Träume, Blasen, Knoten – alles geplatzt

19.07.2015

„Griechenland zum ersten, Griechenland zum zweiten, …“ Bezeichnenderweise stammt der gordische Knoten aus der griechischen Mythologie. Und die Vertrauensbasis zwischen Hellas und dem Rest der Europäischen Union (EU) ist mittlerweile so dermaßen gestört, dass es nun so oder so eines radikalen Schwerthiebs bedurfte.

Der ist nun anscheinend da. Für die Finanzmärkte sollte damit das Thema Griechenland durch sein. Ein paar politische Nachzuckungen sind zwar weiterhin möglich, aber der große Schock kommt nicht mehr. Und sollte es sich die griechische Regierung doch wieder anders überlegen, gibt es mittlerweile sogar einen Masterplan für den Grexit. Insofern ist Europa vorbereitet.

Für die Griechen selbst wird es bitter. Auch wenn ihr „OXI“ (Nein) im Referendum nicht gegen Europa gemünzt sein mag; die Hoffnung, um Reformen herumzukommen und einfach weiter machen zu können wie vorher, ist eine Illusion. Die Reformunwilligkeit der griechischen Regierung hat das Land endgültig im Schuldenmorast einsinken lassen. Die Ausgangsbasis ist noch schlechter als vor einigen Monaten, selbst wenn die restlichen EU-Mitglieder die Hellenen aus humanitären Gründen nicht hängen lassen werden.

Der Griechen-Traum ist auf alle Fälle erst mal geplatzt.

Auch am anderen Ende der Welt platzen gerade Träume: Chinas Börse ist im Sturzflug. So schnell wie chinesische Aktien in den letzten Monaten in den Himmel geschossen sind, so schnell verlieren sie an Boden. Seit Jahren wird Chinas Wirtschaftsentwicklung von der Welt mit Argusaugen beobachtet. Über Jahre hinweg haben sich die Wachstumszahlen kontinuierlich nach unten bewegt. Mit sieben Prozent Wirtschaftswachstum steht China gegenüber den Industriestaaten weiterhin sehr gut da, aber für das riesige Land ist das fast zu wenig, um sich selbst fortzuentwickeln. Fünf Jahre zermürbende Konsolidierung war die Folge am chinesischen Aktienmarkt.

40 Prozent haben die Aktien an der Börse Shanghai zwischen Mitte 2009 und Mitte 2014 verloren. Doch plötzlich platzte auch hier der Knoten: Ab August 2014 explodierten chinesische Aktien nach oben. Der Shanghai-Index legte in zwölf Monaten um 150 Prozent zu. Doch am Schluss war allen klar: Das ist eine Blase. Die Kursniveaus hatten nichts mehr mit der Realität zu tun. Chinesische Anleger sind wie Lemmingen auf den fahrenden Zug aufgesprungen und haben das Börsenfieber – auch auf Pump – immer weiter angetrieben. Zwar sind nur 15 Prozent der Chinesen in Aktien engagiert, aber für diese ist die Party vorbei. Seit Mitte Juni platzt die Blase: In nur vier Wochen sind 30 Prozent Verlust angefallen – obwohl sich die chinesische Regierung eingeschaltet hat mit Restriktionen für Aktienverkäufe sowie einem Verbot von Leerverkäufen, und obwohl mittlerweile die Hälfte der Kurse vom Handel ausgesetzt wurde. Bisher hat es nicht wirklich geholfen.

Manch einer warnt schon, dass aus dem lokalen chinesischen Sturm ein Taifun für die Emerging Markets und eventuell auch für die Welt-Aktienmärkte werden könnte. Zumindest drückt es die Stimmung an der amerikanischen Wall Street mehr als das Griechenland-Thema. Die Situation in China ist jedoch sehr speziell. Heftige Schwankungen sind in Fernost nichts Ungewöhnliches. Europäische und amerikanische Aktientitel hingegen sind sicherlich nicht mehr billig, aber von einer Blase kann nicht die Rede sein.

Obwohl die westlichen Notenbanken jede Menge Liquidität in den Markt gepumpt haben, sind die Preissteigerungen bei Aktien im Vergleich zu Immobilien und Kunst immer noch als moderat zu bezeichnen. Das Umfeld des Niedrigzinsniveaus spricht hierzulande deshalb weiterhin für die Aktienanlage. Aber eines kann man nicht leugnen: Das Zinsniveau ist nach unten verzerrt. Eines Tages könnte auch hier die Liquiditätsblase platzen.

Autor: Dr. Marc-Oliver Lux von Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München