"Börsensteuer wird wenig Positives bewirken"

06.01.2020

Wolfgang Juds, Geschäftsführer CREDO Vermögensmanagement GmbH / Foto: © CREDO Vermögensmanagement GmbH

Bundesfinanzminister Olaf Scholz ist mit seinem Plan einer Börsensteuer bis dato auf wenig Begeisterung bei vielen Marktteilnehmern gestoßen. Im Gegenteil. Wolfgang Juds, Geschäftsführer CREDO Vermögensmanagement GmbH, analysiert die Lage der Dinge und verrät im finanzwelt-Interview, mit welchen Gefühlen er ins neue Jahr 2020 startet.

finanzwelt: Was hat Sie in der jüngeren Vergangenheit mit Blick auf die Kapitalmärkte am meisten bewegt? Mit welchen Plänen gehen Sie ins neue Jahr?

Juds: Mich bewegt im Hinblick auf die Kapitalmärkte, wie es gelingen kann, echte kursbewegende Fakten von dem allgemeinen Rauschen im Blätterwald der Medien zu unterscheiden. Oft verstellen die tagesaktuellen Geschehnisse den Blick für das Wesentliche. Dazu gehören die Entwicklung der Aktiengewinne, die Bewertungen der Anlageklassen, die Zinsen und die Geldpolitik der Notenbanken.

Mein Vorsatz fürs neue Jahr: den Weg konsequent weitergehen und noch systematischer in der Umsetzung sein.

finanzwelt: Wie lautet Ihre Einschätzung zur geplanten Börsensteuer?

Juds: Ich halte die geplante Börsentransaktionssteuer für ein Feigenblatt für die Politik hinter der man sich gut verstecken kann und die in der Außenwirkung lediglich für die Galerie gemacht ist. Eine Verhaltensänderung der Marktteilnehmer wird nicht erreicht. Hedgefonds und Sekundenhandel sind ja nicht davon betroffen. Sie wird in der vorgesehenen Ausgestaltung wenig Positives bewirken und die Aktienkultur in Deutschland nicht fördern. Im Gegenteil: Die Menschen werden in der Meinung unterstützt, dass Aktien etwas für Spekulanten sind. Sie werden in der allgemeinen Wahrnehmung negativ gesehen. Dabei sind sie wesentlich für die Zukunftsvorsorge der Bürger - diese Botschaft kommt nicht an.

finanzwelt: Wo sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen insbesondere für institutionelle Investoren, die oftmals eine andere Anlagephilosophie vertreten als Privatanleger?

Juds: Institutionelle Investoren sind gefordert, ihre Anlagerichtlinien zu überdenken und zu überarbeiten. Wir müssen von einer zinsbasierten Denkweise zu einer dividendenorientierten Strategie gelangen, wenn wir einen realen Kapitalerhalt und darüber hinaus einen Ertrag anstreben.

Die Blase liegt im Rentenmarkt und nicht bei den Aktien. Außerdem müssen wir die Furcht vor Volatilität aus den Köpfen bekommen und die Chancen in den Schwankungen sehen. Die Langfristigkeit in der Anlagestrategie muss wieder stärker in den Vordergrund treten. Die Fonds der großen US-Stiftungen wie Harvard und Yale können uns dabei als Vorbild dienen.