BaFin-Merkblatt zu Provisionsrichtwert: VOTUM Verband warnt vor deutschem Sonderweg
16.01.2023
VOTUM-Vorstand Martin Klein / Foto: © VOTUM
Anlässlich der heute endenden Konsultationsfrist zum Entwurf eines ‚Merkblatts zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten‘ warnt der Vermittlerverband VOTUM die zuständige Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vor einem deutschen Sonderweg und fordert das Bundesfinanzministerium auf, sich intensiv in die Konsultation einzubringen.
„Die europäische Versicherungsaufsicht EIOPA und die BaFin haben am selben Tag Vorgaben für die internen Prozesse des Produktentwicklungsverfahrens von Lebensversicherungsunternehmen veröffentlicht. Leider hören an diesem Punkt die Gemeinsamkeiten der Ansätze beider Aufsichten schon auf“, so VOTUM-Vorstand Martin Klein am Tag der Ablauf der Konsultationsfrist der BaFin zu dem Entwurf des Merkblatts, welches der Branche ursprünglich als ‚Provisionsrichtwert‘ angekündigt wurde.
„Während die EIOPA mit der von ihr veröffentlichten Methodik zur Bewertung des Preis-Leistungsverhältnis von fondsgebundenen Lebensversicherungen allgemeine aufsichtsrechtliche Ansätze zur Kontrolle der Produktqualität formuliert und hierbei die Vermittlungsvergütung lediglich eine bloße Nebenrolle einnimmt, fokussiert sich die BaFin nahezu ausschließlich auf die Produktkosten“, so Klein.
Messgröße greift zu kurz
„Bei der Betrachtung des Kundennutzens bezieht die EIOPA neben dem Blick auf die potenzielle Rendite viele weitere bedeutende Produktmerkmale in ihren Leitfaden mit ein – beispielsweise die Bedeutung von Nachhaltigkeitsmerkmalen, den angebotenen Beratungsumfang oder digitale Informations- und Produktgestaltungszugänge. Die BaFin hingegen reduziert die Messung des Kundennutzens von Lebensversicherungen lediglich auf eine Messgröße: Die Rendite. Das greift nicht nur zu kurz, sondern ist angesichts des ursprünglichen Zwecks von Lebensversicherungen sogar schädlich für die Verbraucher“, appelliert Klein an die deutsche Aufsicht.
Das Merkblatt werde seinem eigentlichen Zweck, zur Beantwortung von Detailfragen die Position der Aufsicht darzulegen, nicht gerecht. Stattdessen schaffe es weitere unbestimmte Rechtsbegriffe und gebe den Versicherern vor, unklare Szenario-Berechnungen vorzunehmen.
Eine Mogelpackung?
„Tatsächlich ist der vorliegende Entwurf eine Mogelpackung. Unter dem Vorwand, den Versicherungsgesellschaften Anleitungen für ihre Produktentwicklungsprozesse zu geben, werden nahezu ausschließlich Vorgaben und Eingriffe in die Gestaltung der Vertriebsvergütung formuliert. Diese Vorgaben gehen in wesentlichen Teilen auch noch über gesetzliche Rahmenbedingungen des Versicherungsaufsichtsrechts und des Versicherungsvertragsgesetzes hinaus“, führt Klein aus.
Aus diesem Grund fordert der VOTUM-Vorstand: „Es handelt sich bei dem vorliegenden Entwurf weniger um ein Merkblatt zu Vorgaben des Produktentwicklungsprozesses, sondern vielmehr um ein ‚Rundschreiben zur Gestaltung der Vertriebsvergütung durch Versicherungsunternehmen‘. Wenn die BaFin dies tun möchte, dann soll sie das Kind auch beim Namen nennen. In diesem Fall muss sich die BaFin aber auch bewusst sein, dass man sich damit erneut gegen die Position der Bundesregierung wendet, die zu Beginn der Legislaturperiode deutlich gemacht hat, dass sie allgemeine Eingriffe in die Vertriebsvergütung ablehnt. Wir erwarten daher, dass sich das zuständige Finanzministerium intensiv mit der Konsultation befasst“, so Klein.
Fazit
Das Fazit des VOTUM Verbands fällt eindeutig aus:
„Anstatt die deutschen Versicherungsunternehmen durch überkomplexe Regelwerke mit weiterer Bürokratie zu belasten, die deutlich über die Anforderungen der IDD hinausgehen, sollte die BaFin der Aufforderung der EIOPA gerecht werden und deren gemeinsamen, konvergenten Ansatz fördern, um auf allen europäischen Märkten einheitliche Ergebnisse für die Verbraucher zu erzielen und gleichzeitig Flexibilität zu ermöglichen. Mit dem vorliegenden Merkblatt-Entwurf wird sie dieser Aufgabe nicht im Ansatz gerecht, sondern beschreitet einen unnötigen deutschen Sonderweg“, so Klein abschließend. (ml)