Das würde ein No-Deal-Brexit bedeuten

17.10.2019

Jim Leaviss / Foto: © M&G

„Die Nachricht über einen Brexit-Deal hat das britische Pfund heute nochmals nach oben klettern lassen – um 15 Uhr mitteleuropäischer Zeit war es allerdings wieder auf das Niveau vor der Ankündigung zurückgefallen. Letzte Woche war die Währung angesichts der neuen Spekulationen auf ein mögliches Austrittsabkommen gegenüber dem US-Dollar bereits um rund 5% gestiegen. Im Vergleich zum Zeitpunkt des Brexit-Referendums im Juni 2016 ist das Pfund jedoch mehr als 13 % weniger wert. Bei mehreren Kennzahlen, etwa der Kaufkraftparität oder dem Big-Mac-Index, ist es deutlich unterbewertet (geschätzt um bis zu 20 %). Falls das britische Parlament den Deal annimmt, könnte das Pfund daher weiter steigen.

Letzte Woche war ein weiteres Phänomen zu beobachten: Der Abverkauf von britischen Staatsanleihen, den Gilts. Mit einem Brexit-Deal würden Notfallmaßnahmen in Form von Zinssenkungen durch die Bank of England weniger wahrscheinlich. Da die Rendite von zehnjährigen Gilts zwischenzeitlich unter 50 Basispunkte gefallen ist, diskontiert der Markt derartige Notfallmaßnahmen nicht mehr so stark wie bisher. Zehnjährige Gilts liegen aktuell bei 0,7 %.

Eine große Frage bleibt allerdings: Wird Boris Johnsons Deal dieses Wochenende vom Parlament in London genehmigt? Ich habe diese Frage heute Nachmittag auf Twitter gestellt, und die bisherigen Abstimmungsergebnisse deuten auf eine negative Antwort hin.

Die Abstimmung dürfte in der Tat sehr schwierig für den britischen Premierminister werden, denn Johnson hat keine parlamentarische Mehrheit und sein Koalitionspartner, die DUP, ist gegen die Vereinbarung. Viele der konservativen Abgeordneten, die Anfang dieses Jahres aus der Partei ausgeschlossen wurden, werden wohl ebenfalls dagegen stimmen. Wenn Johnson den Deal an diesem Wochenende jedoch nicht durchs Parlament bringt, wird er es voraussichtlich auf ein "No-Deal"-Ergebnis anlegen, obwohl das Parlament dies rechtlich schwierig gemacht hat. Für das Pfund Sterling brächte dieses Szenario mehr Volatilität und ein gesteigertes Abwärtsrisiko.

Was bedeutet das nun für das Wirtschaftswachstum in Großbritannien? Nach eigenen Zahlen der britischen Regierung würde diese Brexit-Version das BIP im Vergleich zu den derzeitigen Rahmenbedingungen um 6,7 % senken. Der Deal der früheren Premierministerin May hätte eine Abschwächung der Wirtschafsleistung um 3,9 % bedeutet. Damit könnten höhere Staatsausgaben – und damit verstärkte Emissionen britischer Staatsanleihen – erforderlich sein, um zukünftig ein tragfähiges Wirtschaftswachstum für Großbritannien zu erzielen.“

Kolumne von Jim Leaviss, Leiter des Retail-Anleiheteams bei M&G Investments