Sehnsucht nach Sicherheit und Rendite: Allheilmittel Immobilieninvest?
25.07.2016
Dr. Frank Ulbricht, Vorstand BCA AG / Foto: © BfV AG
Nicht erst seit der fortgesetzt ausgerufenen Nullzinspolitik sowie einer ausgedehnt expansiven Geldvermehrung seitens der Europäischen Zentralbank (EZB) drängt sich bei der Suche nach soliden Anlageoptionen für viele die Immobilie als mutmaßlich einzig verbliebener Fels in stürmischer Brandung auf.
Schnell vergisst der geneigte Investor jedoch, dass praktisch jede Anlage neben Chancen stets auch mit Risiken behaftet ist. Insofern sollte nüchterne Vernunft die Oberhand behalten, wenn es um die Beantwortung der Frage geht, was in mitunter turbulenten Phasen wie diesen als probates Mittel gegenüber der schleichenden Geldwertvernichtung anzusehen ist. Eine vorausschauende und kluge Anlageberatung sollte daher eine hinreichende Streuung über verschiedene Anlageklassen beinhalten – bei der Aktientitel und im Besonderen Investmentfonds bei der Investitionsentscheidung ihre Berücksichtigung finden. Die mitunter verzweifelte Suche nach verlässlicher Rendite lockt institutionelle wie private Investoren jedweder Couleur und Größenordnung Richtung Immobilie. Immer höhere Milliardenbeträge werden in diesem vergleichsweise krisenresistenten Anlagesegment bewegt. Und nicht nur auf den 1. Blick finden sich reichlich Argumente pro Immobilieninvestment, unabhängig davon, ob als Verwirklichung des Traums von den „eigenen 4 Wänden“ oder als einträgliche Investition in Wohn- oder Gewerbeimmobilien gedacht. Doch es ist auch hier wie immer: Eine steigende Nachfrage befördert Risiken und unerwünschte Nebenwirkungen. Keine Anlage ohne Unwägbarkeiten: So lockt bei der selbstgenutzten Immobilie das historisch niedrige Zinsniveau der Immobilienkredite. Dass am Ende der Zinsbindungsfrist der zu zahlende neue Zins um ein Vielfaches über dem aktuell extrem niedrigen Niveau liegen kann, sollte nicht unterschlagen werden, sondern im Gegenteil fester Bestandteil einer wohldurchdachten Kalkulation sein. Häuslebauern und -besitzern muss weiterhin die Thematik der mit einer Immobilie verbundenen „weichen und harten“ Kosten klar sein, wie u. a. der mit ihr verbundene Aufwand für Verwaltung, Pflege und Instandhaltung, für die Finanzierung und schließlich die steuerlichen Rahmenbedingungen. Bei einer vermieteten Immobilie werden darüber hinaus weitere Aufwände und Risiken sichtbar: Der Ausfall von Mietern oder Änderungen ihrer Bonität, Zinsänderungsrisiken, falls die Immobilie fremdfinanziert ist und schließlich etwaige Schwierigkeiten in Zusammenhang mit diversen gesetzlichen Vorgaben. Soll eine Immobilie verkauft werden, wird der Objektlage im Regelfall besondere Bedeutung beigemessen. Doch wie das Schicksal so gerne spielt, nehmen gerade hier zwischenzeitliche Entwicklungen durchaus ungünstigen Einfluss auf eine neuerliche Lagebewertung. Von vornherein klar muss auch sein: Den schnellen Verkauf einer realen Immobilie auf Knopfdruck gibt es praktisch nicht. Insofern ist der Wert „Immobilie“ prinzipiell ungeeignet, wenn es um die zügige Beschaffung liquider Mittel geht. Auch neue Immobilienfonds erfreuen sich eines wachsenden Zuspruchs seitens privater Anleger. Positiv zu bewerten ist hier insbesondere der Fakt, dass die Mittelzu- und -abflüsse aufgrund gesetzlicher Neuerungen mittlerweile im Sinne des Anlegers angemessen geregelt sind. Dennoch gilt es, weiterhin einem Umstand besondere Beachtung zu schenken: Gelingt es einer Fondsgesellschaft und ihrem Portfoliomanagement innerhalb der vorgesehenen Fristen nicht, die im Fondsbestand befindlichen Immobilien zu vermarkten, geht das Fondsvermögen und damit die Aufgabe der Liquidation auf die jeweiligen Verwahrstellen/ Depotbanken über. Mit diesem Übergang sind naturgemäß diverse Risiken verbunden, die bei einem schlechten Ausgang einen negativen Einfluss auf den Faktor Rendite ausüben können. Daran ist natürlich niemandem gelegen. Die Verwahrstelle weiß um den Umstand, dass sie eigentlich nicht über das Know-how und eine Infrastruktur für die Abwicklung verfügt. Deshalb wird gerne der pragmatische wie vernünftige Ansatz gewählt, die finale Abwicklung an ein erfahrenes Fondsmanagement zu delegieren. Dieses muss dann auch die Herausforderung meistern, bei den bislang nicht so gut verkäuflichen Immobilien einen möglichst optimalen Preis herauszuholen. Die regulatorischen Vorschriften sehen hier die Möglichkeit von Abschlägen zum Verkehrswert vor. Ein auf seine Reputation bedachtes Fondsmanagement wird die Immobilien natürlich nicht verramschen. Es wird versuchen, die bei potenziellen Preisreduktionen auf der Bildfläche erscheinenden Schnäppchenjäger gegeneinander auszuspielen und einen möglichst hohen Preis zu erzielen. Dieser Prozess und auch die Auflösung von Rückstellungen benötigen allerdings Zeit. Strategisch klug > Investmentfonds: Was tun? Ein verengter Blick auf einen alleinigen Heilsbringer in der Geldanlage hat sich in der Vergangenheit nicht immer als sinnvoll erwiesen. Im besten Fall blieb man bei einer Null-Rendite auf der Erkenntnis sitzen, andere Anlagealternativen wären besser gewesen. Im schlimmsten Fall gingen Zeit, Nerven und Geld verloren. Als Lerneffekt ergibt sich, vor klassischen Anlagealternativen, wie etwa der Aktie, keine Angst zu haben. Wir haben keine Vorbehalte vor der Immobilie, weil wir ein „Dach über dem Kopf“ haben und uns vermeintlich damit auskennen. Aber mit Aktiengesellschaften kennen wir uns auch aus: Wir haben ihre Produkte schließlich bei jedem Einkauf im Warenkorb. Und auch im Segment der Anleihen gibt es interessante Alternativen, die im Rahmen einer planvollen Anlagestrategie Beachtung finden können. Das Gebot der Stunde lautet daher: Diversifikation über möglichst mehrere Anlageklassen hinweg. Und auch wenn es auf den ersten Blick dem ein oder anderen fast widersinnig erscheint, zeigen sich ungeachtet volatiler Märkte und anhaltender Zinsflaute speziell Investmentfonds als chancenreiche Anlage, wenn man nur die notwendige Geduld und Ruhe aufbringt und das investierte Kapital längerfristig zur Verfügung steht. SO GESEHEN tun Vermittler gut daran, in ihrer Beratung auf eine gute Diversifizierung des Portfolios hinzuweisen. Dabei haben Risiko und Chance in einem gesunden Verhältnis zu stehen.
Autor: Dr. Frank Ulbricht, BfV Bank für Vermögen AG