Der Druck wird erhöht!

31.10.2013

Foto: © kichatof - Fotolia.com

Die Baufinanzierungsvermittler werden in Kürze streng reguliert. Für sie stehen möglicherweise noch härtere Bedingungen ins Haus als für Anlagevermittler: Zertifizierung, Registrierung, Versicherung, Fortbildung, Dokumentation etc. Aufwand und Kosten lassen das Ende der Gelegenheitsvermittler erwarten.

In Brüssel wurden kürzlich entsprechende Vorgaben im Zuge der Wohnimmobilienkreditrichtlinie gemacht, die noch in deutsches Recht umgesetzt werden müssen. Die Neuerungen sollen Kreditnehmer besser informieren und schützen. „Die Umsetzung verpflichtender Anforderung wird bei Bankberatern, aber erst recht bei den vielen tausend freien Vermittlern, ein mittleres Erdbeben verursachen", erwartet Dieter Jurgeit, Vorstandsvorsitzender PSD Bank Nord. Die Regulierungsbestrebungen hält er für überfällig: „Besonders bei Vermittlern mussten wir die Erfahrung machen, dass oft nur der eigene Profit im Vordergrund steht und dem Kunden nicht die für ihn optimale Finanzierung verkauft wurde." Mitte September haben die Abgeordneten im EU-Parlament die endgültigen Formulierungen der Richtlinie angenommen, aber noch keine Schlussabstimmung abgehalten. Zuvor sollen die EU-Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Vorschriften in ihrem Hoheitsgebiet richtig durchgesetzt werden.

Besonders der Kostenfaktor wird bei der Regulierung der Baufinanzierungsvermittler eine entscheidende Rolle spielen, denn für Vermittler werden die neuen rechtlichen Anforderungen teuer: Ein kostenintensiver Schulungsaufwand kommt auf sie zu. Experten gehen davon aus, dass derzeit rund 5.000 Vermittler „ernsthaft" Baufinanzierungsvermittlung betreiben – d. h. nicht nur bei Gelegenheit. Nach Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht wird sich diese Zahl aller Voraussicht nach halbieren. Viele Vermittler werden aus dem Markt ausscheiden, weil sie die Kosten für Aus- und Fortbildung und Vermögensschadenhaftpflichtversicherung sowie den Verdienstausfall (im ersten Jahr schätzungsweise bis zu 10.000 Euro, in den Folgejahren jeweils bis zu 5.000 Euro) nicht stemmen und die bürokratischen Hürden nicht bewältigen können. Zudem stellt sich die Frage, wie und wo sich Baufinanzierungsvermittler auf die Sachkundeprüfung vorbereiten können. Da eine Zertifizierung bisher nicht erforderlich war, gibt es keine Institute bzw. qualifizierte Ausbilder, die die Prüfungsvorbereitung übernehmen könnten.

Dennoch ist branchenintern durchaus umstritten, welche Auswirkungen die Richtlinie letztlich haben wird. „Viele freie Vermittler machen das Thema Baufinanzierung bisher mehr oder weniger nebenher. Sie werden sich überlegen müssen, ob es sich lohnt, in Ausbildung und Zertifizierung zu investieren. Ich erwarte, dass es zu einer Konsolidierung kommen wird", sagt Christian Heckemann, Leiter Vertriebsmanagement Immobilienfinanzierung PlanetHome AG. Achim Denkel, Geschäftsführer maxpool GmbH, erwartet hingegen, dass die Wohnimmobilienkreditrichtlinie den Markt der Baufinanzierungsvermittler nicht so sehr treffen wird, wie der neue § 34f Gewerbeordnung die Finanzanlagenvermittler getroffen hat. „Wer Immobilienfinanzierung vermittelt, muss seine Kompetenz nachweisen, indem er die richtigen Angebote auswählt. Der Vermittler kennt sich besser in seiner Materie aus als ein Finanzanlagenvermittler, der auch mal ‚spontan' einen Fonds vermittelt, wenn es zum Portfolio des Anlegers passt", sagt er. „Der Markt der Baufinanzierungsvermittler ist noch relativ unreguliert. Die Qualität der Beratung ist aber deutlich homogener als in anderen Bereichen", ergänzt Stephan Gawarecki, Vorstandssprecher Dr. Klein & Co. AG. Die Regulierung wird seiner Einschätzung nach dazu führen, dass der heute schon qualifiziert tätige Finanzierungsvermittler aufgewertet wird, weil der Markt Zugangsbarrieren erhält. Dies stelle sowohl für den Kreditnehmer als auch für den Vermittler eine große Chance dar.

Das kommt auf Baufinanzierungsvermittler zu

  • Dokumentationspflichten, ähnlich aufwändig wie bei Versicherungs- und Anlagevermittlern
  • Vermögensschadenhaftpflichtversicherung, Abschluss künftig zwingend erforderlich
  • Kostenintensive Aus- und Fortbildung
  • Ablegen der Sachkundeprüfung
  • Registrierung

finanzwelt sprach mit Dr. Joachim Klare, Vorstandsvorsitzender bvdif Bundesverband der Immobilienfinanzierer e.V., über die europäischen Pläne einer Regulierung der Baufinanzierungsvermittler. Wie schätzt der bvdif die Wohnimmobilienkreditrichtlinie und ihre möglichen Auswirkungen ein?

finanzwelt: Rechnen Sie mit ähnlichen Folgenwie bei Finanzanlagenvermittlern, d. h. Professionalisierung und Konsolidierung des Baufinanzierungsvermittlermarktes?

Dr. Klare: Nach unserer Einschätzung wird eine für alle verbindliche Sachkundeprüfung Kern der Richtlinie sein. Anders als in anderen Anlagesegmenten zeichnet sich die Baufinanzierungsberatung bereits jetzt durch eine hohe Professionalität der Vermittler aus. Dies ist auch der Komplexität des Themas geschuldet. Durch die Richtlinie wird dennoch der Druck erhöht, sich adäquat aus- und fortzubilden, die fachliche Qualifikation wird sich erhöhen.

*finanzwelt:* Inwieweit beschäftigt sich der bvdif bereits jetzt mit dem Thema Sachkundeprüfung?

Dr. Klare: Das Thema begleitet uns fortwährend. Wir haben unsere Mitglieder und auch die Medien informiert, dass die Richtlinie den bisher nicht regulierten Markt im Fokus hat und deutlich gemacht, dass einige Änderungen auf alle Beteiligten zukommen werden. Der Sachkundenachweis wird dann voraussichtlich über eine Zertifizierung der Industrie und Handelskammer abgebildet werden – analog zu den bisherigen Regelungen für Finanzberater. Wir begleiten das Thema seitens des Verbandes aktiv und werden uns darum bemühen, an einer praxisnahen Lösung mitzuarbeiten.

*finanzwelt:* Ist der bvdif diesbezüglich auch in Brüssel aktiv? Werden Sie dort gehört?

Dr. Klare: Die Diskussionen in Brüssel sind weitgehend abgeschlossen. Im nächsten Schritt entscheiden das Europäische Parlament und die zuständige Kommission. Als Verband ist der bvdif zwar nicht vor Ort in Brüssel vertreten, wir nutzen jedoch alle bestehenden Quellen und Kontaktmöglichkeiten, um Informationen zu sammeln und unseren Einfluss geltend zu machen.

*finanzwelt:* Welche Mindestanforderungen sollte ein Baufinanzierungsvermittler in Sachen Qualifizierung erfüllen?

Dr. Klare: Bezogen auf den deutschen Markt werden konkrete Mindestanforderungen nach der Beschlussfassung in Brüssel zu diskutieren sein. Selbstverständlich werden wir uns in diese Diskussion einschalten. Positiv zu bewerten ist, dass Brüssel darauf abzielt, den jeweiligen Ländern einen gewissen Spielraum zu bieten. So können spezifische Marktgegebenheiten berücksichtigt werden. Dies gilt übrigens auch für andere Themenbereiche, wie zum Beispiel bei der Ausgestaltung von Festzinsangeboten.

*finanzwelt:* Sollten sich Baufinanzierungsvermittler bereits jetzt auf die zu erwartenden Neuerungen vorbereiten?

Dr. Klare: Zurzeit raten wir noch zur Zurückhaltung, da viele Fragen erst vom Gesetzgeber in Angriff genommen werden müssen. Abgesehen davon empfehlen wir den Vermittlern, jede Maßnahme zur Verbesserung der eigenen Qualifikation zu ergreifen. Das umfasst die von uns ohnehin empfohlenen Regelungen der vorvertraglichen Information, eine umfassende Kundenbedarfsanalyse und die Protokollierung des Beratungsgesprächs.

*finanzwelt:* Wie bewerten Sie sonstige Regelungsinhalte der Richtlinie, z. B. den Wechsel des Kreditgebers während der festgeschriebenen Laufzeit?

Dr. Klare: Wie bereits erwähnt, sind noch viele zu klärende Fragen vom deutschen Gesetzgeber zu beantworten. Insofern muss abgewartet werden, wie dieser die Richtlinie ausgestaltet und welche Vorgaben hinsichtlich des Verbraucherschutzes zu erwarten sind.

*finanzwelt:* Wann ist mit der Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht zu rechnen?

Dr. Klare: Brüssel plant eine Verabschiedung noch in diesem Jahr. Wann und wie das Thema in Deutschland aufgegriffen wird, ist derzeit offen. Zurzeit gehen wir von einer Umsetzung durch die Regierung bis Mitte/Ende 2014 aus. Mit den üblichen Übergangsfristen dürfte es dann zu einer tatsächlichen Umsetzung im Jahr 2015 kommen.

Dr. Joachim Klare ist seit über vier Jahrzehnten in der Bau- und Immobilienfinanzierung tätig. Nach seinem Eintritt bei der BHW Bausparkasse AG im Jahr 1996 war er dort von 1997 bis 2010 Vorstandsmitglied. In dieser Funktion leitete er ab 2003 den Unternehmensbereich Drittvertrieb in der fusionierten BHW Bausparkasse AG. Dr. Klare war viele Jahre im Vorstand des BWB Berufsbildungswerk der privaten Bausparkassen aktiv, davon fünf Jahre als Vorstandsvorsitzender. Seit März 2011 ist er im Vorstand des bvdif Bundesverbands der Immobilienfinanzierer e.V., dessen Vorsitz er im März 2012 übernahm.

(Kim Brodtmann)

Wohnimmobilienkreditrichtlinie - Online-Ausgabe 04/2013