Am US-Kapitalmarkt droht ein böses Erwachen
31.05.2015
Gibson Smith
**Am US-Kapitalmarkt mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Phase sinkender Zinsen zu Ende geht. Zu dieser Einschätzung kommt **Gibson Smith, Chief Investment Officer (CIO) und Fondsmanager des US-Vermögensverwalters Janus Capital in seinem aktuellen Kapitalmarktausblick.
„Bei vielen Investoren herrscht jedoch die Stimmung vor, dass die Sätze auf Dauer niedrig bleiben werden. Das könnte bei einer kurzfristigen Trendwende die Kursverluste im Zuge des Renditeanstiegs verstärken", warnt Smith. Seinen Beobachtungen zufolge kaufen viele Investoren geradezu blindlings US-Staatsanleihen, weil sie fürchten, wertvolle Renditepunkte zu verpassen und sie davon ausgehen, dass das Zinsniveau langfristig so tief bleibt wie jetzt. „Das vernebelt ihr Urteilsvermögen und verzerrt ihre Anlageentscheidungen", so Smith. „Und dieser übertriebene Optimismus schlägt mittlerweile auch auf andere Marktsegmente wie etwa mit Hypotheken besicherte Anleihen durch. Bei vielen dieser Papiere ist der Renditeabstand zu zehnjährigen US-Treasuries kaum noch wahrnehmbar."
Einer der Hauptgründe für die gute Stimmung unter den Anlegern ist Smith zufolge, dass die Märkte immer noch überflutet werden mit billigem Geld, das die internationalen Notenbanken in das Finanzsystem pumpen. „Und es gibt keine offensichtlichen Anzeichen dafür, dass dieser Zustrom in naher Zukunft gestoppt wird", so der Janus-Experte. Dazu komme, dass die Inflation rund um den Globus im Griff scheint und die Folgen der weltweiten Rezession im Zuge der Finanzkrise in vielen Regionen immer noch zu spüren seien, einige Volkswirtschaften drohen sogar in eine Deflationsphase abzurutschen. Nicht zuletzt sind die Rohstoffpreise, allen voran der Preis für Rohöl, deutlich gesunken und der zuletzt starke US-Dollar dämpft die Wachstumsaussichten für die im vergangenen Jahr erstarkte US-Volkswirtschaft – was Spekulationen auf weiter niedrige Zinsen neue Nahrung gibt.
Nach Einschätzung des Janus-Experten birgt jedoch gerade dieser, für viele Investoren bequeme Konsens das Risiko für einen heftigen Kursrutsch am US-Kapitalmarkt, wenn die Renditen entgegen der allgemeinen Erwartung steigen. „Ich weiß nicht, wann die Party an den Kapitalmärkten zu Ende ist und sicherlich kann sie noch einige Zeit weitergehen", beschreibt Smith die Situation mit einer Metapher. „Was ich jedoch einigermaßen sicher weiß, ist, dass die Band aufgehört hat zu spielen und die Musik nun aus der Jukebox kommt. Smith verweist darauf, dass die Renditen zehnjähriger Staatspapiere in den vergangenen Jahren von 5 Prozent zeitweise auf unter 2 Prozent gesunken sind, was einen potenziellen Renditesprung um 100 Basispunkte zumindest nicht unwahrscheinlich erscheinen lässt. Dazu nutzen immer mehr Schuldner die für sie günstige Situation am Kapitalmarkt aus und begeben neue Anleihen. So hat sich die Emissionstätigkeit bei Unternehmensanleihen in den vergangenen zwölf Monaten um 10 Prozent erhöht, bei Hypothekenanleihen sogar um 35 Prozent. „Wir wissen aus ähnlichen Situationen in den vergangenen Jahren, was es heißt, wenn die Anleger im Zuge einer Zinswende ihre Anleihepositionen kurzfristig verkaufen wollen, um Verluste zu begrenzen", mahnt der Janus-Fondsmanager. Die Liquidität in vielen Segmenten, vor allem bei lang laufenden Unternehmensanleihen sei so gering, dass sie in einer solchen Verkaufswelle häufig auf ihren Papieren sitzen bleiben. „Wenn wir eins daraus gelernt haben, dann, dass es für die Investoren immer recht teuer geworden ist, wenn spekulative Blasen an den Kreditmärkten platzen." Der Janus-Experte empfiehlt daher Anlegern, bei ihren Anleiheinvestment wählerisch zu sein und selektiv zu kaufen. „Es ist Zeit, vorsichtig zu sein und eine defensive Strategie zu verfolgen", so Smith. „Ein marktbreites Investment etwa in den Barclays-US-Aggregate-Anleiheindex ist unter diesem Gesichtspunkt im Moment sicherlich keine gute Wahl."