Big Tech und Notenbanken: Was die Aktienmärkte beeinflusst
08.05.2024
Portfoliomanager Oliver Grass. Foto: Fürst Fugger Privatbank
Über die Marktdominanz der „Tech-Riesen“ wurde bereits viel geschrieben. Sie ist ein wesentliches Merkmal der Kapitalmärkte heute. Meistens konnten die Tech-Unternehmen ihre hohen Bewertungen auch rechtfertigen und gelegentliche Durchhänger zügig wieder aufholen. Für Oliver Grass, Portfoliomanager der Fürst Fugger Privatbank, steckt dahinter nicht nur der Treiber KI: „Die „Big-Tech“-Unternehmen stehen stellvertretend für die globale Durchdringung aller Lebensbereiche durch Technologie – schon lange vor dem KI-Hype.“
Wie viel Finanzkraft in diesen Unternehmen mittlerweile stecke, könne man am Beispiel von Apple ablesen, meint Grass: „Bei eingetrübten Wachstumsperspektiven und immer besorgteren Anlegern kündigt Apple ‚mal eben‘ ein Aktienrückkaufsprogramm in der Größenordnung der deutschen ‚Zeitenwende‘ an und der Kurs springt nach oben. Das muss man erst einmal können!“
Mit dem starken Anlegerfokus auf die berichteten Zahlen der Technologieriesen seien jedoch auch Sorgen verbunden, gerade wegen der hohen Indexgewichtung. Die hohen Bewertungen hätten eine Energie aufgebaut, die sich auch einmal in die falsche Richtung entladen könnte. Danach sehe es nach jetzigem Stand zwar nicht aus, aber die Befürchtungen seien im Markt vorhanden.
Ernüchterung sei stattdessen bei der erwarteten Zinsentwicklung eingetreten. Von einer ganzen Zinssenkungsserie der Fed, die zum Jahreswechsel erwartet worden war, spreche heute niemand mehr. Vielmehr erwarte man erste Zinssenkungen der US-Notenbank frühestens im dritten Quartal – auch mit Auswirkungen auf Europa, so Oliver Grass: „Wenn die EZB im Juni wirklich eine erste Zinssenkung vornimmt, wird sie sich der Fed-Gangart nicht ganz entziehen können und eher behutsam agieren.“
Für Anlagen in US-Anleihen könne dies demnächst wieder höhere und somit attraktivere Renditen bedeuten. Die Aktienmärkte hingegen hätten die veränderten Zinssenkungsprognosen bereits in ihren Kursen verarbeitet – und zwar nicht nur in denen der Technologieunternehmen: „Gerade auch in den Branchen jenseits der Tech-Titel gibt es vernünftig bewertete Unternehmen mit gesunden Unternehmenszahlen. Hier sehen wir Kurschancen und Investitionsmöglichkeiten.“ (fw)