Allen Schwierigkeiten zum Trotz
21.12.2020
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Der Kapitalanlagebereich spielt eine wesentliche Rolle für die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum. Die Renditekompression aufgrund steigender Preise sorgt hier allerdings ebenso für Schwierigkeiten wie politische Eingriffe. Profitieren dürften davon bislang noch wenig beachtete Standorte.
In Artikel 155, der im Jahr 1919 in Kraft getretenen Weimarer Reichsverfassung, wurde erstmals in der deutschen Geschichte das Ziel formuliert, „jedem Deutschen eine gesunde Wohnung“ zu geben. Auch heute hat das Thema Wohnen eine hohe politische Bedeutung – was jedoch gerade in den vergangenen Jahren nicht immer nur zu positiven Konsequenzen führt. „Mietpreisbremse, Mietendeckel und das jüngst beschlossene Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen schaden dem Wohnungsmarkt und sorgen für Verunsicherung bei Investoren und privaten Käufern“, meint Andreas Schrobback. Der Geschäftsführer der AS Unternehmensgruppe Holding GmbH sieht dadurch eine wesentliche Eigenschaft bedroht, die Wohnimmobilien für Kapitalanleger attraktiv machen. „Die Assetklasse Wohnen halte ich für das krisenresistenteste Investment überhaupt. Es muss jedoch differenziert werden. Krisenresistent sind Wohnimmobilien nur, wenn der volkswirtschaftliche Rahmen stimmt.“ Zusätzliche Schwierigkeiten bereiten dem Markt zudem die aktuellen wirtschaftlichen Verwerfungen. Trotz dieser Belastungen ist Peter Buhrmann positiv gestimmt. „Der deutsche Investmentmarkt für Wohnimmobilien ist resilient und verfügt vielerorts nach wie vor über Wertsteigerungspotenziale. Weder die Corona-Krise noch Regulierungsmechanismen wie der Mietendeckel werden dem Markt in seiner Gänze mittelfristig schaden“, ist der CEO der Alpha Real Estate Group überzeugt. In der aktuellen Krise sieht er sogar eine Chance für den Markt. „Die Nachfrage von Investoren hat durch die Pandemie eher an Fahrt gewonnen. Das zeigt ein Blick auf die Zahlen: In den letzten neun Monaten wurden rund 125.000 Wohneinheiten gehandelt – ein Plus um fast 40 % im Vergleich zum Vorjahr.“
Die zweite Reihe rückt in den Fokus
Der wesentliche Grund für die marktschädigenden Eingriffe von Seiten der Politik ist, dass sich gerade in den Großstädten die Mieten immer weiter auf dem Weg nach oben befinden, was vor allem mit der dort vorhandenen hohen Nachfrage zusammenhängt. Wegen der hohen Nachfrage muss auch beim Kauf von Immobilien immer tiefer in die Tasche gegriffen werden, was auch Folgen für den Wohnimmobilieninvestmentmarkt hat. „Durch die steigenden Kaufpreise ist heute sicherlich schwieriger, in Immobilien zu investieren“, so Hans-Peter Hierse. Dem Vertriebsdirektor der DEGAG Deutsche Grundbesitz AG zufolge könnte das hohe Preisniveau dem wichtigsten Kriterium bei Immobilieninvestments noch mehr Bedeutung verleihen: „Durch diese Tatsache erkennt man immer mehr, dass sich Käufer mehr auf die Lage einer Immobilie konzentrieren.“ Gerade Standorte, die bislang weniger Beachtung genossen haben, dürften dadurch einen Bedeutungsgewinn erfahren. „B- und C-Lagen werden immer häufiger in den Vordergrund rücken. Allein schon aus der Überzeugung, dass sich auch aus einer heutigen C-Lage, in der Zukunft begehrte Wohnquartiere entwickeln lassen und damit einhergehend ein Wertzuwachs zu erwarten ist“, prognostiziert Hierse. Auch Peter Buhrmann glaubt, dass bislang weniger gefragte Immobilienmärkte in Zukunft eine wichtigere Rolle auf dem Investmentmarkt spielen werden: „Wir erwarten, dass die Nachfrage auch weiterhin groß bleibt, insbesondere für Immobilien an B- und C-Standorten wie beispielsweise Bielefeld, Siegen oder Bad Kreuznach. Dafür spricht u. a. die robuste wirtschaftliche Situation in den deutschen Ballungsgebieten“. Dass die Nachfrage nach Immobilien abseits der A-Städte immer größer wird, zeigt auch eine Untersuchung des Immobiliendienstleisters Jones Lang LaSalle. Demnach entfiel in den ersten drei Quartalen 2020 zwar mit 58 % mehr als die Hälfte des gehandelten Transaktionsvolumens auf die sieben A-Städte, jedoch würden auch vermehrt andere Regionen nachgefragt, z. B. erstklassige B- und C-Märkte wie Nürnberg, Darmstadt oder Kiel. Zum Vergleich: Im 3. Quartal 2019 entfielen noch mehr als 90 % der Transaktionen im Wohninvestmentmarkt auf die sieben A-Standorte plus Leipzig sowie deren Umland.
Egal ob an A-, B- oder C-Städten: Das Bedürfnis der Menschen zu wohnen wird auch in Zukunft weiterhin vorhanden sein und damit für Nachfrage nach neuem Wohnraum sorgen. Das Defizit an diesem sowie die anhaltende Niedrigzinsphase und die fortschreitende Geldentwertung machen laut Andreas Schrobback Wohnimmobilien auch weiterhin zum unverzichtbaren Bestandteil jeder Anlagestrategie und zu einem äußerst attraktiven und robusten Vorsorgeinstrument. (ahu)