Ziehen und Schieben: Der Weg zu mehr Innovationskultur
08.04.2020
Jochen Schenk, Vorstandsvorsitzender der Real I.S. AG / Foto: © Real I.S.
Gefragt ist ein offenes und kreatives Mindset
Die Rede ist von einem Wandel von der alten Organisations- hin zu einer echten Innovationskultur. Das Kundenverhalten verändert sich, neue Wettbewerber treten in den Markt ein. Um erfolgreich zu bestehen, sind Innovationen erforderlich. Doch diese lassen sich nicht von oben herab verordnen. Es genügt auch nicht, einfach personelle und finanzielle Ressourcen dafür bereitzustellen. Für Erfolg versprechende Innovationen bedarf es eines kreativen und offenen Mindsets, das eine ergebnisoffene Experimentierfreude fördert und dabei durchaus auch Fehlschläge oder Sackgassen zulässt – immer mit dem Ziel des Dazulernens.
Doch in den Unternehmen der Immobilien- wie auch der Finanzbranche gibt es Arbeitsbereiche, in denen absolute Präzision und Zuverlässigkeit notwendig sind und eine Null-Fehler-Toleranz herrschen muss, etwa aus regulatorischen Gründen. Für die Unternehmen ist es deshalb eine Herausforderung, Kreativität und Experimentierfreude auf der einen mit der geforderten Vorschriftskonformität auf der anderen Seite zu verbinden.
Das entscheidende Kriterium sind die Talente der Mitarbeiter
Die Crux liegt deshalb darin, an den richtigen Stellen Freiräume für Innovationskultur und barrierefreies Denken zu schaffen. Das ist keine Frage der unterschiedlichen Unternehmensbereiche oder Tätigkeitsfelder, sondern eine Frage der Eigenschaften und Talente der Mitarbeiter. Vereinfacht gesagt gibt es unter den Mitarbeitern die innovationsrelevanten Typologien Controller, Manager und Enabler. Das ist freilich nur eine grobe Systematisierung, die Abgrenzungen sind naturgemäß nicht trennscharf. Aber es ist hilfreich, eine solche vereinfachte Kategorisierung vorzunehmen. Während die Controller idealerweise jene durchaus anspruchsvollen Tätigkeiten ausführen, die Exaktheit und Vorschriftskonformität erfordern, und Manager Personal führen und den Vertrieb organisieren, sind vor allem die Enabler die innovationstreibenden Kräfte. Sie schaffen Freiräume für Innovationen und entscheiden, welche Ideen in die Tat umgesetzt und welche wieder verworfen werden.
Eine Innovationskultur ist in erster Linie eine Mentalitätsfrage. Kein Unternehmen braucht eine eigene Innovations- oder Digitalisierungsabteilung. Im Gegenteil, dies könnte sogar kontraproduktiv sein. Denn Innovationsfähigkeit ist eine Querschnittsaufgabe, die alle Teile eines Unternehmens betrifft, auch jene, deren Alltagsgeschäft hauptsächlich von Präzision und Routine geprägt ist. Deshalb müssen alle Mitarbeiter davon überzeugt werden, dass Innovation und Versuchskultur unverzichtbar sind, um die Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit des Unternehmens dauerhaft zu sichern. Das gilt auch in ungewöhnlichen und unsicheren Zeiten. Doch im Vorteil ist, wer die Jahre des Aufschwungs dazu genutzt hat, hierfür die Weichen richtig zu stellen.
Gastbeitrag von Jochen Schenk, Vorstandsvorsitzender, Real I.S. AG