Zinsen, Gold und ETF

06.04.2021

Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH / Foto: © I.C.M.

Die Aktienbörsen scheinen nicht aufzuhalten zu sein. Und wie sagte Dr. Flossbach so schön: „Kapitalanlage war noch nie so einfach. Wer Rendite haben möchte, muss in Aktien“. Rückschläge werden gekauft, schließlich sucht jede Menge Geld eine Anlage. Und es wird noch jede Menge Geld hinzukommen. Der US-Präsident macht das „Helikoptergeld“ wahr, Kanzlerkandidat Scholz will die Schuldenbremse auch 2022 aussetzen und der griechische Zentralbankchef trommelt für mehr „Geld drucken“. Und wohin die italienische Politik unter Draghi steuert, kann man sich nach seinen Jahren als EZB-Boss realistisch vorstellen.

Alle Maßnahmen, die unter dem Deckmantel der Corona-Bekämpfung beschlossen werden, führen zu einem Ergebnis: Sie verhindern noch schlimmeres. Dies ist zwar durchaus positiv, aber sie generieren kein höheres BIP (im Vergleich zu 2019). Und vor allem: Gleichzeitig wächst der weltweite Schuldenberg, und das mit immer rasanterem Tempo.

Das Licht am Ende des Tunnels könnte sich als entgegenkommender Intercity entpuppen. Denn das aus der Überschuldung erwachsende Problem ist die Tatsache, dass eine Verzinsung wie im Durchschnitt der letzten 20 Jahre nicht mehr möglich ist. Auch dazu gibt es ein (komödiantisch gemeintes, aber realistisches) Zitat: „Bis zur nächsten Währungsreform wird es keine Zinsen mehr geben.“ Ernst gemeint bedeutet dies: Der „Point of no return“ ist überschritten. Ein kräftig steigender Kapitalmarktzins (entgegen aller Bemühungen der Notenbanken) würde die Welt in arge Bedrängnis stürzen, zumal dieses Mal die Inflation der Zinstreiber wäre und nicht eine florierende Wirtschaft.

Da die Schulden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft weiter steigen werden, wird deren Refinanzierung zum immer größeren Problem. Erste Reaktionen zeigten die Börsen von Oktober 2020 bis März 2021, als die Zinsen der 10-jährigen Bundesanleihen von minus 0,63 auf minus 0,25 Prozent stiegen. Die entsprechenden US-Treasuries stiegen von 0,7 auf 1,76 Prozent (der Kurs fiel von 157 auf 139). Alles noch kein Problem, aber wie ist die weitere Entwicklung einzuschätzen, wenn die Inflationszahlen die Ziele bei zwei Prozent deutlich übersteigen?

Erste Anzeichen sind nicht zu übersehen. Steigen die Zinsen weiter, würden Renten-, Aktien- und Immobilienpreise die Trendrichtung umkehren. Die Korrekturen könnten kräftiger ausfallen, wie die „Wohlfühl-Anleger“ sich vorstellen. Dann dürfte sich herausstellen, dass sie ihre Risiko-Toleranz überschätzt haben. Aktuell werden die Notenbanken bald wieder auf Shopping-Tour gehen, um so die Zinsen nicht weiter ansteigen zu lassen. Denn erste Warnsignale, wie Aktienmärkte reagieren werden, wenn die Zinsen weiter steigen, demonstrierte der Nasdaq 100. Und das alles nur, weil der US-FED-Chef die Inflationsgefahren herunterspielte und zum Ankauf von Anleihen keine Stellung bezog. In der Januar-Kolumne hatte ich vor Tesla gewarnt, im Februar ist der Kurs um bis zu 40 Prozent eingebrochen.

Welche Folgen Zinserhöhungen für "Modeaktien" haben könnten, lesen Sie auf Seite 2