Cybercrime in Deutschland: Die Malware gibt es im Online-Shop
23.05.2022
Kritische Infrastrukturen standen 2021 erneut stark im Visier von Cyberkriminellen. Das ist ein Ergebnis des Bundeslagebildes „Cybercrime“ 2021 des Bundeskriminalamtes (BKA), das jetzt vorgestellt wurde. Weitere Erkenntnis: Ransomware-Angriffe werden immer gefährlicher. Dr. Falk Herrmann, CEO von Rohde & Schwarz Cybersecurity, fasst zusammen, woran das liegt und was Unternehmen und Behörden tun können, um sich zu schützen.
Am 5. Juli 2021 fiel die Landkreisverwaltung Anhalt-Bitterfeld einem schweren Cyberangriff zum Opfer. Die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen war nach der Ransomware-Attacke nachhaltig eingeschränkt. Der Landkreis rief den Katastrophenfall aus. Ein Novum. Auch Monate nach dem Angriff war noch kein Regelbetrieb möglich.
Der Cyberangriff auf den Landkreis Anhalt-Bitterfeld war ein besonders spektakulärer Vorfall unter vielen. Laut aktuellem BKA-Lagebild standen Kritische Infrastrukturen (KRITIS) und Behörden im vergangenen Jahr besonders im Visier von Angreifern. Grund für die vermehrten Angriffe auf KRITIS ist, dass diese eine ungemein wichtige Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen haben und auf einen reibungslosen Betrieb ihrer IT-Systeme angewiesen sind. Dementsprechend kann ein erfolgreicher Angriff zu einer gesellschaftlichen Notlage und drastischen Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung führen, wenn beispielsweise die Strom- und Wasserversorgung oder die öffentliche Sicherheit akut gefährdet sind. Das macht sie leicht erpressbar.
Hinter solchen Angriffen stecken in den meisten Fällen sogenannte Ransomware-Attacken – also Erpressungsangriffe, die Daten verschlüsseln oder abziehen und dann ein Lösegeld fordern. Die Zahl der Erpresserangriffe hat 2021 weiter zugenommen, so das BKA. Der jährliche Schaden durch Ransomware ist in den vergangenen Jahren gleichzeitig rasant gestiegen: auf ca. 24,3 Mrd. Euro in 2021 von 5,3 Mrd. Euro im Jahre 2019. Der durchschnittliche Schaden pro Attacke hat um 21 Prozent zugelegt.
Der Ransomware-Trend ist nicht neu – doch die Gefährdungslage verschärft sich aktuell dramatisch. 10 Gründe warum Ransomware immer gefährlicher wird:
1. Die Malware gibt es im Online-Shop. Für Kriminelle wird es immer einfacher, Erpressungsangriffe zu starten. Denn die dafür benötigte Malware kann inzwischen jeder auf einschlägigen Seiten im Internet erwerben. Durch ein solches „Ransomware-as-a-Service“-Angebot wachsen die Verbreitung und die Professionalisierung der Angriffe weiter an.
2. Phishing wird immer professioneller. Personenbezogene Daten können bereits für geringe Summen erworben werden. Phishing-E-Mails lassen sich dadurch immer realistischer gestalten. Für die Mitarbeitenden eines Unternehmens wird es nahezu unmöglich, kriminelle E-Mails zu enttarnen. Das ist extrem gefährlich für die Unternehmen: Denn Phishing gehörte 2021 zu den Haupteintrittsvektoren für Schadsoftware – auch von Ransomware.
3. Fake-E-Mails schüren die Angst. Phishing-E-Mails zum Thema Covid-19 haben 2021 zwar abgenommen. Doch Phishing-Nachrichten nehmen noch immer häufig auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen Bezug, so das BKA. Vor allem aber versuchen sie, Unsicherheiten der Empfänger auszunutzen oder eine Angstkulisse aufzubauen. Dies gelingt etwa durch knappe Zeitfristen oder Androhung von Geldstrafen. Die am häufigsten für Phishing imitierten Absender waren 2021 Microsoft, DHL, Amazon, Google und WhatsApp.
4. Die Erfolgsquote steigt. Die Abhängigkeit von digitalen Daten ist in Unternehmen und Behörden stark gewachsen. Unternehmen sind daher eher bereit, auf die Forderungen von Erpressern einzugehen. Ein wichtiger Hebel für die Digitalisierung war das Homeoffice – es liegen heute deutlich mehr Daten auf Behörden- Unternehmensservern ab, als dies noch vor der Pandemie der Fall war.
5. Das Erpressungsgeschäft wird immer lukrativer. Daten werden bei Ransomware-Angriffen längst nicht nur verschlüsselt, sondern auch von den Systemen gestohlen. Auf diese Weise lassen sie sich weiterverkaufen. Außerdem können Hacker Schweigegeld einfordern, wenn sie androhen, diese zu veröffentlichen. Auch Kunden der eigentlichen Opfer werden damit erpresst, dass Ihre Daten veröffentlicht werden, sollte keine Zahlung erfolgen.
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