Bewegte Zeiten in der Baufinanzierung

14.10.2024

Thomas Hein, Leiter Vertrieb Immobilienfinanzierung bei der ING Deutschland. / Foto: © ING

Flexibilität, Transparenz, Nachhaltigkeit – das Baufinanzierungsgeschäft scheint von stürmischer See zurück in den sicheren Hafen zu kommen. Wie ist die Stimmung am Immobilienmarkt im Herbst 2024? finanzwelt sprach mit Thomas Hein, Leiter Vertrieb Immobilienfinanzierung bei der ING Deutschland.

finanzwelt: Wir befinden uns im Jahre vier nach der Corona-Krise. Wie hat sich die Branche und der Markt der Baufinanzierung verändert?
Thomas Hein» Die Erhöhung der Zinsen unmittelbar nach Corona hat sich direkt auf die Stimmung am Immobilienmarkt niedergeschlagen. Die Nachfrage nach Immobilien ist eingebrochen, die Unsicherheit bei den Kundinnen und Kunden angestiegen. Die damals gestellten Fragen wirken bis heute nach: Wo entwickeln sich die Zinsen hin, wie steigen die Nebenkosten und wie geht es mit der Inflation weiter? Jetzt, wo die Zinsen wiederholt gesunken sind, sorgen anhaltende Zinssenkungsfantasien und natürlich die tatsächlichen Zinssenkungen durch die Europäische Zentralbank dafür, dass sich die Stimmung am Immobilienmarkt wieder aufhellt. Da aktuell vieles für weitere Zinssenkungen durch die EZB spricht, gehen wir davon aus, dass die Immobilienwünsche der Menschen wieder leichter finanzierbar werden und die Nachfrage weiter anzieht.

finanzwelt: Im August luden Sie im Rahmen Ihrer Business- Tour zu einer Talk-Runde an den Bodensee. Wie war denn dort die Stimmung zur Jahreshälfte 2024?
Hein» Unter den anwesenden Vermittlern war die Stimmung deutlich besser als im letzten Jahr. Auch wenn natürlich die Unsicherheit mit Blick auf die aktuelle Weltpolitik, aber auch auf die wirtschaftliche und politische Situation weiterhin für Zurückhaltung sorgt. Insgesamt rechnet man jedoch damit, dass die steigende Nachfrage anhält. Vor allem bei Modernisierungen und Sanierungen ist aktuell noch vieles in Bewegung – allein der Anstieg der Zahlen beim Kauf von Bestandsimmobilien zeigt, dass die Menschen wieder ein bisschen mutiger werden.

finanzwelt: Stichwort: EZB-Zinspolitik. Spüren Sie Hoffnung für das Finanzierungsgeschäft?
Hein» Sobald mit weiteren Zinssenkungen auch nur gerechnet wird, wirkt sich das schon positiv auf unser Geschäft aus. Weil die Kundinnen und Kunden dann mehr über das Thema Immobilien nachdenken und sich konkreter damit beschäftigen. Das ist anders, wenn man – wie eben kurz nach der Corona-Phase – mit Kostensteigerungen zu kämpfen hat. Im August dieses Jahres haben wir gerade erlebt, dass die Inflation unter 2 % gesunken ist. Gleichzeitig haben wir im letzten Jahr einen Anstieg der Gehälter erlebt. In unserem Markt ist vieles auf Vertrauen aufgebaut. Wenn die Menschen spüren, dass sie wieder mehr Geld sicher haben, dann werden sie es auch investieren. Zum Beispiel in eine eigene Immobilie.

finanzwelt: Welche Wünsche haben Sie an die politischen Entscheider, gerade beim Thema Förderprogramme?
Hein» Kalkulierbarkeit, Transparenz und frühzeitige Informationen. Bei diesen Punkten lässt sich noch einiges optimieren. Über allem aber sollte – in unsicheren Zeiten wie diesen – jedoch stehen: Weniger ist im Zweifelsfall mehr. Ich wünsche mir zum Beispiel weniger Förderprogramme, die jedoch mit ausreichend Geld ausgestattet sind, und die dort greifen, wo es notwendig ist. Vielleicht führt hier eher das Setzen eines steuerlichen Anreizes zum Ziel als direkte Verteilung des Geldes über Förderprogramme, was am Ende immer auch schnell einen negativen Einfluss auf die Kaufpreise und Baukosten haben kann.

finanzwelt: Energie, Nachhaltigkeit, Biodiversität – wie hat sich hier die ING Deutschland positioniert?
Hein» Wir wollen uns zur führenden Transition Bank entwickeln: zu einer Bank, die dazu beiträgt, den Übergang in eine ökologisch und sozial nachhaltigere Wirtschaft und Gesellschaft zu ermöglichen. Als Finanzierer können wir Finanzströme so steuern, dass sie die Erreichung der Pariser Klimaziele unterstützen. Wir streben an, mit unserem Geschäftsbetrieb und insbesondere unseren Produkten in den nächsten Jahren die Reduzierung unserer Emissionen voranzutreiben und unsere Kundinnen und Kunden bei der Senkung von Emissionen zu begleiten. Bei neuen Finanzierungen berücksichtigen wir, ob Unternehmen ökologische, soziale und ökonomische Geschäftsmodelle vorweisen können.