Abrissbirne Insolvenz

21.12.2023

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Die Insolvenz zieht durch die Immobilienbranche wie eine scheinbar gnadenlose Abrissbirne. Die hohen Zinsen, Inflation, Materialkosten – Unternehmen haben die Folgen zu tragen, wenn Aufträge ausbleiben oder sie ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können. Dass in den Medien von einer regelrechten „Insolvenzwelle“ die Rede ist, ist nicht verwunderlich.

Das Statistische Bundesamt verzeichnet durchschnittlich ganze 19,5 % mehr beantragte Regelinsolvenzen im September 2023 als im Vorjahreszeitraum. Auf 10.000 Unternehmen, so die Statistik, trifft es das Baugewerbe in 7,1 Fällen. Die Branche hat in diesem und im letzten Jahr einiges einstecken müssen. Entsprechend hat das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen ein Entlastungspaket beschlossen. Die sogenannte degressive AfA (Absetzung für Abnutzung) ermöglicht seit dem 01. Oktober 2023 eine steuerliche Entlastung für die Baubranche: 6 % für die nächsten sechs Jahre. Diese degressive Abschreibung gilt allerdings nur für neu gebaute, beziehungsweise neu erworbene Wohngebäude, heißt es auf der Seite des Bundesministeriums. Im ersten Jahr könnten also 6 % des Investitionswertes geltend gemacht werden und in den Folgejahren jeweils 6 % des Restwertes. „Die degressive AfA für den Wohnungsbau als Teil des Wachstumschancengesetzes hat das Potenzial, die Bau- und Immobilienbranche deutlich zu stärken“, erklärt Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Wer in den nächsten sechs Jahren mit dem Bau beginnt, soll diese AfA nutzen können. Das ermögliche es der Branche, die Investitionskosten schneller abzuschreiben und damit würden wiederum schneller Investitionen in neuen Wohnraum möglich. Da diese Regelung keine Baukostenobergrenzen vorsieht, kann ab einem Effizienzstandard von 55 gebaut werden. Die attraktive Abschreibung gelte für alle Bauprojekte mit Baubeginn ab dem 01. Oktober 2023, so die Bundesministerin.

Transparency is Key

Was bei den Zahlen und Summen häufig in Vergessenheit gerät: Hinter den Zahlen der Insolvenzwelle stecken selbstverständlich auch die Schicksale von Menschen. Im schlimmsten Fall kommt es nämlich hart auf hart und das mühsam zusammengesparte Geld – ob für die Rente oder generell den Traum vom Eigenheim – ist weg. Gerade jetzt müssen Unternehmen mit den Sorgen ihrer Kunden umzugehen wissen. „Wir beobachten, dass die aktuelle Krise primär jene Unternehmen trifft, die auf einen weiter steigenden Markt gesetzt und Grundstücke entsprechend teuer angekauft haben“, meint Nikolas Jorzick, geschäftsführender Gesellschafter HAMBURG TEAM Investment Management. „Bei uns entwickeln wir unsere Projekte über einen relativ langen Zeitraum selbst. Dadurch schaffen wir uns Flexibilität, um unsere Projekte erfolgreich fertigzustellen.“ Da die Unsicherheit weiter groß sei, so Jorzick, helfe es, auf Transparenz zu setzen und Hilfestellung zu leisten. Etwa bei der Erläuterung von Fördermöglichkeiten. Aufgrund der negativen Gesamtstimmung „fehlt es derzeit an Aufklärung über Förderdarlehen und steuerliche Anreize, die den Kauf einer Wohnung incentivieren könnten.“ Unternehmen wie Interhyp, Dr. Klein oder Baufi24 bieten beispielsweise Unterstützung in diesem Bereich. Als Makler und Vermittler ist man in Zeiten wie diesen besonders darauf bedacht, das Vertrauen seiner Kunden aufrechtzuerhalten. Von Vorteil ist die von Berufswegen festgelegte Pflicht zur Dokumentation der stattgefundenen Beratung. Auch HAMBURG TEAMs geschäftsführender Gesellschafter stimmt damit überein, dass es wichtig ist, Risiken anzusprechen und diese auch klar zu kommunizieren. „Zu den Aufgaben eines guten Beraters gehört es, ein nachvollziehbares Chancen-Risiko-Profil für seinen Kunden zu erstellen.“ Gerade im Wohnbereich wäre derzeit ein gutes Zeitfenster.

Eine Momentaufnahme?

Dass die Immobilienbranche sich gerade auf dem Prüfstand befindet, ist nicht zu übersehen. Wie es für Unternehmen, die die Abrissbirne schwer getroffen hat, weitergeht, wird sich zeigen. Insolvenz anzumelden ist eine schwere Entscheidung und ein noch schwererer Gang. Schlagzeilen beantworten nicht die Frage, wer sich mit diesem Unternehmen einen Lebenstraum erfüllt und aufgebaut hat. Oder wie viele Stellen gekürzt werden oder gar gestrichen werden mussten. Bedeutet Insolvenz zwingend, dass die Unternehmen ihre Türen auf immer und ewig schließen? Es ist das Bild, dass sich in den Köpfen vieler festgesetzt hat. Die Endstation, der Paukenschlag – die Abrissbirne eben. Jede Insolvenz ist ein individueller Fall, mit individuellen Faktoren, die es selten in den Vordergrund der Berichterstattung zu schaffen scheinen. Es besteht die kleine Hoffnung, dass die Insolvenz doch „nur“ eine schlechte Momentaufnahme des Geschehens ist. Vielleicht – aber auch nur vielleicht – wartet im Licht am Ende des langen Tunnels ein Comeback. (ml)

Klara Geywitz                                                             Nikolas Jorzick
Bundesministerin                                                         Geschäftsführender Gesellschafter
Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen                  HAMBURG TEAM Gruppe