BREXIT ist willkommene Ausrede

27.06.2016

Otmar Lang, Chefvolkswirt Targobank

Jetzt haben wir ihn – die Mehrheit der Briten hat tatsächlich für den Ausstieg aus der Europäischen Union gestimmt. Ist das jetzt das Worst Case Szenario, das Marktteilnehmer und Experten seit Wochen für die Aktienmärkte und die internationalen Wirtschaftsbeziehungen prognostizieren?

Wir glauben: Der BREXIT ist eine willkommene Ausrede, um weitere Unternehmensgewinnrevisionen vorzunehmen und das Weltwirtschaftswachstum noch stärker nach unten zu revidieren. Und davor haben die Finanzmärkte wohl mehr Angst als vor dem BREXIT selbst. Das größte Risiko droht allerdings, wenn nun auf den Austritt weiterer Länder aus der EU bzw. der Währungsunion spekuliert würde. In diesem Fall könnten an den südeuropäischen Börsen die Aktienkurse tief fallen und die Renditen stark steigen. Für Deutschland wären klar negative Renditen in allen Laufzeitbereichen die Folge, der DAX allerdings käme auch unter Druck. Weil wir erwarten, dass sich die EZB auch auf diesen Fall vorbereitet hat, würden wir dennoch keinen schwarzen Freitag erwarten. "Gefühlsbörse nach dem Referendum wird nicht lange anhalten" Außerdem sind wir der Überzeugung, dass „Gefühlsbörsen“, bei der der Wahlausgang alle Szenarien und jegliches fundamentale Umfeld überlagert, nicht lange anhalten – möglicherweise nicht einmal eine halbe Woche. Doch wir sollten klar erkennen: Die Aktienmärkte stehen auch unabhängig vom BREXIT immer mehr unter Druck: Vor allem die zunehmende politische Fragilität und die anhaltende – tatsächliche - weltweite Konjunkturschwäche übertragen ihre negativen Schwingungen auf die Börsen. Der BREXIT wäre also nur der letzte Auslöser, der für den Start einer Korrektur gefehlt hätte. Folglich halten wir fest: Die Europäische Union ist schwer beschädigt, die bereits bestehenden wirtschaftlichen und auch politischen Risiken könnten sich nun weiter potenzieren.

Kommentar von Dr. Otmar Lang, Chefvolkswirt der TARGOBANK, zur BREXIT-Entscheidung

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