liquidität bei amerikanischen Aktienfonds mit 1,8 Prozent erschreckend tief und bei Derivaten ist ein verhängnisvoller hoher Nominalwert entstanden. Die Volatilität wird gravierend zunehmen. Der US-Markt ist hochbewertet, wie zum Beispiel das Schiller KGV und der Buffett-Index beweisen. Für Roland Leuschel ein ideales „Crash-Szenario“. Und: Zinssenkungsphasen der Fed waren in der Vergangenheit zunächst meist negativ für die Aktienkurse. In Deutschland warnt die Bundesbank ihre Kreditinstitute vor den Risiken eines Wirtschaftsabschwungs.
Ideal sind derartige Entwicklungen auf jeden Fall für die Edelmetalle. Die Produktion von Gold dürfte in den meisten Fällen ihren „Peak“ erreicht haben, so dass eine höhere Nachfrage nicht durch Mehrproduktion ausgeglichen werden kann. Seit 2020 haben westliche Anleger ihre Goldbestände um ca. 30 Prozent abgebaut. Der Bestand beim größten Goldtrust (Spider Gold Trust) liegen auf einem Niveau, das wir letztmals im August 2019 hatten, als der Goldkurs bei etwa 1.500 Dollar notierte. Die
Kursentwicklungen vieler Goldaktien haben bisher enttäuscht und daher kaum die Aufmerksamkeit der Börsianer erzielt. Die Energiekosten haben die Gewinnentwicklungen kräftig gebremst, weil die „All-in-Kosten“ stark gestiegen sind. In obigem Szenario von Stagflation oder Rezession dürften auch die Energiepreise eher stagnieren oder sogar rückläufig sein und so die Kostenseite entlasten. Zudem wird dann der Ruf nach einem „sicherem Hafen“ Gold lauter werden. Dies würde nicht nur zu Rückkäufen führen, sondern auch zu Aufstockungen und Neuengagements. Da die Nachfrage der letzten Jahre von Notenbanken der BRICS-Staaten kam, werden diese Bestände als Verkäufer bei steigenden Kursen ausfallen. Bei Gold träfe dann eine deutlich höhere Nachfrage auf einen engeren Markt. Das Ventil wären die Preise. Mit den steigenden Goldkursen würden sich auch die Margen der Goldproduzenten kräftig erhöhen. Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, wie dann deren Kurse reagieren, zumal Goldminen noch immer preiswert sind. So wird zum Beispiel Newmont (ca. 40 Euro) für 2025 mit einem KGV von rund 10,8 bewertet. Der S&P 500 dagegen mit dem 30-fachen.
Nachdem das Gold in Euro im Jahr 2024 bisher um über 33 Prozent (DAX: plus15,21 Prozent) gestiegen ist, war der Markt stark überkauft und befindet sich zum Ende des Monats in einer bisher geordneten Korrektur, die auch noch kurze Zeit andauern könnte. Mit Blick auf 2025 dürften Staatsverschuldungen, steigende Inflation und höhere Risiken durch Wachstumsschwächen und steigenden Langfristzinsen den Goldpreis über die 3.000-Dollar-Marke hieven.
Mein Fazit für 2025: Steigende Langfristzinsen belasten vor allem Wachstumsaktien. Da diese aber in fast allen Fonds und Strategien übergewichtet sind, beinhalten sie auch die größten Kursrisiken. Defensive Substanzaktien, allen voran Pharmawerte (trotz Kennedy), erhöhte Liquiditätshaltung, einen bis zu 20prozentigen Anteil in Edelmetalle (EUWAX- und Xetra-Gold sind nach zwölf Monaten Haltedauer steuerfrei) bzw. Edelmetallaktien sowie kurzlaufende Anleihen guter/bester Bonität ist meinerseits für das kommende Jahr eine sinnvolle Strategie. Nach einem sehr guten Jahr 2024 sollte für 2025 die Kapitalerhaltung zunächst oberstes Ziel sein.
Marktkommentar von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH.