Wohnimmobilienmarkt – der Boden ist gefunden

23.07.2024

Mark Holz - Foto: Copyright Lübke Kelber

Die jüngsten Entwicklungen des deutschen Wohnimmobilienmarktes zeigen eine erste Belebung, die Talfahrt ist gestoppt, meint Mark Holz, Head of Research von Lübke Kelber, in seinem Gastbeitrag.

Das Transaktionsvolumen von Wohnimmobilien, also Mehrfamilienhäuser und Portfolios, lag bei knapp 1,8 Milliarden Euro im zweiten Quartal 2024 und markierte damit das umsatzstärkste Quartal seit Anfang 2023. Auch wenn dies weiter deutlich hinter dem 10-Jahres-Durchschnitt von 3,5 Milliarden zurückbleibt, zeigt es: Das Vertrauen in den Markt kehrt zurück und die Zeichen für eine Trendwende mehren sich. Ein differenzierter Blick auf den Markt und Anlageopportunitäten bleibt jedoch ein Schlüsselelement im aktuellen Umfeld.

Ein wichtiger Motor waren großvolumige Abschlüsse. Im zweiten Quartal erwarben die städtischen Wohnungsunternehmen HOWOGE und Berlinovo von Vonovia etwa 4.500 Wohneinheiten und 40 Hektar Land in Berlin für insgesamt 700 Millionen Euro. Auch andere große Immobiliengesellschaften wie LEG traten als Verkäufer auf, während städtische Gesellschaften wie die SWD Düsseldorf oder WBM Berlin aktiv Bestand ankauften.

Die Investmentnachfrage sollte in den kommenden Quartalen aber zunehmend auch von anderen Seiten gespeist werden. So wurden seit Anfang 2023 mehr als 25 neue Immobilienfonds mit dem Schwerpunkt „Residential Deutschland“ initiiert oder angekündigt. Bemerkenswert dabei: Die heimische Nachfrage ist hoch, ein großer Teil der Fonds wurde von deutschen Managern initiiert. Gleichzeitig ist auch das internationale Interesse an deutschen Wohnimmobilien wieder erstarkt. Nachdem der Markt in den Jahren vor der Zinswende zu teuer für internationales, vor allem angelsächsisches Kapital war, ist der Einstiegszeitpunkt nach der Preiskorrektur nun wieder attraktiver.

Preisfindung und Marktentwicklung

In unseren 111 Fokusmärkten haben sich die Ankaufsfaktoren auf dem Niveau von Ende 2023 weitestgehend stabilisiert – ein Hinweis darauf, dass der Boden für die Preisentwicklung erreicht wurde. Für Bestandsimmobilien in A-Märkten liegen die marktüblichen Faktoren in mittleren Lagen beim 20,8-Fachen und in guten Lagen beim 23,1-Fachen. Bei Neubauimmobilien variieren die Faktoren von 23,9 in guten und 22,2 in mittleren Lagen in A-Städten bis hin zu 20,4 und 18,6 in D-Märkten. Im Bereich stabilisierter Anlagen finden Käufer- und Verkäufer-Preisvorstellungen immer öfter zusammen. Bei den Value-Add-Immobilien, die beispielsweise eine energetische Ertüchtigung benötigen oder deutlich unter Markt vermietet sind, ist dieser Prozess komplexer und langwieriger.

Und was ist mit der Zinswende? Hat sie die Märkte beeinflusst? Bisher nicht wirklich: Die Zinssenkung hat die Finanzierungskosten kaum beeinflusst – auch weil der Markt diese Entwicklung bereit mit der Stabilisierung der Leitzinsen Ende 2023 vorweggenommen hatte. Trotzdem hat der Zinsschritt eine wichtige psychologische Wirkung: Es ist der Startschuss für eine Entwicklung nach unten – auch wenn diese weniger stark ausgeprägt sein dürfte als noch vor wenigen Monaten angenommen. Das reduziert das Zinsrisiko für Investoren und macht Investitionen berechenbarer. Zusammen mit stabilen Preisen entsteht ein attraktiveres Investitionsumfeld, das in den kommenden Quartalen zu mehr Marktaktivität führen sollte.

Ankaufsfaktoren dürften sich angesichts einer zu erwartenden eher verhaltenen Zinswende zunächst nur wenig bis gar nicht entwickeln. Die kurzfristige Preisentwicklung auf dem Wohnimmobilienmarkt wird hauptsächlich durch steigende Mieten getrieben. Angesichts der weiterhin angespannten Lage auf dem Mietmarkt und einer dünnen Neubaupipeline ist ein anhaltender Aufwärtsdruck auf die Mieten wahrscheinlich.

Wachstumsimpulse bieten attraktive Einstiegschancen

Der Markt bleibt komplex und herausfordernd, bietet aber – eine tiefe Marktkenntnis und Expertise vorausgesetzt – zunehmend gute Einstiegschancen. Der Wohnimmobilienmarkt in Deutschland durchlebt gerade eine Phase der Stabilisierung und setzt erste Impulse des Wachstums. Mit zunehmender Marktaktivität, steigender Liquidität und vor allem Transparenz ist es für Investoren leichter, Chancen und Risiken zu erkennen und zu bepreisen. Im Kontext der sich entspannenden Zinssituation und des anhaltenden Mietdrucks scheint das Einstiegsfenster zunehmend attraktiv. Das wird den Investmentmarkt in den kommenden Quartalen weiter stärken.