Briten haben von EU profitiert
31.01.2020
Mit dem Brexit verliert London seinen Status als größte Stadt der EU/ Foto: © Leonid Andronov - stock.adobe.com
Linksverkehr und eine gewöhnungsbedürftige Küche sind nur zwei Aspekte, die verdeutlichen, dass Großbritannien schon immer etwas anders tickte als Kontinentaleuropa. Entsprechend schwierig war auch das britische Verhältnis zur EU, das in wenigen Stunden Geschichte ist. Eine Untersuchung der DWS zeigt jedoch, dass die Mitgliedschaft für Großbritannien alles andere als negativ war.
Am Ende ging alles ganz schnell: Vergangene Woche verabschiedete das britische Unterhaus das Brexit-Gesetz und in der Nacht auf Samstag und damit knapp ein Jahr nach dem ursprünglichen Termin ist die britische Mitgliedschaft in der EU und der Vorgängergemeinschaft EG nach 47 Jahren Geschichte. Angesichts der Vorgeschichte mit dem mehrfach im Parlament durchgefallenen Brexit-Gesetz, dem damit verbundenen Scheitern von Premierministerin Theresa May, der mehrfachen Verschiebungen des Austrittstermins und den Forderungen nach einem neuen Referendum das (vorläufige) Ende einer schier unendlichen Geschichte. Doch wie geht es jetzt weiter? Schließlich sind die zukünftigen Beziehungen Großbritanniens zur EU noch nicht geklärt und das Vereinigte Königreich wird noch mindestens bis Ende des Jahres Teil des Binnenmarktes bleiben. Auch steht die Frage im Raum, wie lange das Königreich wirklich noch vereinigt sein wird, schließlich waren sowohl Schotten als auch Nordiren mehrheitlich für einen Verbleib in der EU. Deshalb könnte es Schottland nun möglicherweise ein Unabhängigkeitsreferendum geben, das einen anderen Ausgang nehmen wird als das im Jahr 2014, als sich die Mehrheit noch gegen eine Unabhängigkeit aussprach – damals war der Brexit noch Zukunftsmusik.
Beide Seiten haben profitiert
Am Ende einer Beziehung ist auch immer ein Blick zurück lohnenswert. In wie weit haben beide Partner in all den Jahren voneinander profitiert? Dass für die Briten die jahrzehntelange Mitgliedschaft in dem europäischen Staatenverbund alles andere als negativ war, zeigt die aktuelle „Chart der Woche“ der DWS. Demnach hat sich das BIP des Vereinigten Königreiches seit den 1970er Jahren (als man mit zum Teil hausgemachten Problemen zu kämpfen hatte) deutlich positiv entwickelt. So gelang es dem Vereinigten Königreich in den 1980er Jahren, als die Reformen auf Angebotsseite zu wirken begannen, wirtschaftlich zu Frankreich aufzuschließen und ab Ende der 1990er Jahre sogar davon zu eilen. Einen Vergleich mit Deutschland sieht DWS aufgrund der Wiedervereinigung als etwas heikel an. Wenn man jedoch das vereinte Deutschland als Maßstab nimmt, so zeige sich eine noch beeindruckendere Outperformance Großbritanniens.
Weil das Königreich in allen den Jahrzehnten als Mitglied der europäischen Staatengemeinschaft immer auf eine markt- und angebotsorientierte Wirtschaft drängt, hat laut DWS auch die EU den britischen Politikern viel zu verdanken, nicht zuletzt den Binnenmarkt. (ahu)