Brexit – und was nun?

14.07.2016

Wolfgang Juds, Geschäftsführer CREDO Vermögensmanagement GmbH

Die Entscheidung der Briten, die EU verlassen zu wollen, hat viele Marktteilnehmer an den Kapitalmärkten überrascht. Am 24. Juni 2016 und an den folgenden Handelstagen kam es zu heftigen Kursturbulenzen. Das britische Pfund sackte auf ein historisches Tief ab.

Die europäischen Aktien brachen ebenfalls um etwa 10 % binnen kurzer Zeit ein. Der Goldpreis schoss in die Höhe und Bundesanleihen waren stark gesucht. Wolfgang Juds, Geschäftsführer CREDO Vermögensmanagement GmbH, analysiert exklusiv für finanzwelt die Lage und Auswirkungen. Nachdem der 1. Schock über den Brexit überwunden ist und die Kapitalmärkte heftige Kurs-Kapriolen geschlagen haben, setzt sich inzwischen die Erkenntnis durch, dass es vermutlich pragmatische Lösungen für die Handelsbeziehungen zwischen Großbritannien und der EU geben wird. Der Austritt der Briten ist bislang noch gar nicht erklärt. Daher kann über die langfristigen Auswirkungen des Brexit zum jetzigen Zeitpunkt nur gemutmaßt werden.  Anleger mit einem langfristigen Anlagehorizont sollten sich jetzt trotzdem mit der Frage auseinandersetzen, inwieweit der Brexit die Anlagewelt verändern könnte. Was ist mit britischen Aktien? Ob britische Aktien vom Brexit profitieren oder nicht, hängt stark von dem Einzelfall und von der Branche ab. Im FTSE 100-Index sind die Ölwerte Royal Dutch und BP zusammen mit ca. 12 % sehr hoch gewichtet. Deren Entwicklung hängt vermutlich stärker vom Ölpreis ab als vom Brexit. Ähnlich sieht es bei den Rohstoffwerten Rio Tinto, BHP Billiton und Glencore aus. Hier gilt es, die Rohstoffpreise im Blick zu behalten. Schwieriger sind da schon die Entwicklungen der Bank-Aktien wie die HSBC, die Lloyds Banking Group und die und Barclays Bank zu prognostizieren. Am Tag nach dem Brexit kam es zeitweilig sogar zu Kursaus-setzungen vom Handel, weil die Panik so groß war. Generell mag eine Zurückhaltung gegenüber  Bankaktien zuletzt  kein Fehler gewesen sein. Anleger in Konsumaktien und Pharmawerten hingegen dürften den Brexit tendenziell gelassen gegenüber stehen. Im Gegenteil: Exportorientierte Aktien dürften aufgrund der Abwertung des britischen Pfundes insgesamt sogar eine günstige Wettbewerbsposition gegenüber ihren europäischen Wettbewerbern haben.  Außerdem ist zu beachten, dass es bei global tätigen Unternehmen nicht entscheidend ist, in welchem Land der juristische Sitz liegt. Die meisten dieser Firmen haben vermutlich ein aktives Währungsmanagement und werden ihre Risiken aktiv steuern. Insgesamt hat der FTSE seit Jahresbeginn etwa 7 % zugelegt. Allerdings hätte ein Euro-Anleger auf der Währungsseite etwa 15 % seit Jahresbeginn verloren. Insgesamt wäre das auch ein Minus-Geschäft gewesen, wenn gleich das Minus im Vergleich zum DAX etwas geringer gewesen wäre. … und was bedeutet dies für die Zinsen? Man muss sicher kein Prophet sein, um zu sehen, dass die Zinsen auf die nächsten Jahre niedrig bleiben werden – vielleicht sogar noch niedriger werden. Sichere Anleihen bieten nur noch die vermeintliche Sicherheit, sollte es zu einem deflationären Umfeld kommen. Anleger sollten sich daher möglichst breit aufstellen und ein diversifiziertes Portfolio anstreben. Eine Streuung nach Anlageklassen und Regionen macht durchaus Sinn. Schwellenländer und Gold gehören genauso dazu wie die  klassischen Renten – und Aktienanlagen in den entwickelten Ländern. Dividendenaktien nehmen einen wichtigen Raum ein, weil sie stetige Erträge bringen. Mein Fazit lautet: „Wir wissen nicht, was der Brexit genau bringen wird. Angst ist kein guter Ratgeber. Aber als Investoren können wir eine Risikostreuung vornehmen – das scheint mir der beste Weg zu sein, damit erfolgreich umzugehen.“

von: Wolfgang Juds, CREDO Vermögensmanagement GmbH