Warum so bescheiden?

01.03.2015

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Die Verzinsung klassischer Leben- und Rentenversicherungen ist auch 2015 gesunken. Schuld sind die Niedrigzinsphase und die Verpflichtung zur Dotierung der Zinszusatzreserve. Dennoch darf der Vertrieb sich mit den Angeboten nicht verstecken, denn die Rendite liegt weiter deutlich oberhalb vergleichbar sicherer Alternativen. Neue Produkte der Lebensversicherer bieten sogar noch mehr.

Kritik von außen brauchen die deutschen Lebensversicherer nicht mehr, sie verstehen es selbst hervorragend, mögliche Kunden vom Abschluss neuer Policen abzuhalten. Dieser Eindruck drängt sich auf, wenn man offiziellen Statements folgt. Die Ratingagentur Assekurata hatte die Unternehmen jüngst nach Ihren Geschäftserwartungen für 2015 gefragt. Das Ergebnis lässt keinen Zweifel: Tristesse allerorten. Nicht einmal 5 % von insgesamt 45 Gesellschaften, die an der Umfrage teilgenommen hatten, bewerteten die Aussichten für das konventionelle Lebensversicherungssegment positiv. Fast 27 % hingegen blicken sogar sehr negativ gestimmt nach vorne. In vielen anderen Wirtschaftsbranchen würden solche Unternehmenschefs längst darüber sinnieren, den entsprechenden Geschäftsbetrieb gleich ganz einzustellen. Wer nur auf die Vergangenheit fixiert ist, mag dies nachvollziehen können. 4 % garantierte Zinsen und eine Überschussbeteiligung um die 7 % – die Zeiten waren einmal rosig für Versicherer, den Vertrieb und die Kunden, die von sich aus am großen Kuchen partizipieren wollten. Viel Werbung brauchte es dafür nicht.

Und heute?

Die laufende Verzinsung privater Rentenversicherungen ist bei denjenigen 64 Unternehmen, die sich einer Assekurata-Untersuchung gestellt hatten, von 3,40 % im vergangenen Jahr auf 3,16 % in diesem Jahr zurückgegangen. Die voraussichtliche Gesamtverzinsung bei Bewertungsreserven gleich Null eines langfristigen Mustervertrages liegt im Marktdurchschnitt bei 3,80 %, 2014 waren es noch 4,04 %. Dies aber vor allem wegen der zu bildenden Zinszusatzreserve, wie Assekurata-Geschäftsführer Dr. Reiner Will erläutert: „Die finanzielle Vorsorge für die Garantieleistung in den Beständen belastet zunehmend die Verzinsung des Neugeschäfts und damit auch die Attraktivität der konventionellen Lebensversicherung für Neukunden." Immerhin lohnt sich ein Blick auf die Beitragsrendite, also die Verzinsung des gesamten vom Kunden eingezahlten Geldes. Sie liegt bei den von den Kölner Analysten untersuchten Unternehmen, die immerhin einen Anteil am Gesamtbestand in Deutschland von fast 83 % haben, im Neugeschäft im arithmetischen Durchschnitt bei 2,87 % – endfällige Bewertungsreserven nicht mitgerechnet. Allerdings mit einer Spannweite zwischen 1,98 % und 3,99 %. Dennoch empfiehlt das „Verbraucherportal" finanztip.de, das sich selbst auch über Vergütungen für die Vermittlung von Produkten finanziert, zu dem Schluss: „Schließen sie keine klassische Lebens- und Rentenversicherung ab". Und rät stattdessen zu Tages- und Festgeld. Ein mehr als verwunderlicher Rat, gibt es doch bei den derzeit lukrativsten Banken für zwölf Monate kaum mehr als 1,2 % bis 1,5 %. Und das oft auch nur unter bestimmen Bedingungen. Die Consorsbank etwa zahlt 1,2 %, allerdings nur für Neukunden. Der Bestand muss sich mit 0,5 % begnügen. Und die Leipziger Sparkasse, immerhin drittgrößte Sparkasse in den neuen Bundesländern, belohnt Kunden mit 0,05 % für Tagesgeld.

Eigentlich sollten die Vermittler von klassischen Lebens- und

Rentenversicherungen mit stolzgeschwellter Brust durch die

Türen ihrer Kunden gehen.

Doch die bleiben immer häufiger verschlossen. Rund 1,5 Millionen Policen werden im Jahr nur noch abgeschlossen, vor einem Jahrzehnt lag die Zahl noch bei 2,8 Millionen. Grund genug für immer mehr Lebensversicherer, neue Produkte mit abgespeckten Garantien und höherer zu erwartender Rendite auf den Markt zu bringen. Ende Januar 2015 ist die Debeka mit einer neuen „chancenorientierten" Rentenversicherung gestartet. Hierbei wird der laufende Überschuss gegenüber dem klassischen Produkt erhöht und in den Indexfonds „iShares STOXX Europe 600 UCITS ETF (DE)" gesteckt. Managementkosten fallen keine an. Die höhere laufende Überschussbeteiligung kommt aus einer Reduzierung des Garantiezinses auf 0,5 % in der Ansparphase. Debeka-Vorstand Roland Weber setzt große Erwartungen in das neue Angebot: „Wir gehen davon aus, dass das neue Produkt auf hohe Nachfrage bei den Verbrauchern stößt." Nahezu zeitgleich präsentierte die Basler ihre neue PrivatRente Invest. Sie soll die Grenzen zwischen konventionellem Produkt und Fondspolice aufheben. Die Kunden können sowohl in den Deckungsstock als auch in Investmentfonds investieren. Diese Verteilung kann beliebig oft verändert werden, bis zu zwölf Mal im Jahr kostenlos. Markus Jost, Leben-Vorstand im Unternehmen, sieht diesen Schritt als längst über fällig an: „Vielleicht hat es diese extreme Niedrigzinsphase gebraucht, um konsequent alle Hebel zur Optimierung unseres Rententarifs in Gang zu setzen." Im aktuellen Zinsumfeld reiche ein konventioneller Tarif nicht mehr aus, um die wachsende Vorsorgelücke zu schließen. Ähnlich sieht das Gerhard Frieg, beim HDI Vorstand für Produktmanagement und Marketing. Sein Unternehmen bietet die Mitte 2014 gegen Einmalbeitrag eingeführte TwoTrust Selekt Privatrente seit wenigen Wochen auch gegen laufenden Beitrag an. Hierbei können die Kunden jährlich zwischen einer klassischen Überschussbeteiligung und einer Teilhabe an einem Mix aus derzeit sechs internationalen Aktien-Indizes wählen. Frieg: „Die niedrigen Zinsen sind politisch motiviert und werden uns noch länger beschäftigen. In dieser Situation suchen Kunden eine verlässliche und gleichzeitig renditestärkere Möglichkeit als die bisherigen konventionellen Konzepte, um eine zukunftssichere Alters vorsorge aufzubauen." Auch andere Versicherer sind aktiv geworden. So bieten der VOLKSWOHL BUND und die Nürnberger bspw. ähnlich der Debeka mit „Klassik modern" eine Verbindung aus Deckungsstock und Indexfonds. Allesamt bestätigen sie damit einen Trend, den Assekurata jüngst meldete: Im Hinblick auf die Geschäftschancen fondsgebundener Lebensversicherungen äußerten sich insgesamt rund 58 % der befragten Unternehmen positiv. _(hwt)

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Lebensversicherungen - Onlineausgabe 01/2015