Umdenken und sich von alten Fesseln lösen

03.08.2015

Foto: © Andrey Kiselev - Fotolia.com

Niemand kann behaupten, dass Makler Berufsunfähigkeitsversicherungen wie geschnitten Brot verkaufen. Und das ist nicht erst so, seit die Versicherer selbst den Markt durch ihre Beitragsspreizung gegen viele Risiken abschotten. Der Vertrieb kann aber jetzt hoffen, dass die neuen BU-Alternativen ihnen den Zugang zu den Kunden erleichtern.

Lexika zum Thema Versicherung mussten in den vergangenen Jahren in immer kürzeren Abständen aktualisiert werden. Ganz besonders betrifft dies die Kapitel zur Berufsunfähigkeit. Denn die Versicherer bringen immer neue Spielarten von Produkten auf den Markt, die zur standardmäßigen Berufsunfähigkeitsversicherung hinzu erfasst werden müssen. Da gibt es die Dread Disease oder Schwere-Krankheiten-Versicherung. Sie leistet im Versicherungsfall vorzugsweise einmalige Kapitalauszahlungen und wird seitens der Makler in erster Linie als Keyman-Absicherung Wirtschaftsunternehmen, aber auch Freiberuflern und Selbstständigen zugeordnet. Dabei ist sie gerade wegen ihrer Eigenschaft einer Kapitalzahlung zu weit mehr imstande und könnte durchaus auch in Familien eine aufnahmebereite Zielgruppe finden. Und es gibt Grundfähigkeitenversicherung sowie Multirisk-Modelle. Alt bekannt sind hingegen die Unfallversicherung und die Erwerbsunfähigkeitsversicherung, wenngleich Letztere in der jüngeren Zeit eine regelrechte Renaissance erlebt. Saftige Beitragserhöhungen in der BU für eher risikobehaftete Berufsgruppen verleihen ihr regelrecht Flügel. Also: Eine Menge Alternativen zur Berufsunfähigkeitsversicherung beziehungsweise sinnvolle Zusatzdeckungen.

Doch wie bekommt man die bisher auf BU

fixierten Makler – und Kunden – zum Umdenken?

Haben sie doch vor nicht allzu langer Zeit, die neuen Bedarfslösungen überwiegend eher in die Nische verbannt – quasi als „nice to have“. Maximilian Buddecke, Leiter Maklervertrieb in der Versicherungsgruppe die Bayerische, hält durchaus einen langen Atem für angebracht: „Durch das gemeinsame Verständnis, dass Alternativlösungen keine ‚Schmuddelkinder‘ sind und durchaus zu einer guten Beratung gehören, können Makler zum Umdenken bewegt werden. Natürlich auch durch regelmäßige Kommunikation, Schulungen sowie guten Beratungstools.“ Und dann noch der nächste Aspekt. Auch die Bundesbürger selbst waren ja bislang in der Mehrzahl vornehmlich auf BU-Schutz abonniert. Bedarf es bei ihnen keines grundlegenden Mentalitätswandels, damit sie sich auf die neue Produktwelt einlassen? Christian Gesell, Produktmanager Existenzschutzversicherung bei AXA, erkennt aber erste Ausschläge bei der Informationsnachfrage seitens der Kunden nach Alternativen: „AXA bietet seit knapp zehn Jahren Alternativlösungen zur Arbeitskraftsicherung. In den letzten zwei bis drei Jahren rückten BU-Alternativen auch durch namhafte Vergleicher in den Fokus. Auch dadurch stieg die Nachfrage.“

Aufklärung tut not.

Denn die Beitragsspreizung und die Versicherbarkeit vieler Bürger sind nur die eine Seite der Medaille, wenn es um die Frage geht, warum schon die Berufsunfähigkeitsversicherung einen in weiten Kreisen der Bevölkerung eher überschaubaren Widerhall gefunden hat und wie dies angesichts der nun vorhandenen Produktvielfalt vermieden werden kann. In schöne Regelmäßigkeit zeigen nämlich auch Befragungen durch die Versicherer immer wieder, dass die tatsächliche Durchdringung der Bevölkerung mit entsprechendem Versicherungsschutz durchaus auch vom Bildungsstand der Betroffenen abhängt. Vor allem Menschen mit niedrigerer Bildung und entsprechend geringerem Einkommen zeigen sich gegenüber dem Abschluss einer Police besonders reserviert. Kann es am Ende die sehr preiswerte Erwerbsunfähigkeits-Versicherung richten? Edgar Heck, Leiter Risikoprodukte Vorsorge bei AXA, sieht dies eher begrenzt: „Die BU ist und bleibt das Produkt mit der umfassendsten Absicherung für den Kunden. Aber Alternativen wie Existenzschutzversicherung und EU haben ihre Berechtigung, da sie für Berufe mit höheren Risiken einen attraktiveren Preis bieten.“ Wichtig sei es für die Kunden, die richtige, damit auskömmliche und bezahlbare Absicherung zu finden, und dafür stellten diese Produkte gute Alternativen dar. Buddecke sieht sie als besonders attraktiv für Kunden mit kleinerem Budget an: „In der Abstufung der Qualität gehört die EU definitiv in diesen Beratungsprozess. Eine Beimischung aufgrund mangelnder Liquidität beim Kunden in sein Konzept zur Absicherung der Arbeitskraft oder der Einkommenssicherung kann durchaus sinnvoll sein.“

Die neuen Alternativen zur BU sind auch

Alternativen für schmälere Geldbeutel.

So erklärt Peter Schneider, Geschäftsführer des Analysehauses MORGEN & MORGEN: „Für die Menschen, die in der Lage sind, aufgrund des Preises ihres Berufes oder Gesundheitszustandes eine ausreichende Berufsunfähigkeitsabsicherung zu erhalten, ist dieses Produkt aus unserer Sicht weiterhin erste Wahl. Aber natürlich bietet die Möglichkeit der Kombination einer BU mit z. B. einer Funktionellen Invalidität in Einzelfällen die Möglichkeit, bedarfsgerechte und auch bezahlbare Lösungen für den Kunden vorzuhalten.“ Und vielleicht kommt ja noch etwas nach, die Palette ist offenbar noch nicht ausgereizt. Buddecke hierzu: „Sag niemals nie. Der Markt wird hier immer innovativer, und der Wettbewerb gerade im Maklervertrieb verpflichtet auch zur Innovation. Das ist gut so.“ Aktuell biete die Bayerische etwa eine Unfallpolice, die nach dem Haftpflichtprinzip leiste und damit auch den Verdienstausfall abdecke. Dies sei am Markt eine echte Innovation. Bei all dem spielt auch eine Rolle, inwieweit Makler von den Versicherern IT-technisch an die Hand genommen werden. Gesell sieht sein Haus da auf einem guten Weg: „AXA bietet Maklern eine Online-Plattform für die Kombination der BU und ESV. Auf dieser Plattform kann anhand eines Schiebereglers die Rentensumme zwischen BU und ESV aufgeteilt werden, so dass Makler Bedarfslücken bei Kunden schließen können.“ Des Weiteren erhielten Makler Broschüren mit echten Leistungsbeispielen, um den Leistungsanspruch der ESV darstellen zu können. (hwt)

finanzwelt extra 04/2015 I Arbeitskraftsicherung