„Wie werde ich Immobilienspezialist?“
02.02.2015
Steueroptimierte Immobilien wie Fördergebiets- und Denkmalschutzimmobilien stehen auch 2015 für Kapitalanleger und Eigennutzer an vorderster Stelle der attraktivsten Immobilienkategorien. Die finanzwelt-Expertenrunde zeigt die für Vermittler und Berater über den Erfolg steueroptimierter Immobilieninvestments entscheidenden Faktoren auf.
Die Teilnehmer:
Martin A. Georg, Generalbevollmächtigter Dolphin Trust GmbH
Christoph Ludwig, Projektkoordination SDI Vertriebs GmbH
Björn Peickert, Geschäftsführer SachwertPartner GmbH
Jörg Walter, Geschäftsführer IVM GmbH
finanzwelt: Welche Aspekte muss der Finanzdienstleister beachten, um sich als Immobilienspezialisten zu qualifizieren?
Walter: In der Finanzdienstleistung ist die Immobilie, insbesondere die steueroptimierte, die Königsklasse der Kapitalanlagen. Als Immobilienspezialist ist viel Bereitschaft zur Fortbildung und hohe soziale Kompetenz wie auch Fachkompetenz notwendig. Wenn dies alles zusammenkommt, hat ein Immobilienspezialist hervorragende Chancen in einem lukrativen Geschäftsbereich – lukrativ für alle Seiten.
Ludwig: Die Immobilienanlage ist für den Kunden das ehrlichste Geschäft, sofern der Kunde vom Berater ehrlich und der Kundensituation entsprechend kompetent und vollständig informiert wird. Dann ist die Immobilie langfristig eines der besten Anlageprodukte schlechthin. Die Ansprüche, die vom Kunden in puncto Immobilienberatung gestellt werden, sind hoch. Die Zulassung nach § 34c GewO ist die geringste Hürde, die Fähigkeiten hinsichtlich steuerlicher Kenntnisse, sachlicher Immobilienkenntnisse, Kalkulation etc. sind leider nicht formalisiert. Daher prüfen wir diese mit neuen Partnern im Gespräch und im sachlichen Umgang ab.
Peickert: Der Mangel an formalen Qualifikationen eines Immobilienspezialisten macht die Antwort schwer. Insbesondere beraterische Fähigkeiten, wie z. B. die lebensphasengerechte Beratung beim Immobilienerwerb, sind nicht festgesetzt. Und doch kann eine falsche Beratung ohne Berücksichtigung von sich verändernden Lebensphasen aus einer hervorragenden Anlageimmobilie eines Singles die tickende Zeitbombe eines Familienvaters machen. Noch sind notwendige Prozesse nicht formalisiert und transparent, daher muss sich auf den einzelnen Vermittler verlassen werden können. Das Vertrauen muss in der Person begründet sein, auch weil die meisten Vermittler dem Kunden gegenüber als Berater auftreten – mit allen haftungsbegründenden Tatbeständen einer möglichen Falschberatung.
Georg: Auch für Empfehlungsgeber und solche aus dem Umfeld der finanzdienstleistenden Berufe, denen schon zeitlich nicht zugemutet werden kann, sich zum Immobilienspezialisten zu entwickeln, müssen wir sorgen. Auch dadurch, dass wir diesen die kooperative Zusammenarbeit mit uns verbundenen Immobilienspezialisten eröffnen und so einem weiteren Kundenkreis optimale Beratung und qualitativ wertvolle wie auch unter Anlagegesichtspunkten lukrative Immobilien zugänglich machen.
finanzwelt: Gibt es eine Regel, die erkennen lässt, welche Immobilie sich für welchen Kunden eignet?
Walter: Leider nicht. Momentan ist vielerorts ein Immobilienhype zu beobachten, in dessen Folge leider auch fragwürdige Immobilien verkauft werden. Der qualitativ hochwertig agierende Bauträger wird die vier entscheidenden Parameter nicht vernachlässigen: Lage, Qualität, Preis und Verwaltung. Die „schlechte Immobilie" gibt es an sich nicht. Eine Immobilie muss aber genau zum jeweiligen Kunden passen, um für diesen eine hervorragende Anlage oder aber ein optimal eigener Wohnraum zu werden. Genau hier ist die Beratungsleistung unserer Partner wertvoll, denn es handelt sich um deren Kunden.
Ludwig: Die Frage ist vielmehr, wofür das jeweilige Produkt stehen soll. Im Falle der Steueroptimierung bewegen wir uns stets im Bereich der §§ 7h/7i EStG. Bei einer Immobilie, die als Alternative zur klassischen LV stehen soll, besteht die Möglichkeit der Herstellung einer kontinuierlichen Belastung, analog zur Altersvorsorge, und später eine Mietzahlung vergleichbar der Leistung einer Rente bzw. die Planung des Verkaufs nach Ablauf der Finanzierung analog zur Erzielung der Ablaufleistung einer LV. Die Lösung der gestellten Frage liegt wie immer im einzelnen Kunden – Alter, Einkommen sowie Lebenssituation sind ausschlaggebend für die Auswahl der „richtigen" Immobilie.
Peickert: An der Lösung dieser Frage zeigt sich der Unterschied zwischen Vermittler und Berater. Der reine Vermittler kann die von Ihnen, Herr Walter, angesprochenen Parameter gar nicht bewerten, er kann nur verkaufen. Der Berater, insbesondere bei einer Anlagesituation, wird die persönlichen Verhältnisse, die aktuelle Vermögenssituation, die steuerlichen Parameter und eventuell sogar die Erbschaftsgedanken in diesem Kontext durchrechnen, und zwar über einen langen Zeithorizont. Nur dieser Berater wird die Frage nach der richtigen Immobilie überhaupt lösen können. Möglicherweise wird er im Einzelfall gar von einer Immobilie abraten.
Georg: Ein weiterer Parameter der Antwort zur Fragestellung ist der Gesamtaufwand. Momentan beobachten wir eine Marktumkehr, bei der sich die beraterische Spreu vom Weizen trennt. Auffällig ist, dass Bezieher höherer Einkommen und Einkommenssteuerzahler vom Produktangebot gut bedient werden, aber Bezieher mittlerer Einkommen benötigen ein besseres Angebot im Hinblick auf rentable Immobilieninvestitionen, weniger auf individuelle Steueroptimierung. An Angeboten für diesen Kundenkreis mangelt es, obwohl er zahlenmäßig weit größer ist als der erstgenannte.
Ludwig: Völlig richtig, denn um eine Steueroptimierung zu erreichen, muss zwingend eine Steuerlast als Ausgangssituation vorhanden sein. Für andere Kundenkreise sind eventuell andere Kategorien, wie die Bestandsimmobilie oder sogar Pflegeimmobilie, nach individueller Analyse interessanter. Die Neubauimmobilie erschließt sich mir als Anlageimmobilie nicht, da sie in der Regel ähnliche Preise hat wie z. B. eine Denkmalschutzimmobilie, aber trotzdem vielfach eine geringere Bestandsrendite erwirtschaftet.
Peickert: Die klassische Zielgruppe für Anlageimmobilien, die Bezieher höherer Einkommen und hoher Steuerlasten, werden vom Angebot gut bedient. Aktuell gibt es neue Zielgruppen, die sich für die Immobilie interessieren, denn Anleger wie auch Vermittler suchen nach Anlageprodukten als Alternativen zu z. B. der klassischen LV. Dies ist aber nicht die genannte klassische Zielgruppe, sondern die der Bezieher durchschnittlicher Einkommen, hier fehlt es meiner Ansicht nach an guten Angeboten.
Georg: Herzlichen Dank für die Steilvorlage. Genau diese Zielgruppe haben wir vor einiger Zeit identifiziert und werden in Kürze für sie maßgeschneiderte Produkte anbieten können. Dabei wird der Unterschied zu herkömmlichen Neubauwohnungen in der Flächeneffizienz liegen, d. h. dem Verzicht auf Verkehrsflächen zugunsten hoher nutzbarer Grundflächen in gehobener Qualität. Der Preis ist planmäßig realistisch sowohl für Eigennutzer wie auch Kapitalanleger.
Ludwig: Ein solches Konzept, wenn es denn realistisch umgesetzt wird, wird meines Erachtens funktionieren, denn es wäre ein zielgruppengemäßer Immobilientyp, wobei Kaufpreis und Courtage allerdings zurückhaltend bemessen sein müssen. Der Anleger könnte damit eine bestimmte Rendite erzielen, wenn er entsprechende Bonität und Liquidität hat. Daher wäre ein solcher Immobilientyp auch für den Vertrieb interessant. Die Ausweitung des Immobilienangebotes für kleine und mittlere Einkommen ist unbedingt erforderlich, daher haben auch wir entsprechende Angebote in der Planung.
Walter: Abschließend gesagt ist eine Pauschalisierung der „richtigen" Immobilie grundsätzlich unmöglich, zu viel ist von der individuellen Situation des einzelnen Erwerbers abhängig. Beispielsweise ist die Vermögenssicherung unabhängig vom Einkommen zu sehen, was z. B. im Erbfall bei einem Bezieher mittleren Einkommens die Entscheidung für eine komplett andere Immobilienkategorie als optimal erscheinen lässt als nur unter Berücksichtigung von Liquidität aus Einkommen. Hier ist die Kompetenz des Beraters gefragt.
finanzwelt: Welche Bedeutung hat die regionale Kompetenz des Projektentwicklers?
Walter: Unseres Erachtens ist die regionale Kompetenz des Projektentwicklers entscheidend für den Erfolg einer Immobilienanlage. Ein lokal kompetenter Projektentwickler verfügt über lokale Netzwerke, die ihm den Zugriff auf bspw. die besten Handwerker und Architekten vor Ort ermöglichen, aber auch über direkte Kontakte zum jeweiligen Denkmalschutzamt, Amt für Stadtentwicklung und andere für das Projekt wichtige Stellen. Ein lokal spezialisierter Projektentwickler kennt auch den lokalen Markt, die Entwicklung von Mikrostandort und Makrostandort und weitere für die langfristige Werthaltigkeit der Immobilie entscheidende Parameter.
Georg: All business is local. Ich schließe mich Herrn Walter vollumfänglich an. Unser Unternehmen unterhält daher Baubüros an mehreren Standorten, um jeweils vor Ort kompetent agieren zu können. Eine Zentralisierung – außerhalb der kaufmännischen Funktionen in der Hauptverwaltung – wäre falsch und ein Verlust an lokalem Knowhow. Und gerade dieses lokale Knowhow ist der entscheidende Vorteil für Vertrieb, Berater und vor allem für deren Kunden.
Ludwig: Auch ich sehe den Fokus auf die lokale Kompetenz als wichtig. Bei lokalem Engagement fokussieren sich Denkmalschutzamt und Stadtplanungsamt auf den Projektentwickler und unterstützen das Projekt. Die Vorteile lokaler Kompetenz, auch an mehreren ausgewählten Standorten in Deutschland, werden immer direkt dem Kunden als Erwerber zugute kommen.
Peickert: Als großer Freund einer breiten Auswahl von Immobilien, die dem Kunden speziell unter persönlicher Situationsbetrachtung, aber auch speziell unter Renditeaspekten angeboten werden sollten, unterstütze ich die lokale Kompetenz des Projektentwicklers insoweit, als dass sie zur Immobilienqualität beiträgt.
Walter: Nur ein lokal kompetenter Projektentwickler wird die Zukunftsperspektive einer jeweiligen Lage bzw. eines Immobilienstandorts erkennen können. Einige C-Standorte entwickeln sich aktuell zu B-Standorten, mit allem, was die Werthaltigkeit einer Immobilieninvestition umfasst. Ein Beispiel für diese Entwicklung ist Görlitz, früher in einer Randlage, aber aktuell durch Entwicklung der EU in deren Zentrum gerückt. Eine Stadt mit einem Potenzial von rund 3.500 Baudenkmälern und stabiler Wirtschaftslage, um die ein Naherholungsgebiet gewachsen ist. Vor wenigen Jahren war die Wahrnehmung von Görlitz eine komplett andere. Es erfordert einen lokal kompetenten Projektenwickler, um eine solche Entwicklung vorauszunehmen.
Peickert: Oft vermuten Vermittler und Berater die Potenziale von unbekannten Bund C-Standorten gar nicht. Kommen vor Ort noch Faktoren zusammen wie wenig Arbeitslosigkeit und ein überdurchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen sowie ein Projekt, das überdurchschnittliches Potenzial hat, aber aufgrund der Unbekanntheit des Ortes nur von einem lokal hoch kompetenten Projektentwickler erkannt und erschlossen wurde, so ist es eine hervorragende Wahl für den Erwerber. Solche Projektentwickler sind unsere liebsten Partner.
Georg: Generell lässt sich sagen: Je kleiner der Markt desto wichtiger die lokale Kompetenz, die ein Projektentwickler haben muss.
finanzwelt: Wie erkennt der Vermittler einen geeigneten Immobilien-Projektentwickler?
Walter: Meiner Auffassung nach war dies noch nie so einfach wie heute, denn hier zählen vor allem die Reputation, der Track Record und die Unternehmenskennzahlen wie Kapitalausstattung und Bonität. Schon mit einer Internet-Recherche kann der interessierte Vermittler/ Berater so gut wie alle risikoreichen Kandidaten aussondern. Insofern: Der Vermittler kann sich mit recht einfachen Mitteln informieren und absichern, er muss es bitte aber auch tun.
Ludwig: Für den Vermittler und Berater, besser für deren Kunden, gibt es nur einige wenige richtige Entscheidungskriterien: Wer ist der Partner, den ich vor mir habe? Was ist dessen Track Record? Wie haben sich dessen Projekte von den Zahlen und der Bauqualität her entwickelt? Wie war dessen Vertragstreue und die vertriebliche Unterstützung? Werden diese Fragen positiv beantwortet, so steht eine Zusammenarbeit grundsätzlich unter einem guten Stern. Nicht jeder Bauträger stellt sich mit seinen Projekten diesen Fragen, wir schon.
Georg: Herr Ludwig hat dies absolut korrekt zusammengefasst. Zusätzlich legen wir im Sinne unserer Kunden und Vertriebspartner Wert darauf, dass der Erwerber einer steueroptimierten Immobilie diesen Sachverhalt auch mit seinem Steuerberater und mit seiner Hausbank bespricht, um die Kaufentscheidung unter Berücksichtigung seiner persönlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu treffen. In unserem Falle ist es so, dass zahlreiche Objekte bereits fertiggestellt sind; damit gibt es genügend Referenzobjekte mit entsprechenden Zahlen, die dem Vermittler als Entscheidungsgrundlage dienen.
finanzwelt: Welchen Schlusssatz möchten Sie den Vermittlern, die sich 2015 verstärkt mit der steueroptimierten Immobilie befassen wollen, für das Jahr mitgeben?
Walter: Jeder Vermittler sollte, wenn er 2015 in diesen Markt einsteigt, vorher genau prüfen, was er dort tun will und vor allem mit wem er zusammenarbeiten will.
Ludwig: Berate Deinen Kunden – verkaufe nicht.
Georg: Der Vermittler sollte die verschiedenen Märkte, die es in Deutschland gibt, genau untersuchen und sich dann nach bestem Wissen und Gewissen den Markt aussuchen, den er selber nachvollziehen kann.
Peickert: Schau Dir Deine Partner ganz genau an.
(cs)