"Das schlechteste Jahr seit den 1930er Jahren"
23.03.2020
Keith Wade, Chefökonom bei Schroders / Foto: © Schroders
„Wir rechnen damit, dass die Weltwirtschaft in diesem Jahr um 3,5 Prozent schrumpft, bevor sie 2021 wieder um 7,2 Prozent ansteigt. Laut unserer Prognose wird es in der ersten Jahreshälfte eine schwere Rezession geben, und selbst bei einer Erholung in der zweiten Jahreshälfte wird 2020 das schlechteste Jahr seit den 1930er Jahren.
Denn: Behörden versuchen, die Ausbreitung des Virus aufzuhalten und legen große Teile der Wirtschaft still. Zu welchen Einbrüchen das führen kann, zeigen die jüngsten Daten aus China: Dort verzeichnete der Einzelhandelsumsatz Rückgänge von 20 Prozent, die Anlageinvestitionen fielen um 25 Prozent. Ähnlich wird es auch in der Eurozone und in den USA passieren, wo es im zweiten Quartal zu Beeinträchtigungen der Aktivität kommen wird und das BIP um 10 bis 20 Prozent zurückgehen dürfte (nicht auf Jahresbasis umgerechnet). Zum Vergleich: In Nachkriegswirtschaften liegen die normalen Schwankungen des BIP zwischen 1 und 2 Prozent.
Zudem wird es von entscheidender Bedeutung, dass das Finanzsystem Unternehmen und Haushalten weiterhin Liquidität zur Verfügung stellt. Nur so verkraften sie die Auswirkungen des Einbruchs der Wirtschaftstätigkeit auf den Cash-Flow. Andernfalls wird ein vorübergehender Zusammenbruch auf der Angebotsseite der Wirtschaft einen dauerhaften Schaden verursachen – und es wird wenig übrig bleiben, um die Erholung zu unterstützen. Dabei sind niedrigere Zinssätze weniger wichtig als Maßnahmen, um das Vertrauen der Banken gegenüber Kreditnehmern zu stärken. Sie sollen sie beliefern, anstatt Zwangsvollstreckungen vorzunehmen – so kann die Liquidität an den Handelspapier- und Kreditmärkten bestehen bleiben.
Wir gehen davon aus, dass die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie in Europa und in den USA wirksam sein werden. Neben einem saisonalen Rückgang der Ansteckungen während des Sommers sollte die Wirtschaft einen starken Aufschwung erleben, wenn die Menschen im dritten Quartal wieder arbeiten gehen. Die Maßnahmen der Politik – die niedrigen Zinssätze, die Steuersenkungen und die erhöhten Staatsausgaben – werden dann ihre volle Wirkung entfalten. Im Jahr 2021 erwarten wir eine leichte Straffung der Geldpolitik weltweit, da die Weltwirtschaft dann boomt."
Marktkommentar von Keith Wade, Chefökonom bei Schroders