Berliner Luft
04.07.2018
Michael Beck, Leiter Asset Management Ellwanger & Geiger / Foto: © Ellwanger & Geiger
Eigentlich steht das Lied „Das ist die Berliner Luft“ für die Leichtigkeit, die eine Operette in der Regel zu verströmen vermag. In diesen Tagen ist von dieser Leichtigkeit in Berlin wenig zu verspüren – die Berliner Luft scheint ziemlich dicke zu sein. Zumindest die politische Luft, die eher einem Nebel gleicht, durch den die operettenhaften Polit-Akteure nicht immer (sofort) die richtige Lösung ihrer Probleme zu sehen scheinen. Immerhin erfreuten sich die Finanzmärkte an einer zumindest vorläufigen Kompromisslösung zur Asylpolitk, die ein Aufspalten der beiden Unionsparteien und damit eine Abwicklung der Großen Koalition verhinderte. Der deutsche Leitindex DAX, der durch die Berliner Zwistigkeiten zu seinem 30. Geburtstag noch einen Partycrasher geliefert bekam, konnte seine Geburtstagsverluste wiedergutmachen.
Nachdem das europäische Migrationsthema auf Wiedervorlage geschoben werden konnte, wenden sich die Marktakteure nun wieder den handfesten Wirtschaftsdaten und -problemen zu. An erster Stelle dem drohenden Handelskrieg der USA mit dem Rest der Welt. Hier sind erste deutliche Reaktionen aus der US-Wirtschaft zu vernehmen, die auf die negativen Konsequenzen dieser nationalistischen Protektionspolitik hinweisen. Dies müsste noch deutlicher zu vernehmen sein, damit der Trump-Administration vielleicht klar wird, welchen Schaden sie mit ihren Handelszöllen auch in den USA verursacht. Das Weltwirtschaftswachstum hat sich zwar etwas abgeschwächt, bildet aber immer noch eine gute Grundlage für eine positive Entwicklung der Finanzmärkte im zweiten Halbjahr. Die etwas gestiegenen Volatilitäten der Märkte sind eher als Normalisierung anzusehen und der Zins- und Inflationsanstieg, der im Februar noch zu deutlichen Marktkorrekturen geführt hat, ist zum Stillstand gekommen. Also Rahmenbedingungen, mit denen die Marktakteure über den Sommer gut leben können. Hilfreich wäre es, wenn diese sommerliche Ruhe nicht durch amateurhafte politische Seifenopern diesseits und jenseits des Atlantiks gestört werden würde.
Marktkommentar von Michael Beck, Leiter Assetmanagement Bankhaus ELLWANGER & GEIGER KG