Banken noch immer in der Krise

20.09.2017

Die Zeiten für Banken sind nach wie vor ungemütlich/ Foto: © Zacarias da Mata - fotolia.com

Die Finanzkrise von 2008 hat nach wie vor Auswirkungen auf die europäischen Banken. So befindet sich nur etwas mehr als ein Drittel der größeren Institute in Europa in gutem Zustand, während bei mehr als einem Viertel der Zustand Anlass zur Sorge gibt. Das ist das Ergebnis der Studie "Battle of the Banks: The Fight für Profitable Business Models in Europe", für die die internationale Managementberatung Bain & Company insgesamt 111 Kreditinstitute analysiert hat.

Bain führte den Gesundheitscheck bereits zum vierten Mal durch. Dabei wurden die Banken in einem Scoring-Modell vier Kategorien zugeordnet: entlang der beiden Achsen Profitabilität und Effizienz sowie Bilanz und Finanzierung. Für die Bewertung wurden sowohl die Abschlüsse der Institute selbst als auch Daten von Anbietern wie SNL Financial und Moody's genutzt.

Als Gewinner lassen sich die 38 % der Banken bezeichnen, die sich in einer komfortablen Situation befinden. Hier tun sich besonders Institute aus Belgien, den Niederlanden und Skandinavien hervor, die in nahezu allen Kennzahlen den Wettbewerb hinter sich lassen. Doch auch slowenische, französische und irische Banken zählen zu den Gewinnern.

Fast alle deutschen Institute weisen Schwächen im Geschäftsmodell auf, denn ihre Profitabilität und Effizienz bewegen sich auf dem Niveau ihrer griechischen Mitbewerber. Insgesamt weisen 17 % aller untersuchten Banken Schwächen im Geschäftsmodell auf. Hierzu zählt auch der Großteil der britischen Banken.

Weitere 17 % der untersuchten Banken weisen Schwächen in der Bilanz auf und machen die Banken verwundbar. In diese Kategorie fallen vor allem polnische, zyprische, spanische und österreichische Banken. Insgesamt ist die Anzahl der Geldinstitute mit Schwächen in der Bilanz in den letzten vier Jahren um vier Prozentpunkte zurückgegangen.

Ein Teil von diesen könnte nun in die Kategorie Sorgenkinder fallen. So hat sich die Anzahl der Banken in kritischem Zustand seit 2013 um zwei Prozentpunkte gesteigert und liegt nun bei 28 %. Vor allem Institute aus den südeuropäischen Krisenländern Griechenland, Italien und Portugal befinden sich in dieser Kategorie. Daneben befinden sich auch die spanischen Sparkassen hier, die aufgrund der spanischen Immobilienkrise in massive Schwierigkeiten gerieten.

„Die Krise der europäischen Banken ist längst noch nicht ausgestanden“, erklärt Dr. Dirk Vater, Bain-Partner und Leiter der Praxisgruppe Banken in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Er warnt jedoch davor, die Sorgenkinder der Branche vorschnell abzuschreiben: „Unsere Analyse zeigt, dass Banken mit einer klaren Strategie und mutigen Entscheidungen innerhalb von drei bis fünf Jahren gesunden können.“

Der Unterschied zwischen Gewinnerbanken und Sorgenkindern wird besonders am Kurs-Buchwert-Verhältnis deutlich: während die Gewinner-Banken auf einen Wert von 1,31 kommen, ist es bei den Sorgenkindern gerade einmal 0,31. Schwächen in der Bilanz führen zu einem durchschnittlichen KBV von 0,72. Schwächen im Geschäftsmodell haben einen KBV von 0,60 zur Folge. Die Autoren der Studie weisen darauf hin, dass nur mit einer klaren Strategie und entschlossenem Handeln Banken ihre Bewertungslücke schließen können.

Halbierung der risikogewichteten Aktiva und Erhöhung der Spareinlagen

Erfreulich: Der Kreis der Gewinnerbanken konnte in den vergangen Jahren einige Neuzugänge begrüßen. Die Studienautoren leiten aus dem Handeln dieser Banken vier Stellhebel ab.

  1. Drastische Bilanzkürzung: Banken, die auf die Erfolgsspur zurückgekehrt sind, haben ihre risikogewichteten Aktiva um rund 50 % reduziert, ihr Kreditvolumen um 25 bis 30 % und das Volumen der sogenannten notleidenden Kredite um 70 bis 75 %.
  2.  Höhere Kundenloyalität im digitalen Zeitalter: Wenn sich Banken auf zukunftsträchtige Geschäftsfelder und die konsequente Digitalisierung konzentrieren, könne sie sowohl Privat- als auch Geschäftskunden begeistern und letztendlich ihre Nettozinsmarge bezogen auf die risikogewichteten Aktiva verdoppeln.
  3.  Radikaler Neuanfang bei den Kosten: Die Erfolgsformel heißt „Zero-based Redesign“. Wer Jahr für Jahr seine Kosten von Grund auf neu plant und nicht nur fortschreibt, deckt Einsparpotenziale auf und schafft Freiräume für Investitionen in neue Geschäftsfelder.
  4. Veränderte Finanzierung: Die Passivseite von Banken, die zu den Gewinnern aufgeschlossen haben, veränderte sich grundlegend. Die Spareinlagen stiegen um 20 bis 25 %, der Anteil der Wholesale-Finanzierung sank um 70 bis 80 %.

„Grundsätzlich wissen die meisten Kreditinstitute, welche Themen sie angehen müssen“, so Vater. „Doch viele agieren nach wie vor zu vorsichtig und scheuen den nötigen radikalen Wandel.“ Eine entschlossene Herangehensweise sei angesichts der veränderten Kundenerwartungen, des harten Wettbewerbs sowie der verschärften Regulierung unerlässlich. „Für die Banken gilt es jetzt zu handeln. Sie müssen vor allem die Schwächen in ihren Bilanzen ausmerzen und sich auf zukunfts- und margenträchtige Geschäftsfelder konzentrieren“, betont Vater. (ahu)

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