Unternehmen im Blindflug

14.12.2020

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Sören Brokamp von HDI hingegen sieht Licht am Horizont: „Unser Portfolio wächst merklich. Wir stellen fest, dass das Cyber-Risiko zunehmend wahrgenommen und eine Cyber-Versicherung als geeigneter Baustein im Schutz dagegen gesehen wird.“ Jedoch müsste man von deutlich höheren Wachstumsraten ausgehen, wenn es sich um das größte Risiko für ein Unternehmen handelt. Hier dürfte nach wie vor das Problem sein, dass das Risiko einer Cyber-Attacke generell als sehr groß angesehen, aber das individuelle Risiko noch gering eingeschätzt werde. Aus der Schadenpraxis gehe hervor, dass dies ein gefährlicher Irrglaube sein könne.

Corona-Pandemie kommt Kriminellen zugute

Wie der TÜV angemahnt hat, wird sich die Corona-Pandemie direkt auf die Sicherheitslage der Unternehmen auswirken. Cyber-Kriminelle werden sich diese Notsituation umgehend zunutze machen. Welche Auswirkungen aber werden Corona und die sich dadurch beschleunigende Digitalisierung auf die tatsächlichen Neuabschlüsse haben? Tessartz sieht hier für die Versicherungsbranche ein echtes Geschäftspotenzial: Es zeigt sich bereits jetzt, dass die Coronakrise zu einem regelrechten Digitalisierungsschub führe. Eine stärkere Digitalisierung führe zwangsläufig aber auch zu einer stärkeren Abhängigkeit von der IT. Oder anderes herum: erhöhe die Anfälligkeit gegenüber digitalen Risiken. Genau solche Risken decke eine Cyber-Versicherung ab. „Insofern gehen wir davon aus, dass die beschleunigte Digitalisierung zu einer noch stärker steigenden Nachfrage nach Cyber-Policen führt.“ Auch Brokamp zeigt sich äußerst optimistisch: „Kurzfristig hat Corona zu einer Delle in der Nachfrage geführt. Unternehmen hatten letztlich andere Sorgen. Mittelfristig wird Corona die Nachfrage nach Cyber erhöhen.“ Letztlich habe sich zum einen die Digitalisierung beschleunigt, und zum anderen hätten viele Unternehmen gespürt, wie abhängig sie von der Technik und insbesondere den Onlineanbindungen seien. Und aufgrund dieser Abhängigkeit steige auch das Bedürfnis nach geeignetem Schutz durch eine Cyber-Versicherung. Nicht ganz so erwartungsvoll beurteilt Schluchter die Situation: „Zu Beginn der COVID-19 Pandemie war es für Unternehmen wichtig, dass ihre Mitarbeiter technisch so ausgestattet werden, dass sie aus dem Homeoffice arbeiten konnten, um den Tagesbetrieb aufrecht zu halten. Mit der steigenden Zahl an Homeoffice-Arbeitsplätze stiegen jedoch auch die Risiken für die Unternehmen.“ Wichtig sei es, dass bei der Digitalisierung darauf geachtet werde, dass die eingesetzte Technik auch richtig abgesichert sei. Wenn beispielsweise Homeoffice oder mobiles Arbeiten durch Bring-your-own-Device (BYOD) realisiert werde, sei auch ein Mobile Device Management erforderlich. Nur dann könnten sichere VPN-Leitungen aufgebaut werden. Er sagt aber auch: „Corona wirkt sich nicht unmittelbar auf die Abschlusszahlen aus, aber auf die Risiken, welchen die Betriebe ausgesetzt sind.“ Je stärker ein KMU auf IT-gestützte Arbeitsabläufe zurückgreife, umso höher sei der mögliche Schaden, wenn bei einer Cyber-Attacke beispielsweise Daten verschlüsselt würden und die Produktion in den Betrieben stillstehe. (hdm)