"Deckungsstock ist Systemfehler!"

05.07.2018

Rogier Minderhout, Geschäftsführer myPension Altersvorsorge GmbH / Foto: © myPension

Angesichts des jüngsten BGH-Urteils kritisiert ein Altersvorsorge-Experte das System des Deckungsstocks mit deutlichen Worten. Gleichzeitig schlägt er eine Alternative vor.

Vergangenen Mittwoch hat der Bundesgerichtshof Änderungen bei der Beteiligung an den sogenannten Bewertungsreserven bei Lebensversicherungen für rechtens erklärt (finanzwelt berichtete). Laut dem InsurTech myPension zeigt dieses Urteil, dass das System des Deckungsstocks. Dass trotzdem im vergangenen Jahr 375.000 klassische Rentenversicherungsverträge verkauft wurden, sei bedenklich. „Für eine erfolgreiche Altersvorsorge, die den Lebensstandard im Alter sichert, sind die Produkte nicht geeignet“, kritisiert myPension Geschäftsführer Rogier Minderhout. Das BGH-Urteil mache die Situation noch schlimmer, denn wegen der Anlage über den Deckungsstock seien die Renditen bereits eingeschränkt. „Das bedeutet, dass Kunden nicht die Überschussbeteiligung bekommen, auf die sie eigentlich Anrecht haben“, erklärt Minderhout. „Es findet eine Umverteilung statt von Altkunden zu Neukunden. Offensichtlich können die Versicherer nicht einmal die 0,9 % erzielen, die neuen Kunden versprochen wird“, so Minderhout weiter. „Das ist angesichts der Niedrigzinsen und einer Aktienquote von gerade einmal 4,4 %  auch nicht verwunderlich.“

Das Problem: Das Kundengeld fließt in einen „Deckungsstock“, ein Geldsammelbecken. Jeder Versicherer verwaltet dieses Geld und erzielt damit eine Rendite, die zum Teil garantiert ist, zum Teil als Überschussbeteiligung ins Kapital einfließt. Diese schwankt je nach Marktlage und wird deshalb geglättet: In guten Jahren wird eine Rücklage gebildet, die in schlechten Jahren wieder abgebaut wird. „Angesichts der niedrigen Zinsen aber gibt es seit Langem keine guten Jahre mehr“, erklärt Minderhout. „Die Rücklagen schmelzen also dramatisch ab. Das heißt, die Versicherer verteilen das Geld um.“

„Braucht man überhaupt einen Deckungsstock?“

Minderhout bezweifelt, dass das Geld überhaupt über ein Konstrukt wie dem „Deckungsstock“ verwaltet werden muss. „Kernkompetenz der Versicherer ist, Risiken über ein Kollektiv abzusichern, die für das Individuum nicht tragbar sind.“ Die große Zahl der Teilnehmer verringert die statistische Varianz des Risikos, das dadurch kalkulierbar wird. Dieser durchaus sympathische Gedanke lässt sich auf viele Risiken anwenden: Krankheit, Autoschaden, Erdbeben. „Das kann bei der Geldanlage aber nicht gelingen“, erklärt Minderhout.

„Analog wäre der Deckungsstock das Kollektiv, worüber man das Risiko einer Market Underperformance versichern könnte. Nur ist fraglich, ob dieses Risiko überhaupt versicherbar ist“, so Minderhout. Voraussetzung hierfür sei nämlich, dass es eine stabile langfristige Rendite gibt, gegen deren Schwankungen man sich kurzfristig absichern kann. „Das trifft aber nicht zu, Renditen können auch langfristig schwanken“, erklärt Minderhout. So lasse sich, anders als bei einer Autoversicherung, der „Versicherungsfall“ bei der Kapitalanlagen statistisch kaum ermitteln, womit der Deckungsstock als risikotreuende Versicherung gegen Anlagerisiken ausfalle. Hinzu komme, dass der Deckungsstock bei einer durchschnittlichen Aktienquote von ca. 4,4 % das Geld für die Altersvorsorge schlicht falsch anlege.

Fonds statt Deckungsstock

Wenn das System des Deckungsstocks falsch ist, wie sollen die Versicherer dann für die richtige Altersvorsorge ihrer Kunden sorgen? myPension schlägt als Alternative eine individuelle Anlage durch den Sparer mittels einer fondsgebundenen Rentenversicherung oder eines Fondssparplans vor. Eine solche individuelle Anlage erlaube ein auf den Kunden zugeschnittenes Portfolio über die Laufzeit. Wenn der Renteneintritt noch in ferner Zukunft liegt, könne der Sparer durch die Anlage in Aktien hohe Renditen einfahren. In den letzten zehn Jahren vor dem Renteneintritt könne er dann sein Portfolio umschichten und in risikoärmere Anlagen wie bspw. Anleihen investieren. Somit kann der Anleger sein Portfolio vor kurzfristigen Rückgängen am Aktienmarkt schützen und die erreichte Rendite sichern. Eine solche Anlagestrategie ist als Lifecycle Portfolio bekannt. „Dieser Weg ist für die Altersvorsorge viel besser geeignet“, erklärt Minderhout. „Stattdessen verkümmern die Gelder der Beitragszahler in den Deckungsstöcken der Versicherer. Niedrige Renditen und ungerechte Umverteilung sind die Folge.“ (ahu)

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