StVO-Novelle: Kampf gegen die Mäusefalle geht weiter
27.04.2021
Dr. Michael Haberland, Präsident "Mobil in Deutschland" / Foto: © Mobil in Deutschland
Ein Teilerfolg für die Autofahrer – so könnte der aktuelle Kompromiss der Verkehrsminister von Bund und Ländern betitelt werden. Nach rund einem Jahr des Hickhacks um die Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) steht fest: Es wird doch keine Fahrverbote bei geringem Überschreiten von Tempolimits geben. Entscheidend dazu beigetragen hat eine Online-Petition, die von den Vereinen Mobil in Deutschland und vom AvD unterstützt wurde. Nach diesem Etappensieg geht nun ihr Kampf gegen die „Mäusefalle“ weiter.
Denn der Staat hat es zwar nicht mehr so schnell auf den Führerschein der Bürger abgesehen – dafür aber weiterhin auf das Portemonnaie. Die Neuregelungen bedeuten verschärfte Bußgelder für eine Vielzahl von Verstößen gegen die StVO. Zu schnelles Fahren kostet laut Beschluss teilweise das doppelte. So sollen für eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 15 km/h 50 Euro statt bisher 25 Euro fällig werden. Außerorts sollen Autofahrer bei einer Überschreitung von 20 km/h zukünftig 60 anstelle von 30 Euro zahlen. Außerdem haben sich Bund und Länder auf höhere Bußen für das Nichtbilden oder unberechtigtes Durchfahren der Rettungsgasse, für Halten in zweiter Reihe und auf Rad und Gehwegen oder das Zuparken von Behindertenparkplätzen und Ladesäulen geeinigt.
Ein Fehler in jedem zweiten Bußgeldbescheid
Der Automobilclub von Deutschland (AvD) findet diese Verschärfung von Strafen unnötig. Denn die meisten Autofahrer hielten sich bereits an die Regeln, so der AvD. Das zeige sich unter anderem an den Entwicklungen der Unfall- und Unfallopferzahlen. Diese erreichten in den Jahren 2019 und 2020 nämlich die niedrigsten je registrierten Werte. Statt einer zu laschen Sanktionierung identifiziert der Automobilclub eine unzureichende Durchsetzung der bestehenden Verkehrsregeln als das eigentliche Problem. Die zu geringe Anzahl an Kontrollen solle durch abschreckend harte Strafen kompensiert werden.
Der Verein Mobil in Deutschland hat hierfür extra ein Verbraucherportal eingerichtet. Auf Anti-Bussgeld.de können Betroffene ihren Bußgeldbescheid von erfahrenen Fachanwälten prüfen lassen – und zwar kostenlos. „Die Erstberatung und Vorprüfung ist in jedem Fall kostenfrei,“ bestätigt Dr. Michael Haberland, der Präsident von Mobil in Deutschland. „Entscheidet sich der Betroffene für einen Einspruch, werden die entstehenden Kosten in der Regel über die Rechtschutzversicherung abgedeckt.“ Oftmals lohnt sich diese Entscheidung, denn: „Rund jeder zweite Bußgeldbescheid ist entweder falsch oder fehlerhaft,“ so Dr. Haberland.
[caption id="attachment_140652" align="alignnone" width="640"] AvD-Generalsekretär Lutz Leif Linden / Foto: © AvD[/caption]
Erfolgreiche Petition verhindert Führerscheinfalle
Trotz der Mäusefalle freuen sich der AvD und Mobil in Deutschland über ihren Sieg im Kampf gegen die Führerscheinfalle – auch dank starker Beteiligung an der Online-Petition „Führerscheinfalle der StVO-Novelle rückgängig machen.“ Dr. Haberland hatte sie im April 2020 gestartet. Unterstützung erhielt er dabei vom AvD, der zur Unterschrift aufgerufen hatte. finanzwelt tat das gleiche, denn viele Vermittler sind beruflich auf ihren Führerschein angewiesen. Das Anliegen fand rund 165.000 Befürworter. „Es ist ein riesiger Erfolg für unsere Petition und für die Autofahrer in Deutschland,“ freut sich Dr. Haberland. „Es zeigt wieder mal deutlich, dass man zusammen einiges erreichen kann.“ AvD-Generalsekretär Lutz Leif Linden resümiert: „Fahrverbote bei geringfügigen Tempoüberschreitungen sind endlich vom Tisch.“
In der Originalfassung der StVO-Novelle drohten schon bei relativ geringen Geschwindigkeitsübertretungen von 21 km/h innerorts ein Fahrverbot. Nach dem Beschluss dieser drakonischen Strafen leisteten die Autofahrer über ein Jahr lang entschiedene Gegenwehr. Die Fronten verhärteten sich und verliefen entlang ideologischer Gräben. Ein Formfehler bei den Änderungen sorgte in der Zeit zusätzlich für Verwirrung und Unsicherheit. Entsprechend erleichtert zeigt sich nun Herr Linden: „Die bisherige Blockadehaltung ist beendet, der Fehler wurde korrigiert und es ist wieder Rechtssicherheit hergestellt.“ Der AvD geht davon aus, dass das Gesetzgebungsverfahren bis spätestens zum Ende der aktuellen Legislatur abgeschlossen werden kann.