Aktien: Mit Herz und Verstand
26.10.2021
Dr. Marc-Oliver Lux, Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG / Foto: © Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG
„Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen“ – wie wahr, aber letztlich keine Hilfe, bei der Frage, wann man am besten in den Aktienmarkt einsteigt.
Börse hat nun mal viel mit Psychologie zu tun. Praktisch liegen nie sämtliche für eine rein rationale Anlageentscheidung notwendigen Informationen vor. Gut, wenn sich Investoren (und solche, die es werden wollen) dieser Schwächen bei der Kapitalanlage bewusst sind. Wer aber mit Herz und Verstand an die Aktienanlage herangeht, macht automatisch vieles richtig:
Meine Lieblinge
Starke Emotionen beim Kauf oder Halten eines Investments sind normalerweise gefährlich. Wer sich zu sehr in Aktien verliebt, die mehr von Hoffnung und Zukunftsmusik getragen werden, muss mit einem bösen Erwachen rechnen. Man sollte daher Aktien auswählen, mit denen man sich identifizieren kann und bei denen man aufgrund eines berechenbaren Geschäftsmodells langfristig investiert bleiben kann.
Der Fluch der Influencer
Mit den eigenen Emotionen ist das ja immer so eine Sache: Gerne fühlt man sich von positiven Nachrichten bestätigt und verdrängt Negatives, was die eigene Entscheidung in Frage stellt. Davon lebt das heutige Social Media. Früher waren Börsenbriefe und TV-Gurus die „Influencer“ an der Börse, heute kann sich jeder zum Börsenprofi berufen fühlen und auf irgendwelchen Plattformen mitquatschen. Man sollte jedoch diese Meinungsportale konsequent ignorieren und einen großen Bogen um diese Werte machen, auf die sich die breite Masse stürzt. Die Kursentwicklung ähnelt hier oft eher unvorhersehbaren Vulkanausbrüchen als einer Kletterpflanze, der man beim Wachsen gerne zusehen möchte.
Das Haar in der Suppe
Im Zeitalter der Reizüberflutung an Informationen ist es schwierig geworden, herauszufiltern, wann der richtige Zeitpunkt für Ein- oder Ausstieg ist. Man muss sich jedoch im Klaren sein: Nachrichten liefern häufig allenfalls nachträglich eine Begründung für eine Kursbewegung. Zudem gewinnen negative Nachrichten heute mehr Aufmerksamkeit als positive. An einer Wand aus Angst steigen die Kurse jedoch viel lieber nach oben. In einer sorgenfreien Blümchenwiese würden sie stattdessen eher seitwärts plätschern.
Konsens ist Mist
Kritisch ist es fast immer, wenn sehr viele Börsenteilnehmer die Lage und die weitere Entwicklung an den Finanzmärkten gleich einschätzen. Denn häufig hat die Herde eben nicht recht. Gerade an der Börse heißt es: „Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.“ Weil dem so ist, sollte man immer mit einem Grundstock an Aktien investiert bleiben – auch in der schlimmsten Börsenzeit, umgekehrt Neugelder und Liquidität möglichst in Tranchen investieren. Es ist müßig zu glauben, den optimalen Zeitpunkt zu erwischen – den weiß man dann erst wieder im Nachhinein.
Performance ist nicht alles
Es ist eine Binsenweisheit, dass sich durch eine vernünftige Diversifikation Risiken begrenzen lassen. Auch wenn es noch so opportun scheint, alles zum Beispiel auf die Technologiekarte zu setzen, sollte man absichtlich über mehrere Branchen streuen. Denn das Potential scheinbar „langweiliger“ Titel wird häufig unterschätzt - im Vergleich zu manch gehypten und teuren Tech-Wert. Performance ist wichtig, aber auch ein geringerer Stressfaktor kann ein Mehrwert sein.
Nicht „Gier ist gut“ – Geduld ist gut
Wer beim Aktienkauf bewusst seine Entscheidung trifft, weiß auch, wann er die Reißleine zu ziehen hat. Dann kann der typische Anlegerfehler, zu lange an verlustreichen Positionen festzuhalten, gar nicht passieren. Das Realisieren von Verlusten tut emotional weh, das Mitnehmen von Gewinnen streichelt dagegen die Seele. Genau darin liegt das Problem. Wer sich die Langfrist-Charts von Coca-Cola, Nestlé, Procter & Gamble, Mastercard etc. anschaut, wird feststellen, dass es besser war, einfach dabei zu bleiben, als Kursausschläge timen zu wollen.
Preise sind relativ
Börsenkurse bilden sich aus Angebot und Nachfrage, und natürlich ist nicht jeder Preis immer gerechtfertigt. Bei Kurs-Gewinn-Verhältnissen, die weit über dem Branchendurchschnitt liegen, ist Vorsicht angebracht. Andererseits ist der Preis nur ein Indikator und kann auch in die Irre leiten. Eine der optisch teuersten Aktien der Welt ist die US-Holdinggesellschaft Berkshire Hathaway von Warren Buffet: Die A-Aktie kostet deutlich über 400.000 US-Dollar, da sie – im Gegensatz zu anderen Highflyern wie Microsoft oder Apple - nie gesplittet wurde. Die langfristige Performance ist dennoch bestechend und deshalb schätzen wir diese Aktie als gutes Basisinvestment und als Ersatz für einen Indexfonds auf den amerikanischen Markt. Die B-Aktie bekommt man allerdings bereits für unter 300 US-Dollar.
Unser Rat: Gerade weil der Börsenzyklus nach dem Corona-Tief schon etwas fortgeschritten ist, sollte man auf Qualität setzen.
Kolumne von Vermögensverwalter Dr. Marc-Oliver Lux, Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München
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