30 Jahre „A better Way to buy“
14.03.2024
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„Ich habe in all meinen Jahren im Geschäft gelernt, dass es am gefährlichsten ist, sich nicht von den anderen zu unterscheiden. Wir wollen Sachen erfinden, die den Leuten anfangs ungewöhnlich vorkommen – aber einige Jahre später für alle normal sind.“ Als Jeff Bezos im Jahr 1994 Amazon.com, Inc. gründete, war sein Unternehmen zunächst als kleine Online-Buchhandlung konzipiert. Der Informatiker wollte zusammen mit dem Investor David E. Shaw in Bellevue, Washington, einen innovativen Shop aufbauen, der sich dann in kürzester Zeit zu einem der weltweit erfolgreichsten Medienunternehmen mit einem aktuellen Marktwert von 1,045 Bio. US-Dollar entwickelte.
Im Juli 1995 verkaufte Bezos auf seiner neuen Internetplattform das erste Buch: „Fluid Concepts and Creative Analogies: Computer Models of the Fundamental Mechanisms of Thought“. Laut Firmengeschichte wurden dazu 300 Freunde und Bekannte eingeladen, um den DigitalShop zu testen. In den ersten vier Wochen, quasi in der Beta-Phase, verschickte das Unternehmen Bücher an Kunden in alle 50 US-Bundesstaaten und in mehr als 45 weitere Länder, bereits im zweiten Monat lag der wöchentliche Umsatz bei 20.000 Dollar. Im Oktober 1995 öffnete sich dann die Plattform der breiten Öffentlichkeit. Wie viele andere Unternehmen in ihren ersten Geschäftsjahren verzeichnete auch Amazon Verluste. Eines der ersten Anzeichen, dass der Online-Händler in Richtung Erfolg zusteuerte, wurde von Analysten im 4. Quartal 1996 registriert. Zu dieser Zeit stiegen die Umsätze von Amazon von 4,2 Mio. auf 8,5 Mio. US-Dollar, während sich der Verlust von jedem Quartal um 100.000 Dollar verringerte. Obwohl man immer noch einen Quartal-Verlust von 2,2 Mio. Dollar verzeichnete, wurde die Verdoppelung des Umsatzes als positives Signal gewertet.
Bücher, Bestellungen und Börsengang
Obwohl die Anfänge schwierig waren, zweifelte Bezos nie an seiner Überzeugung, dass der Online-Handel eine blühende Zukunft haben und den stationären Buchhandel zunehmend überflüssig machen würde. Er sollte Recht behalten: Als Amazon am 15. Mai 1997 an den Nasdaq ging, erzielte der Konzern einen jährlichen Umsatz von 150 Mio. Dollar und zählte 1,5 Millionen Kunden. Die Marktkapitalisierung am ersten Handelstag betrug 560 Mio. Dollar. Er habe sich bewusst für Bücher entschieden, berichtete Bezos später in Interviews. Mit drei Millionen Buchtiteln gab es die mit Abstand meisten Artikel auf dem Markt. Musik sei mit 200.000 verfügbaren CDs das Nummer-ZweiSegment gewesen. So erlebte Amazon.com als „größter Buchladen der Welt“ im Jahr 1998 nicht nur seine Produkterweiterung über Bücher hinaus, sondern auch den Weg zum Erfolg. Bezos erklärte stets, dass Amazon nicht nur ein Online-Händler sei, sondern ein Technologieunternehmen, dessen Geschäft darin bestehe, digitale Transaktionen für Verbraucher zu vereinfachen. So expandierte das Unternehmen rasch auch in andere Marktbereiche. Das „Associates-Programm“, bei dem andere Websites Waren zum Verkauf anbieten konnten und Amazon.com die Bestellung, Belieferung und Bezahlung ausführte, wuchs von einer einzigen Website im Jahr 1996 auf über 350.000 im Jahr 1999. 1998 startete Amazon mit dem Musikund Videoverkauf, außerdem begann das Unternehmen mit der Übernahme von Online-Buchhändlern im Vereinigten Königreich und in Deutschland seine internationale Geschäftstätigkeit. Seit 1999 verkaufte das Unternehmen auch Unterhaltungselektronik, Videospiele, Software, Heimwerkerartikel, Spielzeug, Bekleidung und vieles mehr.
Vom Kauf zur Kundenbindung
Um sein Wachstum aufrechtzuerhalten, brauchte Amazon mehr als nur private Investoren. Zusätzlich zu den Barmitteln konnte das Unternehmen seine stark wachsenden Aktien zur Finanzierung der Akquisitionsstrategie nutzen. Die Attraktivität und Rentabilität des Unternehmens lag vor allem in der ausgeklügelten Kundenbindung. Die innovativen Personalisierungstools empfehlen andere Produkte zum Kauf auf der Grundlage sowohl der Kaufhistorie eines Kunden als auch auf den Daten von Käufern der gleichen Artikel. Durch die Veröffentlichung von Kundenrezensionen zu Produkten entstand eine „Verbrauchergemeinschaft“, die sich scheinbar beim potenziellen Kauf unterstützt. Den ersten Gewinn erzielte Amazon nach eigenen Angaben im letzten Quartal des Jahres 2001 – nach einer geschäftigen Weihnachtseinkaufsaison. Danach wurde das Jahr 2003 das erste profitable Jahr für Amazon, da das Unternehmen den Nettogewinn von 3 Mio. US-Dollar im letzten Quartal 2002 auf 73 Mio. US-Dollar im letzten Quartal 2003 steigern konnte. Dies führte dazu, dass das Unternehmen im Jahr 2003 einen Gesamtgewinn von 35 Mio. US-Dollar einfuhr. Neben der Erweiterung ihrer Serviceleistungen und der Belieferungssysteme verfolgte Amazon auch stets Expansionsmöglichkeiten durch Partnerschaften und die Übernahme namhafter Unternehmen wie Joyo, Kohl‘s, Audible, GoodReads und Best Buy. Für 8,5 Mrd. Dollar übernahm man das traditionsreiche Filmstudio MGM (Metro-Goldwyn-Mayer). Es sollte sich sehr bald zeigen, wofür diese Akquisition gut war.
Logistik, Innovationen, Dienstleistungen – alles Prime
Einer der bekanntesten und profitabelsten Dienste von Amazon wurde erstmals im Februar 2005 unter dem Namen „Amazon Prime“ eingeführt. Dieser Dienst startete in den USA als unbegrenztes Zwei-Tage-Lieferabonnement zum Preis von 79 Dollar pro Jahr und stieß anfangs auf nur geringes Interesse bei Verbrauchern. Nach einigen Jahren der Erweiterung dieses Service wie der Einführung des Prime-Video-Segments begann Amazon in den 2010er Jahren ein beträchtliches Wachstum seiner Abonnenten zu verzeichnen. Apropos Prime: Amazon Prime Video, der Video-on-Demand-Streamingund Verleihdienst von Amazon, wurde 2006 als direkte Antwort auf die Netflix-Erfolgsgeschichte eingeführt. Als Teil des Prime-Abos oder als eigenständiger Dienst vertreibt der Konzern in erster Linie Filme und Fernsehserien, die von den neuen „Amazon MGM Studios“ produziert oder an Amazon lizenziert wurden, aber auch Inhalte von anderen Anbietern sowie Live-Sportveranstaltungen. In Deutschland bündelte Amazon 2014 das Angebot Amazon Prime mit der 2006 von Amazon Deutschland gekauften Onlinevideothek Lovefilm unter dem Namen „Amazon Video“. Seit 2018 vermarktet Amazon all seine Video-Inhalte unter dem Namen „Prime Video“. Nicht nur die Abo-Verkäufe haben dazu beigetragen, die Gewinne von Amazon kontinuierlich zu steigern, sondern auch die Zahl der Einkäufe, die von den PrimeMitgliedern getätigt werden. Aufgrund des Tempos in der Logistik und der Bequemlichkeit der kostenlosen Lieferung konnte Amazon durch die Einkäufe der Prime-Mitglieder im Vergleich zu Nicht-Mitgliedern deutlich mehr Umsatz pro Jahr generieren. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2021 gibt ein Prime-Mitglied rund 1.400 Dollar pro Jahr bei Amazon aus, während Nicht-Mitglieder nur etwa 600 Dollar investieren.
Amazon versus lokaler Einzelhandel
In die Kritik geriet Amazon immer wieder durch die kreative Art der Steuervermeidung. In Deutschland umgeht man Ertragsteuern durch die Umleitung der Unternehmensgewinne gen Luxemburg. Ebenso kritisiert wird der Umgang mit den Mitarbeitern oder die laxe Beachtung des Datenschutzes. Amazon wird außerdem für das Sterben des Einzelhandels mitverantwortlich gemacht. Wie dem auch sei: Der Börsenwert des Marktführers im Online-Versandhandel stieg in den 20 Jahren seit Beginn der Börsennotierung exponentiell von 660 Mio. Dollar auf über 700 Mrd. Im Vergleich zum ersten Börsenkurs von 18 Dollar aus dem Jahr 1997 liegt der Wert heute bei rund 1.600 Dollar. Während der Finanzkrise blieb die Amazon-Aktie stabil und konnte laut Analysten, „ein durchgehend starkes Wachstum mit kurzzeitig kleinen Crashs“ aufweisen. Die Statistiker von Search Logistics errechneten von 2013 bis 2021 einen Anstieg von rund 29 Mrd. US-Dollar bei den Nettoumsätzen, 2021 wurden insgesamt 31,77 Mrd. Dollar an Nettoumsätzen bei Amazon Prime verzeichnet. Darüber hinaus habe sich der Wert der Amazon-Abonnements seit 2017 mehr als verdoppelt. Dies sei zum großen Teil auf einen Anstieg von etwa 28 Millionen Abonnenten zwischen 2019 und 2021 zurückzuführen, als die COVID-Epidemie ihren Höchststand erreichte. Basierend auf der aktuellen Entwicklung der Vorjahre prognostiziert Search Logistics auch, dass es bis zum Jahr 2025 insgesamt geschätzte 168,3 Millionen Abonnenten geben wird.
Laut Finanzexperten gab es für lange Zeit keine bessere Idee, als eine Amazon-Aktie fürs Portfolio zu kaufen. Das Wachstum des Unternehmens schien unaufhaltsam und der Aktienkurs schoss nach oben. Glücklich sei, wer vor Jahren eingestiegen war und nicht verkauft habe. Es gibt, wenn es um E-Commerce und Cloud geht, kein anderes Unternehmen, das so erfolgreich wie Amazon agiere. Heute liegt der Wert des Unternehmens bei über 1 Bio.US Dollar. Somit ist der US-Konzern eines der Top Aktienunternehmen der Welt. Die Erstnotierung im Jahr 1997 ist der Kurs der Amazon-Aktie um 137.000 % gestiegen.
Von Strukturen und Stellenstreichungen
Amazon.com Inc. ist als börsennotiertes Unternehmen zu einem erheblichen Teil im Besitz seines Gründers Jeff Bezos – obwohl dieser am 5. Juli 2021 (dem Gründungstag des Unternehmens) sein Amt als Vorstandsvorsitzender an seinen Nachfolger Andy Jassy übergeben hat. Die größten Aktionäre von Amazon.com sind Bezos (10,9 %), Vanguard Group (6,3 %), BlackRock Inc. (5,3 %), Fidelity Investments (4,2 %), State Street Corporation (4,1 %), T. Rowe Price Associates, Inc. (3,2 %) sowie Berkshire Hathaway Inc. (2,1 %). Andere institutionelle und Einzelaktionäre besitzen kleinere Anteile an Amazon.com, Inc. Die öffentliche Eigentumsstruktur des Unternehmens ermöglicht eine weitreichende Anlage und den Handel mit Aktien, was es zu einer beliebten Beteiligung bei vielen Privatanlegern, Investmentfonds und ETFs gemacht hat. Bezos wird übrigens als geschäftsführender Vorsitzender des Verwaltungsrats bei Amazon aktiv bleiben. Im Januar 2022 gab Vorstandschef Andy Jassy die Streichung von über 18.000 Stellen bekannt. Es handelt sich dabei um den ersten größeren Personalabbau in der Geschichte des Konzerns. (sg)