Bricht die Neubautätigkeit ein?

31.03.2020

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Gebremster Boom bei Wirtschaftsimmobilien

Bei Projektentwicklern stehen nach wie vor Wirtschaftsimmobilien hoch im Kurs, insbesondere Büros. Damit reagieren die Akteure auf die seit Jahren sehr guten Rahmenbedingungen in diesem Segment, nämlich hohe und steigende Flächennachfrage und zum Teil sehr niedrige Leerstandsquoten. Das gilt auch für die aktuelle Studienerhebung. Vorvermietungen in der Bau- oder gar Planungsphase waren zum Erhebungsstichtag zum Ende des vergangenen Jahres.

für Büroflächen kein Problem. Über alle sieben A-Städte hinweg lag das Büroflächenwachstum im vergangenen Jahr bei 16 %. Den größten Anteil daran hatte Berlin, wo mit 1,04 Mio. m² 24,2 %  mehr neue Bürofläche entwickelt wurden als im Vorjahr. Jedoch konnte die Hauptstadt damit nicht den überaus starken Flächenzuwachs der vergangenen drei Jahre erreichen. Ohnehin koppelt sich die Spreemetropole von der Gesamtentwicklung ab. So wächst dort das Projektentwicklungsvolumen weiter, während es in den anderen A-Städten stagniert oder zurückgeht. Das macht die Hauptstadt aber zugleich anfällig. Berlins Erfolg dürfte ab jetzt am meisten gefährdet sein. Besonders Einzelhandels-, Hotel- und Büroimmobilien werden nun sehr empfindlich auf die Rezession reagieren“, warnt Andreas Schulten. Der Generalbevollmächtigte von bulwiengesa sieht auf den Projektentwicklungsmarkt angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Situation ohnehin schwere Zeiten zukommen. „Binnen zehn Jahren, zwischen 2010 und 2020, haben allein die klassischen Projektentwickler ihre Flächen in den sieben deutschen A-Städten um rund 30 % gesteigert. Und dennoch reichte das Volumen nicht aus, die Nachfrage nach Wohnungen und Büros zu decken. Und nun stehen wir vor einer Rezession, die voraussichtlich eine tiefe Zäsur für den Projektentwicklungsmarkt sein wird“.

Strukturwandel macht sich bemerkbar

Nicht aufgrund der Coronakrise befindet sich das Projektentwicklungsvolumen im Einzelhandel derzeit im Rückwärtsgang. So brachen die Flächenvolumina um 12,1 %. Damit wird auch der Strukturwandel in diesem Segment deutlich. Zudem ist im Einzelhandelssegment der Anteil der Planungen an den Gesamtprojekten am geringsten.

Auch das Hotelsegment verliert bezüglich der Projektentwicklungen an Schwung. So wurden zum Ende den vergangenen Jahres lediglich 70.000 m² mehr Fläche in diesem Segment projektiert als im Vorjahr. In den beiden Vorjahren hatte der Zuwachs von 287.000 bzw. 513.000 m² betragen. Auch hier ist die Coronakrise, die zur Absage von zahlreichen Veranstaltungen und damit einer deutlich niedrigen Nachfrage nach Hotels geführt hat, nicht ausschlaggebend: Bereits im vergangenen Jahr haben sich die Marktbedingungen für das Segment eingetrübt und es wurde stellenweise schon ein Überangebot befürchtet. Zum Erhebungsende bot das Segment generell aber noch einiges an Potenzial und weckte weiterhin das Interesse sowohl bei Betreibern als auch Investoren und damit auch bei den Projektentwicklern.

Krise könnte zu Verzögerungen führen

Angesichts der aktuellen Situation hat bulwiengesa unter den 23 größten und wichtigsten Projektentwicklern vor kurzem eine nicht-repräsentative Kurzumfrage durchgeführt. Dabei gaben 76 % der Befragten an, dass die Corona-Krise zu Verzögerungen am Bau führen würde. Fast jeder Zweite ging zudem davon aus, dass sich konkrete Planungen selbst dann verschieben werden, wenn bereits eine Baugenehmigung vorliegt. Wenn diese noch nicht erteilt wurde, gehen 68 % der Umfrageteilnehmer von Verzögerungen konkreter Planungen aus. Die Gründe für diese Einschätzungen liegen auf der Hand: Probleme bei der Verfügbarkeit von Mitarbeitern der Sub-Unternehmen und Engpässe bei den Lieferketten können auf den Baustellen zu Verzögerungen führen. Auch die Genehmigungen werden regulatorisch auf neue Grundlagen gestellt werden und ziehen neue Projektplanungen weiter in die Länge. Möglich ist auch, dass eine zeitweilig oder gar dauerhaft rückläufige Nachfrage Projekte verzögern kann.  „Das alte neue Thema Grundstückspreise wird in den A-Städten ein wichtiger Schlüssel für eine schnelle Renaissance von Projektentwicklungen sein. Politik und Öffentlichkeit sollten diesen Markt besonders in den Fokus nehmen, etwa über die lokalen Gutachterausschüsse für Grundstückswerte. Der Grundstücksmarkt in den A-Städten war auch schon in den Vorjahren maßgeblich verantwortlich für wenig Angebot bei hoher Nachfrage“, meint Andreas Schulten. (ahu)