Corona: Vermögensabgabe für Reiche?
28.04.2020
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Müssen Vermögendende Privatpersonen für die volkswirtschaftlichen Kosten der Corona-Pandemie bezahlen? Von Seiten des Bundestages gibt es solche Überlegung. Wie rechtmäßig diese sind, erklärt Dr. Klaus R. Wagner, Fachanwalt für Steuerrrecht und Notar a.D.
"Die Regierung hat eine Studie zur Prüfung einer Vermögensabgabe für Reiche in Auftrag gegeben. Der wissenschaftliche Dienst des deutschen Bundestages hat sich zur Verfassungs-mäßigkeit einer Vermögensabgabe zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie unter dem 09.04.2020 geäußert (WD 4 – 3000 – 041/20). Diese gilt es, zu hinterfragen.
Der wissenschaftliche Dienst: Eine Vermögensabgabe wäre eine Steuer i.S.d. Art. 106 Abs. 1 Nr. 5 GG, die anlaßbezogen einmalig – nicht dauerhaft wie bei der Vermögenssteuer – erhoben werden darf. Nicht das ob, sondern aus welchem Anlaß und unter welchen Voruassetzungen sie erhoben werden darf, ist verfassungsrechtlich zu hinterfragen. Hierzu verweist der wissenschaft-liche Dienst darauf, daß bereits im Fachschrifttum die Rechtsfrage streitig sei, ob das Vorliegen einer „staatlichen Ausnahmelage“ (= existenzbedrohende finanzielle Notlage des Staates“) Voraussetzung für eine Vermögensabgabe sei und gegeben sei und Rechtsprechung des BVerfG hierzu gebe es nicht. Da aber noch nicht feststehe, wie hoch die Kosten der Corona-Krise den Staat letzlich belasten werden, lasse sich derzeit eine existentielle Dringlichkeit für eine Vermögensabgabe nicht bejahen.
Würde man dieser Einschätzung des wissenschaftlichen Dienstes folgen, wäre derzeit ein Gesetz, welche eine Vermögensabgabe für Reiche zum Gegenstand hätte, mangels Vorliegens der zuvor skizzierten Voraussetzungen nicht zu erwarten. Mit dem BVerfG (Beschluss vom 14.05.1968 – 2 BvR 544/63 –, BVerfGE 23, 288 Rdn. 56) ist eine Vermögensabgabe eine Steuer (zur Legaldefinition siehe § 3 AO). Mit oben Skizziertem hängt diese von anderen Voraussetzungen ab, als eine Vermögenssteuer. So lange folglich der Gesetzgeber die Voraussetzungen für eine Vermögensabgabe nicht nachweisbar aufzeigen könnte, wäre ein Steuerbescheid betreffend eines gleichwohl erlassenen Gesetzes i.S. Vermögensabgabe für Reiche wie auch das Gesetz selbst angreifbar, wobei ein anzugreifendes Gesetz als Grundlage eines Vermögensabgabesteuerbescheides für Betroffene wegen § 90 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 BVerfGG eine sofortige Verfassungsbeschwerde ohne vorherige Rechtswegerschöpfung ermöglichen würde, wenn nicht schon ein Finanzgericht bzw. der BFH in einem finazgerichtlichen Instanzenzug gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG die Verfassungsmäßigkeit eines Vermögensabgabegesetzes für Reiche dem BVerfG vorlegen würde.
Da die oben beschriebenen Voraussetzungen für ein verfassungsgemäßes Vermögensabgabegesetzes derzeit (noch) nicht vorliegen, erübrigt es sich derzeit, darüber nachzudenken, ob der Inhalt eines solchen Gesetzes verfassungsrechtlichen Anforderungen standhalten würde."
Wie der wissenschaftliche Dienst des Bundestages die Sachlage sieht, können Sie hier nachlesen.