„Trotz mancher Schwierigkeit gibt es keinen Grund, schwarz zu sehen“

10.07.2018

Uwe Burkert, Chefvolkswirt LBBW / Foto: © LBBW

Wann steigen denn die Zinsen wieder?

Wie sich der DAX tatsächlich entwickeln wird, hängt entscheidend von den Zinsen ab. Wann die Zinsen wieder steigen, vermag Uwe Burkert nicht zu sagen. Die LBBW geht davon aus, dass frühestens im Herbst 2019 eine Erhöhung des Einlagesatzes erfolgen wird. „Am 25. September ist die letzte EZB-Sitzung unter Mario Draghi. Möglicherweise wird da eine Zinsanhebung beschlossen. Ich weiß nicht, ob Draghi der erste EZB-Präsident sein will, unter dem die Zinsen nie angehoben wurden“, so Uwe Burkert.

Abgeschwächte Dynamik bei Immobilien

Von der aktuellen Zinslage profitieren neben Aktien auch Immobilien. So haben sich die seit 2010 anhaltenden Preissteigerungen in dieser Assetklasse auch im vergangenen Jahr fortgesetzt. „Die Preise am Gesamtmarkt stiegen 2017 um durchschnittlich 8 %, wobei Wohnimmobilien um 8,3 % und Gewerbeimmobilien um 7 % zulegten“, berichtet Uwe Burkert, der damit rechnet, dass sich diese starken Preissteigerungen abschwächen werden. Dies bedeute aber nicht, dass damit das Ende der Fahnenstange erreicht sei: „Trotz der Preissteigerungen der vergangenen Jahre befinden wir uns noch nicht auf dem Höhepunkt“.

Deutschland hatte Nachholbedarf

Seit 2010 sind die Immobilienpreise in Deutschland um 45 % gestiegen. Hierzu hat besonders der Wohnimmobilienmarkt beigetragen, wo die Preise um 48 % höher als noch 2010 liegen. Allerdings seien diese Preissteigerungen im europäischen Vergleich noch moderat, wie Uwe Burkert betont. So sei die aktuelle Preisentwicklung besonders darauf zurückzuführen, dass Deutschland noch einen gewissen Nachholbedarf gegenüber anderen europäischen Ländern wie Spanien, Irland oder Großbritannien gehabt habe, wo die Preise in den vergangenen Jahrzehnten gestiegen seien, während sie in Deutschland bis 2010 stabil blieben. „Das ist vor allem auf die relativ konservative Finanzierungsstruktur mit langen Zeiträumen, fixem Zins und regelmäßigen Tilgungen zurückzuführen“, begründet Uwe Burkert.

Überbewertung ja, Blase nein

Eine Studie von LBBW-Research, bei der die Entwicklung der deutschen Immobilienmärkte untersucht wurde, zeigt, dass die deutschen A-Städte um 38 % überbewertet sind. Ein wesentlicher Grund hierfür liege in der anhaltenden Urbanisierung. So seien die deutschen A-Städte aufgrund ihrer Marktgröße für nationale und internationale Investoren interessant. Zudem seien Eigentumswohnungen vor allem wegen der unterschiedlichen Preisentwicklungen deutlich höher bewertet als Einfamilienhäuser. Trotz der Überbewertung sieht LBBW Research bislang keine Anzeichen einer Blase. So seien Immobilien gemessen an wichtigen Kennzahlen weiter unterhalb des langfristigen Durchschnitts bewertet. Zudem lag das Kreditwachstum am Ende des ersten Quartals mit 4,7 % immer noch knapp unter dem langjährigen Durchschnitt seit Januar 1982 und heute (4,8 %). Also werden heute nicht übermäßig viele Immobilienkäufe finanziert. „Um von einer Blase zu sprechen, müsste es neben einem überzogenen Bewertungsniveau auch viele spekulative Käufe auf Pump geben“, zerstreut Burkert Ängste vor einer Immobilienblase. „All das ist nicht der Fall. Allerdings sind die Voraussetzungen für das Entstehen einer Blase zweifellos vorhanden", räumt der LBBW-Chefvolkswirt gleichzeitig ein, dass die Gefahr noch nicht völlig aus der Welt sei. Dafür spreche etwa das anhaltende Niedrigzinsumfeld, das insbesondere institutionelle Anleger auf der Suche nach einer auskömmlichen Rendite bei Immobilien zugreifen lasse. Derzeit seien zwar die Wohnungspreise in den sieben wichtigsten deutschen Städten übertrieben hoch. Dies gelte aber nicht für die kleineren untersuchten Städte. (ahu)

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