75 Millionen Quadratmeter Bürofläche potenziell bedroht

02.09.2024

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In den deutschen A- und B-Städten sind rund 75 Millionen Quadratmeter Büroflächen mit Blick auf die notwendigen Investitionen zur Erreichung aktueller ESG-Anforderungen von einer wirtschaftlichen Obsoleszenz bedroht. Dieses Volumen übersteigt den prognostizierten Nachfragerückgang von bis zu 24 Millionen Quadratmetern auf dem deutschen Büromarkt, der auf stabile Homeoffice-Quoten zurückzuführen ist, erheblich und stellt den Immobilienmarkt vor signifikante Herausforderungen. In der von Garbe Institutional Capital, PwC Deutschland und Colliers erstellten Studie „Obsoleszenzrisiken von Büroimmobilien – Wohnen und Life Science als Ausweg?“ wird anhand eines Wirtschaftlichkeitsmodels dargelegt, unter welchen Marktfaktoren eine Konversion in alternative Nutzungsformen attraktiv erscheint.

Wohnen und Life Science wurden aufgrund mehrerer Faktoren als vorteilhafte Umnutzungsmöglichkeit für obsolete Büroimmobilien identifiziert: Das Wohnsegment, weil ein erheblicher Nachfrageüberhang existiert, der in Kombination mit einem deutlich verknappten Angebot zu einer langfristigen wirtschaftlichen Attraktivität des Sektors führt. Der Life-Science-Sektor verspricht angesichts sich überschneidender Trends von technologischer Innovation und wachsender Nachfrage großes Potenzial für nachhaltiges Wachstum und stellt eine zukunftsstarke Immobilienklasse dar.

Solide Umnutzungspotenziale bei Wohnen - Life Science bietet vereinzelt Chancen

Die Umnutzung von Büro- zu Wohnimmobilien könnte sich für 15 bis 20 Millionen Quadratmeter Fläche der 75 Millionen Quadratmeter potenziell von Obsoleszenz bedrohten Bürofläche eignen und somit 170.000 bis 200.000 neue Wohnungen in den 21 untersuchten Städten schaffen. Gegenüber einem Neubau würden hierbei 4,2 Millionen Tonnen CO2 eingespart.

„Konversionen von Büro- in Wohnimmobilien eignen sich aufgrund der hohen benötigten Mieten für eine rentable Projektentwicklung im höheren Mietsegment, kaum aber für sozialen Wohnraum. Eine Fortsetzung der Mietpreisdynamik im Wohnsektor kann die Wirtschaftlichkeit von Umnutzungen erhöhen und somit zu einer steigenden Umnutzungsquote führen. Eine Konversion von Büro- in Wohnfläche ist damit aber kein effektiver wirtschaftlicher Lösungsansatz, um der Wohnungskrise flächendeckend entgegenzuwirken. Eine wesentliche Rolle kommt allerdings regulatorischen und politischen Vorgaben zu. Förderungen für die Umnutzung in Wohnraum können die Wirtschaftlichkeit unterstützen und somit die Umsetzungswahrscheinlichkeit durch Investoren erhöhen“, sagt Andreas Höfner, Head of Germany, Head of Research & Strategy bei GARBE Institutional Capital.

Die Umnutzung von Büroflächen in Life-Science-Immobilien ist in bereits etablierten Clustern möglich. Allerdings ist mit etwa 3 bis 4 Prozent nur ein geringer Anteil der von Obsoleszenz bedrohten Flächen hierfür geeignet, was bis zu 2,5 Millionen Quadratmetern entspricht.

65 Prozent der betroffenen Büroflächen ohne direkte Möglichkeit zur Umnutzung

Das Konversionspotenzial von Büroflächen in Wohn- oder Life-Science-Immobilien liegt somit bei etwa 30 bis 35 Prozent des von Obsoleszenz bedrohten Büroflächenbestands. Der Großteil ist für eine direkte Umwandlung ungeeignet. „Für rund 65 bis 70 Prozent der von Obsoleszenz bedrohten Bürofläche besteht kein direkter ‚Fluchtweg‘ in eine Umnutzung in Wohnen oder Life Science. Alternativ könnten jedoch Nutzungsarten wie Lebensmitteleinzelhandel, Bildungseinrichtungen oder Flüchtlingsunterkünfte in Betracht gezogen werden. Auch bei diesen Alternativen ist jedoch von einem begrenzten Gesamtpotenzial auszugehen“, sagt Rita Marie Roland, Partnerin Real Estate bei PwC in Deutschland.

„Büro zu Büro“ kann wieder Option werden

Mit Blick auf die künftige Entwicklung und die Dynamik am Immobilienmarkt sagt Andreas Trumpp, Head of Market Intelligence & Foresight bei Colliers in Deutschland: „Steigende Mieten für moderne Büroimmobilien können die Wirtschaftlichkeit von Revitalisierungen erhöhen und das Volumen an potenziell von Obsoleszenz bedrohten Büroflächen reduzieren. ‚Büro zu Büro‘-Konversionen könnten in diesem Fall wieder eine Option für Investoren und Projektentwickler bieten.“ (fw)