Wie steht es um die Zukunft des Euro?
17.10.2017
Prof. Dr. Hans Peter Grüner, Prof. Dr. Michael Wohlgemuth und Felix W. Zulauf (v. li. n. re) beim 2. Feri Sciene Talk / Foto: © FERI
Der "2. FERI Science Talk" beschäftigte sich mit der Zukunft des Euro. Dabei zeigten sich die Diskussionsteilnehmer nur wenig optimistisch.
Mit dem Euro sollte einst die europäische Integration vorangetrieben werden. Doch die Gemeinschaftswährung hat auch ihre Schattenseiten: Eine Staatsschuldenkrise ist längst kein nationales, sondern ein europäisches Problem. Ein Ausstieg aus dem Euro ist längst zum zentralen Thema zahlreicher Parteien in ganz Europa geworden. Wie sieht also die Zukunft des Euro aus? Darüber sprachen namhafte Europa-Experten beim „2. FERI Science Talk“, ausgerichtet vom FERI Cognitive Finance Institute in Bad Homburg.
„Eine wirklich stabile Währungsunion bleibt wohl ein Traum“, sagt Dr. Heinz-Werner Rapp, Leiter des FERI Cognitive Finance Institute. Die Idee eines vereinten Wirtschaftsraums mit einem stabilen Euro stehe aktuell wie nie zuvor auf der Kippe – auch aufgrund der neuen Vorstöße von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Zwar präsentiere die EU-Kommission immer wieder neue Reformideen, diese seien jedoch realitätsfern oder schlicht weltfremd. „Einen wirklich guten Plan für die Zukunft der Währungsunion gibt es nicht“, so Rapp. Besonders bedrohlich erscheine das Problem der sogenannten TARGET-Salden. Diese seien - auch durch die Politik der EZB -erneut stark angestiegen. Aus Sicht der stabilen Euro-Länder, darunter Deutschland, repräsentiere dies zukünftig enormes politisches Erpressungspotential. Ob es Politikern gelingt, die Währungsunion künftig wieder auf eine stabile Basis zu bringen, sei mehr als fraglich. Realistische Szenarien seien deshalb eine fragile „Transferunion“, eine Spaltung mit möglichen Austritten einzelner Länder oder auch der komplette Zerfall der Währungsunion.
Euro als „größter Fehler“
„Der größte Fehler in Europa war die Einführung des Euro“, betont Felix W. Zulauf. „Man hat Europa damit etwas aufgezwungen, das angesichts der unterschiedlichen strukturellen Ausgangslagen in den Ländern wirtschaftlicher Unsinn ist“. Für den Schweizer Anlagestrategen und Vermögensverwalter ist die Einheitswährung sogar Wegbereiter für Zentralismus und damit letztlich Sozialismus.
"Kein Euro ist auch keine Lösung"
Prof. Dr. Hans Peter Grüner, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftspolitik an der Universität Mannheim, betont, dass ein Ende der Gemeinschaftswährung nicht alle Probleme auf einen Schlag lösen wird. „Wir befinden uns in einer Ehe mit erheblichen Ausstiegskosten. Deshalb müssen wir alles daran setzen, um die europäische Währungsunion zukunftsfähig zu machen“. Vor allem im Hinblick auf die südeuropäischen Mitgliedsstaaten und die Forderungen Frankreichs sei es jetzt notwendig, sich flexibel zu zeigen. „Eigentlich ist Europas Wirtschaft über den Berg. Aber die politische Stimmung hinkt der positiven ökonomischen Entwicklung hinterher“, so Grüner, der auch Fellow des Center for Economic Policy Research in London ist.
Europäischer Währungsfonds als Lösung
Dass ein Europäischer Währungsfonds zur Unterstützung der Reformen und zur Lösung der Schuldenproblematik beitragen könnte, hält Prof. Dr. Michael Wohlgemuth von der Universität Witten/Herdecke für denkbar. „Allerdings kommt es auf seine Kompetenzen und die Ausstattung an“. Die EZB werde durch einen solchen Währungsfonds entlastet, fraglich bleibe jedoch die Entscheidungsfindung und die Finanzierung – zumal gerade Deutschland in einem solchen Fonds eine wichtige Rolle als Geldgeber spielen würde.
Einig waren sich die Teilnehmer darin, dass im Zuge der Diskussionen um die Zukunft Europas nicht nur die südeuropäischen Staaten und Frankreichs Präsident Macron den Ton angeben dürften. „Sonst wird Deutschland zum Zahlmeister der Union“, so der Schweizer Investor Felix Zulauf. (ahu)