Das Topmodell
02.08.2015
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Lange Jahre war die Berufsunfähigkeitsversicherung die Königsdisziplin für die Absicherung der Arbeitskraft. Mittlerweile sind Alternativen auf den Markt kommen. Doch alle Experten sind sich einig: Die BU ist auch heute und in Zukunft das Topmodell schlechthin. Dennoch bereitet sie Makler und Kunden Kopfzerbrechen. Doch dagegen gibt es eine Medizin.
Psychische Leiden haben längst den körperlichen Verfall als Hauptursache von Berufsunfähigkeit abgelöst. Zudem sind immer mehr junge Menschen davon betroffen. Und eine weitere Horrorzahl: Jeder fünfte Deutsche wird irgendwann in seinem Leben zu dieser Gruppe gehören. Das Sankt-Florians-Prinzip „Heiliger Sankt Florian, verschon‘ mein Haus, zünd‘ andre an!“ ist demnach der schlechteste Hoffnungsträger, den man sich vorstellen kann. Und dennoch: Vier von fünf erwerbstätigen Bundesbürgern scheinen genau danach zu handeln und üben sich im Verzicht. BU-Policen sind ihnen zu teuer, zu unverlässlich, oder sie halten sie für schlichtweg überflüssig. Schwerpunktmäßig gilt dies für die Jüngeren. Dabei bietet die große Mehrzahl der Versicherer mittlerweile spezielle Policen für Berufseinsteiger oder junge Menschen in der Ausbildung an. Üblich sind dann beispielsweise umfangreiche Nachversicherungsoptionen zu vertraglich fixierten Anlässen und/oder vorgegebenen Zeitpunkten, ohne dass es einer erneuten Gesundheitsprüfung bedarf. Andererseits werden viele mögliche Interessenten durch die Preispolitik vieler Versicherer geradezu abgeschreckt. Viele haben eine derartige Beitragsspreizung zwischen einzelnen Berufsgruppen vorgenommen, dass die Produkte für eine große Zahl an Verbrauchern kaum mehr bezahlbar geworden sind. Zumal auch immer mehr Berufsbilder in die Tarifierung eingeflossen sind.
Vor allem seit der Einführung der Unisex-Tarife ist der
Neuabschluss von BU-Versicherungen
regelrecht eingebrochen.
Das hat eine aktuelle Analyse von MORGEN & MORGEN ergeben. 2014 gab es demnach einen Rückgang gegenüber dem Vorjahr um 20 %. Auf viele potenzielle Kunden hat diese mit der Risikoselektion einhergehende Prämienpolitik eine geradezu abschreckende Wirkung. „Für Berufe mit höherem Risiko haben sich die Preise in den letzten Jahren zum Teil vervierfacht“, sagt Michael Franke, Geschäftsführer des Ratingunternehmens Franke und Bornberg. Andererseits könnten aber auch die Kunden selbst die Preisschraube zu ihren Gunsten drehen, es müsse am Ende nicht immer der Vollkaskoschutz sein. Experten zufolge liegt der BU-Grad in drei Viertel aller Fälle bei 75 % und darüber. Diese Erkenntnis lässt sich über Makler bei der Vertragsfindung berücksichtigen. Es stellt sich aber die Frage, ob es mit der Beitragsspreizung weitergehen wird. Peter Schneider, Geschäftsführer bei MORGEN & MORGEN, hält dies sogar für sehr wahrscheinlich: „Versicherer, die momentan unter fünf Berufsgruppen haben, werden aufgrund des Preiswettkampfs voraussichtlich ebenfalls den Sprung auf etwa zehn Berufsgruppen mitmachen. In diesem Zusammenhang werden die Beiträge bei den jeweiligen Anbietern in den Randbereichen voraussichtlich weiter auseinander laufen.“ Einen Trend zu deutlich mehr als zehn Berufsgruppen halte man aber bei MORGEN & MORGEN für eher unwahrscheinlich – mit der Anzahl der Berufsgruppen wachse der Verwaltungsaufwand, die Berufseinstufung für den Versicherer werde komplexer und die Kollektive in den einzelnen Berufsgruppen kleiner. Schneider: „Dies ist nicht unbedingt wünschenswert.“ Maximilian Buddecke, Leiter Maklervertrieb bei der Versicherungsgruppe die Bayerische, rät jedoch dringend dazu, den Blick der Kunden nicht alleine auf die Beitragsentwicklung zu lenken: „Sicherlich ist die Beitragsspanne gerade für körperlich tätige Berufe angestiegen. Hier gilt es, bevor man die Laufzeit oder die Höhe der Absicherung reduziert, in der Qualität der Produkte etwas zu sparen oder alternativ einen Mix aus BU und alternativen Absicherungen, wie etwa einer EU oder einer funktionalen Invaliditätsvorsorge, anzubieten.“
Letztlich werde die Absicherung aber immer Geld kosten.
Daher sollte dem Kunden klargemacht werden, dass er ein kaputtes Auto, das er bereitwillig Vollkasko versichert, ersetzen kann. Die Arbeitskraft hingegen habe einen deutlich höheren Wert als ein Auto, und trotzdem werde an der Absicherung gespart. Ohnehin wird über dem Punkt Beitragsspreizung häufig übersehen, dass die Versicherer ihre Bedingungswerke in der jüngeren Vergangenheit durchweg auf einen sehr guten Stand gebracht haben. Was zur Frage führt, worin sie sich eigentlich noch unterscheiden. Schneider sieht hier zwei wesentliche Aspekte: „Die Bedingungswerke sind mittlerweile von sehr guter Qualität, in den wichtigen Leistungskriterien unterscheiden sie sich kaum noch. Die Versicherer versuchen sich nun über kleinere Unterschiede voneinander abzugrenzen. In den letzten Monaten ist hier beispielsweise die AU-Klausel auf dem Vormarsch. Zusätzlich werden auch Tarife mit erhöhter Leistung bei Pflegebedürftigkeit angeboten.“ (hwt)