Was bringen europäische High-Yield-Anleihen?

30.08.2017

Ottmar Wolf, Vorstand Wallrich & Wolf Asset Management AG / Foto: © Wallrich & Wolf Asset Management AG

Viele Assetklassen scheinen derzeit „priced to perfection“ zu sein. Dies gilt auch für das Segment der europäischen Hochzins- Unternehmensanleihen. Gleichzeitig befinden wir uns aber auch in einem äußerst konstruktiven Umfeld: Die Konjunktur in Europa zieht kräftig an, die Inflation ist nach wie vor sehr niedrig und noch hält die EZB die Geldschleusen weiter offen.

Europäische Unternehmensanleihen mit einem spekulativen Rating (BB und schlechter) weisen aktuell im Durchschnitt einen Zinsvorsprung gegenüber Bundesanleihen von rund 2,4 Prozent bzw. einen Credit Spread von ca. 250 Basispunkten auf. Damit ist dieses Segment auf den ersten Blick allenfalls noch auf relativer Basis, etwa im Vergleich zu Bundesanleihen oder Immobilien, interessant.

Auf den zweiten Blick ist aber auch festzustellen, dass das aktuelle Makroumfeld gerade die Assetklasse „European Corporate High Yield“ begünstigt. Zu nennen sind hier die endlich wieder florierende Wirtschaft in Europa, die weiterhin sehr tiefen Zinsen (Stichwort „Anlagenotstand“), die fortgesetzten Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank sowie der gute Zugang zu Finanzierungen für die Unternehmen und die nach wie vor sehr niedrigen Ausfallraten.

Geholfen hat zuletzt auch das Abklingen der politischen Risiken. Das Duo Merkel/Macron (kurz: „MerCron“) gilt inzwischen als Hoffnungsträger für ein wieder stabileres Europa. Deutlich erholt hat sich inzwischen auch der europäische Bankensektor, der noch im letzten Jahr als erheblicher Risikofaktor galt.

Welche Strategie ergibt sich daraus

Die „EZB-Welle“ kann noch weiter mitgeritten werden, zumal es kaum Defaults gibt und nach wie vor ein „Relative Value“ vorhanden ist. Aber es sollte mit „angezogener Handbremse“ investiert werden. Ein Zeichen für die aktuell gute Stimmung am High Yield Markt ist das Zusammenlaufen der BB und Single-B- Renditen.

Das Überprüfen der Chance-Risiko-Profile einzelner Hochzinspapiere ist wichtiger denn je. Einige Single-B-Anleihen handeln mit einer Yield to worst von unter zwei Prozent. Hier bieten sich Gewinnrealisierungen an. Gleichzeitig existieren nach wie vor sinnvolle Investitionsmöglichkeiten mit attraktiven Renditen. Eine verstärkte Allokation marktunabhängiger Portfoliotiteln, bei denen das spezifische Emittenten-Risiko im Mittelpunkt steht – evtl. in Kombination mit der Erwartung positiver Corporate Events – erscheint sinnvoll.

Ordentlich „Speck am Knochen“ ist auch bei Neuemissionen vorhanden. Wenngleich die Zuteilungsquoten am Primärmarkt eher gering sind, ist ein sekundärer Erwerb kurz nach der Platzierung oftmals noch zu Kursen um Pari möglich. Nach einem eher ruhigen ersten Halbjahr dürfte die Anzahl der Neuemissionen in der zweiten Jahreshälfte wieder anziehen. Typischerweise haben solche neuen Anleihen mit Single-B-Rating einen Credit Spread im Bereich von 450 bis 600 Basispunkten.

Vor jedem Investment erfolgt eine Einschätzung der Risiken. Dabei stellen die Analyse der Bilanz (Verschuldungsgrad, Liquidität, …) sowie der Gewinn- und Verlustrechnung (EBITDA, Free Cash Flow, …) wichtige Entscheidungsgrundlagen dar. Das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf der qualitativen Kreditanalyse. Vereinfacht gesagt wird untersucht, ob das Geschäftsmodell werthaltig und stabil ist, wobei das hausinterne Credit Scoring Modell hierzu rund 20 Kriterien abfragt. Weitere Bausteine sind die Prospektanalyse und eine Einschätzung der Refinanzierungsmöglichkeiten.

Unser Fazit: Während der breite High Yield Markt auf absoluter Basis betrachtet durchaus an eine abgegraste Wiese erinnert, finden sich auf selektiver Basis immer noch echte Hochzinspapiere mit „Speck am Knochen“ (Renditen jenseits von fünf Prozent), die ein gutes Chance-Risiko-Profil aufweisen.

Kolumne von Ottmar Wolf, Vorstand der Vermögensverwaltung Wallrich Wolf Asset Management AG in Frankfurt