Strukturen für jede Marktlage

22.05.2019

Lars Brandau, Geschäftsführer Deutscher Derivate Verband / Foto: © Deutscher Derivate Verband

Bis dato verlief das laufende Kapitalmarktjahr erfolgreich. Das entgegen manchen Prognosen, die zumindest eine Konsolidierung erwarteten. Aber wie geht es nun weiter? Sell in May and go away? Und wie ließen sich möglicherweise Gewinne in seitwärtstendierenden Märkten einfahren? Das und wie die Zertifikatebranche zum Thema Nachhaltigkeit positioniert ist, erläuterte Lars Brandau, Geschäftsführer der Deutschen Derivate Verbands (DDV) im finanzwelt-Talk.

finanzwelt: Mit Blick auf das Kapitalmarktumfeld, ist es für Anleger derzeit noch ratsam, einzusteigen oder doch lieber abzuwarten?

Brandau: Das lässt sich nicht mit einem ja oder nein beantworten. Erstens erwischt man so gut wie nie den „richtigen“ Zeitpunkt und zweitens ist der Einstieg immer auch eine individuelle Angelegenheit und abhängig vom Bestand des bis dato allokierten Depots. Die meisten Bundesbürger wollen ohnehin sparen und haben einen eher langfristigen Anlagehorizont, so dass der Einstiegszeitpunkt eher sekundär ist. Natürlich war die bisherige Entwicklung an den Kapitalmärkten durchaus erfreulich. Die Verluste aus dem Endquartal des Vorjahres wurden wettgemacht und die Leitindizes notieren aktuell im Plus. Das BIP-Wachstum in den USA ist im ersten Quartal besser ausgefallen als erwartet, und auch Deutschland ist zuletzt ordentlich gewachsen. Eine natürliche Skepsis ist aber sicher nicht von der Hand zu weisen.

finanzwelt: Welche strukturierten Wertpapiere werden in der aktuellen Situation nachgefragt?

Brandau: Zum einen hat das Thema Sicherheit in den zurückliegenden Monaten bei den Anlegern wieder an Bedeutung zugenommen. So ist das investierte Volumen in strukturierte Anleihen gestiegen. Dies sind verzinsliche Wertpapiere, die sich durch unterschiedliche Zusatzbedingungen auszeichnen. Die Höhe des Zinsbetrags kann dabei von der Wertentwicklung des zugrundeliegenden Basiswerts abhängen. Bei Endfälligkeit bieten diese Papiere 100%-igen Kapitalschutz. Da sie oftmals etwas schlechter eingestuft werden als normale Anleihen des gleichen Emittenten, weisen sie im Durchschnitt aber eine höhere Verzinsung auf. Zum anderen ist das Volumen in Express-Papiere weiter ansteigend. Knapp 30 % des Gesamtmarkts sind in diesen Produkten verteilt. Das hat zwangsläufig etwas mit deren Eigenschaften zu tun. Hier wird die Wertentwicklung des zugrundeliegenden Basiswerts gegenüber dessen Startkurs in bestimmten Zeitintervallen (z. B. jährlich) überprüft. Liegt dabei der aktuelle Kurs über dem Startkurs, erhält der Anleger den Nennwert des Zertifikats und einen festgelegten Zusatzbetrag vorzeitig zurück. Insofern besteht die Chance auf einen relativ kurzfristig zu erzielenden Ertrag. Bei Kursverlusten greift zudem ein Sicherheitspuffer, der Kursrückschläge bis zu einem vorher festgelegten Wert auffängt.

finanzwelt: Die Zertifikatebranche ist für ihre Innovationen bekannt. Wie stehen Sie zum Thema nachhaltiges Investieren?

Brandau: Hier ist einiges in Bewegung und wir als DDV begleiten diesen Prozess sehr aktiv. Die zunehmende Nachhaltigkeitsbewegung in der Finanzindustrie ist grundsätzlich begrüßenswert. Hierzu hatte die EU-Kommission zahlreiche Legislativmaßnahmen im Rahmen des EU-Aktionsplans zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums vorgelegt, die dem Gesamtthema Rückenwind verleihen. Auch eine Verordnung, die auf die Unterbindung von „Grünfärberei" abzielt, wurde von den entsprechenden Gremien angenommen. Aktuell steht jedoch die durchaus löbliche Einführung eines einheitlichen EU-Klassifizierungssystems ("Taxonomie") nachhaltiger Wirtschaftstätigkeit noch aus. Sobald insbesondere die Fragen der Taxonomie geklärt sind, wird es sehr wahrscheinlich auch entsprechende Basket-Angebote geben.