Das Ende des Superzyklus
19.09.2023
Foto: © mtsaride - stock.adobe.com
Die BF.direkt AG hat ihr neues BF.Quartalsbarometer veröffentlicht: Danach sinkt der Wert auf einen neuen Tiefststand. Nach einer leichten Stimmungsaufhellung im Vorquartal und einem Barometerstand von -17,29 erreicht der Sentiment-Index für Immobilienfinanzierer aktuell -20,22 Zähler.
Ursache für den Negativrekord seien eine Vielzahl von Faktoren, so das BF.Quartalsbarometer, allen voran die Einschätzung der Lage am Finanzierungsmarkt: 80,4 Prozent der Umfrageteilnehmer nehmen restriktivere Finanzierungsbedingungen wahr, 7,7 Prozentpunkte mehr als im Vorquartal. Auch beim Neugeschäft werden mehr rückläufige Tendenzen angegeben als bei der letzten Befragung. Von unverändert oder neuerdings steigenden Liquiditätskosten berichten nun 53,5 Prozent der Umfrageteilnehmer, 2,3 Prozentpunkte mehr als im Vorquartal. Auch dieser Faktor drückt den Barometerwert.
Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG, kommentiert: „Der Barometerwert entspricht dem Eindruck, den wir zur Zeit vom Markt haben. Hinzu kommt: Viele Umfrageteilnehmer dürften den Fragebogen unter dem Einfluss der Projektentwickler-Insolvenzen der vergangenen Wochen und Monate ausgefüllt haben.“
Bei der Vorstellung des BF.Quartalsbarometers im Rahmen einer Online-Pressekonferenz ergänzt Andreas Trumpp, Head of Market Intelligence & Foresight bei Colliers: „Der zinsgetriebene Superzyklus ist zu Ende. Immobilien müssen sich verstärkt dem Wettbewerb mit Staats- und Unternehmensanleihen stellen, die wieder deutlich höher rentieren als noch vor zwei, drei Jahren. Insgesamt steht dem Markt deutlich weniger Dry Powder zur Verfügung. Gleichzeitig führt das veränderte Finanzierungsumfeld perspektivisch zu hohen Fremdkapitallücken, die durch Eigenkapital gefüllt werden müssen. Auch dieser Effekt reduziert das im Markt verfügbare Kapital für Ankäufe.“
Die Margen haben ihren steilen Anstieg der aktuellen Befragung für das BF.Quartalsbarometer zufolge nicht fortgesetzt. Die Durchschnittsmarge bei der Bestandsfinanzierung ging von 245,1 Basispunkten im Vorquartal auf 220,5 zurück; in der Projektentwicklungsfinanzierung schlagen nach 342,3 Basispunkten im Q2 nun 306,6 zu Buche. Auch die Beleihungsausläufe sind rückläufig. Die durchschnittlichen Loan-to-Values in der Bestandsentwicklung sinken von 65,28 auf 64,19 Prozent, die Loan-to-Costs in der Projetentwicklung von 69,33 auf 68,62 Prozent.
Bei den Schwerpunkten im Neugeschäft gibt es keine großen Veränderungen im Vergleich zum Vorquartal. Der heute bedeutendste Faktor, Minimierung des Risikos, wurde noch Anfang 2020 kaum als Schwerpunkt beim Neugeschäft genannt. Nahezu gleich wichtig jedoch blieb im selben Zeitraum die Maximierung von Ertrag und Rendite.
Dass der Wettbewerb unter den Kreditnehmern abgenommen hat, zeigt ein Blick auf die nicht zustande gekommenen Darlehensvergaben. „Nachfrage zu hoch, Objekt ging an einen Wettbewerber“ spielt heute, anders als im Q1 2020, kaum noch eine Rolle bei den Antworten. Enorm an Bedeutung zugenommen hat statt dessen „Darlehensnehmer bringt zu wenig Eigenkapital mit“. Manuel Köppel, CFO der BF.direkt AG, kommentiert: „Hier bestätigt sich unsere Erfahrung, dass die Immobilienbranche insgesamt sehr viel stärker mit einer Eigenkapital- als mit einer Kreditklemme konfrontiert ist. Wer ausreichend Eigenkapital mitbringt, hat weniger Schwierigkeiten, Fremdkapital zu bekommen. Potentielle Eigenkapitalgeber stehen zwar in den Startlöchern, sie warten aber derzeit meist eine Restrukturierung der Finanzierung ab.“
„Auch wenn das Gesamtbild des Quartalsbarometers deutlich negativ ausfällt, gibt es positive Aspekte. Beim Blick auf die Kreditvolumina beispielsweise sehen wir, dass es durchaus mittel- bis großvolumige Kredite gibt. Und bei der Frage, welche Immobilientypen derzeit finanziert werden, zeigt sich, dass die Finanzierungsbereitschaft für Hotels zugenommen hat“, beobachtet Andreas Schulten, Generalbevollmächtigter bei bulwiengesa.
Foto: BF.direkt AG