Ängste vor US Rezession sind übertrieben
09.03.2016
Zwar hat sich die US-Wirtschaft eingetrübt, viele Sorgen scheinen jedoch überzogen. Höhere Einkommen und steigende Immobilienpreise sollten den Konsum stützen.
(fw) Die Stimmung an den Kapitalmärkten bleibt angeschlagen. Viele zu Jahresbeginn abgegebene Wachstumserwartungen erscheinen wie Aussagen aus einer fernen Zeit. Wankt selbst der bislang so stabile und mit mehr als sechs Jahren
ungewöhnlich lange Aufwärtstrend in den USA?
Der Einbruch der Ölpreise, aber auch der feste Dollar haben die Perspektiven eingetrübt. Bereits seit Dezember liegt der Stimmungsindikator der Industrie unter der kritischen Marke von 50. Die Investitionen in den Ölsektor haben sich von 170 Milliarden Dollar im Jahr 2014 zwischenzeitlich mehr als halbiert. Gut 15 Prozent aller ausstehenden US-High-Yield-Anleihen kommen aus dem Energiesektor, bis zu 50 Prozent könnten die Niedrigpreisphase nicht überstehen.
US-Verbraucher in Kauflaune
Keine Frage, der Einbruch der Ölpreise um über 70 Prozent hinterlässt in der US-Wirtschaft tiefe Spuren. Allerdings entfiel auf die Industrieproduktion 2015 nur ein Anteil von rund zwölf Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Den mit rund 70 Prozent weitaus größten Anteil steuert der private Konsum bei. Bei einer Inflationsrate knapp über null, einem Arbeitsmarkt nahe der Vollbeschäftigung und einem Anstieg der Löhne von über zwei Prozent verfügen die Verbraucher 2016 über höhere Einkommen. Daneben entwickelt sich der Wohnimmobilienmarkt überaus positiv. Bei rekordtiefen langfristigen Finanzierungskosten steigen die Immobilienpreise derzeit mit einer Jahresrate von acht Prozent. Da dürften auch die aktuellen Börsenturbulenzen den Verbrauchern nicht die Kauflaune verderben.
Gleichzeitig sind Sorgen, dass der US-Bankensektor erneut in Schieflage gerät, überzogen. Zum einen haben die meisten Banken ihre Bilanzen nach der Finanzkrise saniert, zum anderen wurde der Fracking-Boom zum Großteil über den Kapitalmarkt finanziert. Die amerikanische Wirtschaft dürfte daher in diesem Jahr nicht in eine Rezession abrutschen, mit nur zwei Prozent bleibt der Zuwachs aber moderat.
Auch in Europa fehlt es an Anzeichen für einen scharfen Konjunkturrückgang. Die jüngsten Vorlaufindikatoren zeigten zwar eine nachlassende Dynamik, die kritische Marke von 50 wurde aber weder im Industrie- noch im Dienstleistungssektor unterschritten. Zwar dürften weiterhin zahlreiche Institute ihre Wachstumsprognosen für 2016 senken, eine globale Rezession ist aber unverändert wenig wahrscheinlich.
Aktien-Risikoprämien nahe Rekordhoch
Wächst die Weltwirtschaft weiterhin oberhalb der kritischen Marke von 2,5 Prozent, dürften die Unternehmensgewinne weltweit zumindest stagnieren. Für ein deutliches Gewinnplus fehlt es aber wie in den Vorjahren an Dynamik. Impulse für die Aktienmärkte können so vor allem von der Bewertung ausgehen. Hier hat sich die Ausgangslage tatsächlich seit Jahresbeginn deutlich verbessert. Dank tieferer Zinsen bei Staatsanleihen und im Geldmarkt bewegen sich die Risikoprämien in den meisten Aktienmärkten nahe historischen Rekorden. Selbst in den USA liegt die Dividendenrendite rund 100 Basispunkte über der Rendite zehnjähriger Staatsanleihen.
Trotz der aktuellen Unsicherheiten sehen wir daher keinen Anlass, auf dem gedrückten Kursniveau unsere Aktienpositionen abzubauen.