Schwacher Investmentmarkt für Gesundheitsimmobilien
08.01.2024
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Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland Gesundheitsimmobilien für 1,2 Mrd. Euro gehandelt. Damit war das Transaktionsvolumen um 57 % niedriger als im Vorjahr und lag 61 % unter dem Fünfjahresmittel. Die Zahl der Transaktionen war nur etwa halb so hoch wie im Jahr 2022. Das 4. Quartal war mit einem Transaktionsvolumen von 157 Mio. Euro das umsatzschwächste Quartal seit mehr als sechs Jahren.
Max Eiting, Associate Director Operational Capital Markets – Healthcare bei Savills Germany, berichtet: „Am Investmentmarkt für Gesundheitsimmobilien gilt nach wie vor, dass wenige Eigentümer zu Verkäufen bereit sind. Die Immobilien und Portfolios, die zum Verkauf stehen, haben wiederum größtenteils Value-Add-Charakter und treffen auf eine ausgedünnte und überwiegend risikoavers und sehr selektiv agierende Käuferlandschaft. Doch auch im Value-Add-Bereich ist das Transaktionsgeschehen überschaubar, denn Value-Add-Strategien rechnen sich angesichts der hohen Modernisierungs- und Baukosten bei älteren Bestandsobjekten nur bei sehr geringen Einkaufspreisen. Solche Preise akzeptieren bislang aber nur wenige Verkäufer.“
Niedrigster Portfolioanteil seit dem Jahr 2012
Im gesamten Jahresverlauf gab es keine Transaktion im dreistelligen Millionenbereich und insgesamt kaum größere Transaktionen. Im letzten Jahr entfielen nur rund 27 % des Transaktionsvolumens auf Portfolios, während es im Jahr davor noch 43 % waren. Es war damit der niedrigste Portfolioanteil seit dem Jahr 2012. Eiting kommentiert: „Gerade bei größeren Portfolios ist die Käufersuche derzeit herausfordernd, denn es gibt nur wenige Investoren, die großvolumige Transaktionen stemmen können, was auch an der geringen Finanzierungsbereitschaft der Banken liegt. Erschwerend kommt hinzu, dass viele verfügbare Portfolios heterogene Objektstandards und unterschiedliche Betreiberqualitäten aufweisen. Da die meisten Investoren sehr vorsichtig agieren, dünnen solche Konstellationen das potenzielle Bieterfeld aus.“
Spitzenrendite steigt langsamer
Neben der Zurückhaltung vieler Investoren haben auch die gefallenen Kapitalwerte zum niedrigeren Transaktionsvolumen beigetragen. Seit Beginn der Zinswende im Frühjahr 2022 ist die Spitzenrendite für Pflegeheime um 130 Basispunkte auf 5,2 % zum Ende des Jahres 2023 angestiegen. Der Renditeanstieg hat sich zuletzt aber verlangsamt und betrug nur noch 10 Basispunkte im 4. Quartal. Eiting merkt an: „Der Preisrückgang bei Core-Objekten hat sich zuletzt verlangsamt, was dafürspricht, dass sich die Kaufpreisvorstellungen von Verkäufern und Käufern angenähert haben.“
Volumenrückgänge bei allen Nutzungsarten
Im vergangenen Jahr verzeichneten alle Arten von Gesundheitsimmobilien deutliche Rückgänge des Transaktionsvolumens, obwohl die Fundamentaldaten bei den meisten Nutzungen weiterhin gut sind. Den stärksten Rückgang verzeichneten Ärztehäuser und medizinische Versorgungszentren – mit rund 133 Mio. Euro lag das Transaktionsvolumen um 72 % niedriger als im Vorjahr, welches allerdings auch mit einem Rekordvolumen aufwartete. Das Transaktionsvolumen von Pflegeheimen sank um 59 % auf 515 Mio. Euro, während bei Anlagen des betreuten Wohnens ein Rückgang um 53 % auf 283 Mio. Euro verzeichnet wurde. Insgesamt entfielen im Jahr 2023 rund 44 % des Transaktionsvolumens auf Pflegeheime (Durchschnitt der letzten fünf Jahre: 56 %). Anlagen des betreuten Wohnens kamen auf 24 % und Ärztehäuser und medizinische Versorgungszentren auf 11 %. Eiting sagt: „Die deutlichen Volumenrückgänge in allen Nutzungsarten spiegeln die lange Zeit schwierige Preisfindung am Investmentmarkt für Gesundheitsimmobilien wider. Insbesondere bei Pflegeheimen ist zudem die Nachfrage nach wie vor gedämpft – das anhaltend hohe Betreiberausfallrisiko hat hieran einen entscheidenden Anteil. Demgegenüber ist die Nachfrage nach betreutem Wohnen und Ärztehäusern recht hoch, denn viele Investoren wollen ihre Gesundheitsimmobilienportfolios diversifizieren. Hinderlich ist hierbei vor allem das mangelnde Angebot hochqualitativer Ärztehäuser.“
Insolvenzrisiko bei Pflegeheimbetreibern bleibt erhöht
Der Nutzermarkt für Pflegeheime wurde im vergangenen Jahr von diversen Großinsolvenzen gebeutelt und die wirtschaftliche Situation vieler Betreiber ist weiterhin angespannt. Auch im laufenden Jahr ist daher mit weiteren Insolvenzen zu rechnen. Das Betreiberausfallsrisiko bleibt somit hoch. Matti Schenk, Associate Director Research bei Savills Germany, kommentiert: „Für einen Großteil der von Insolvenzen betroffenen Pflegeheime konnte im vergangenen Jahr rasch ein Nachfolgerbetrieb gefunden werden. Sollte es jedoch zu weiteren größeren Insolvenzen kommen, dürfte das Finden von Nachfolgern wohl schwieriger werden, da viele in Frage kommende Betreiber noch mit den vorherigen Übernahmen befasst sind. Die Investoren reagieren hierauf, indem sie umfangreiche Berichtspflichten von den Betreibern verlangen, um wirtschaftliche Schieflagen frühzeitig zu erkennen. Manche Investoren machen derzeit aber auch gänzlich einen Bogen um das Segment.“
Ärztehäuser als mögliche Profiteure von der Krankenhausreform
Während die Zurückhaltung bei Pflegeheiminvestments sich zu großen Teilen mit den Herausforderungen am Nutzermarkt erklären lässt, wird die Nachfrage nach Ärztehäusern und medizinischen Versorgungszentren von positiven Aussichten am Nutzermarkt getrieben. Schenk erläutert: „Die geplante Krankenhausreform wird vermutlich zu einer Schließung von Krankenhäusern und einer Reduzierung des Leistungsangebots vieler Häuser führen. Viele Investoren gehen davon aus, dass dies zu einer Stärkung der ambulanten Versorgung beitragen wird und damit zu einer steigenden Nutzernachfrage bei Ärztehäusern und medizinischen Versorgungszentren führt. Wir registrieren, dass manche Investoren eine solche Entwicklung antizipieren und sich schon jetzt entsprechende Immobilien sichern wollen.“
Ausblick: Verhaltener Start ins Jahr
Savills sieht momentan keine Anzeichen für eine baldige Erholung des Investmentmarktes für Gesundheitsimmobilien. Eiting konstatiert: „Wir nehmen zwar eine steigende Aktivität bei Investoren wahr, die seit Beginn der Zinswende weitestgehend inaktiv waren, doch die Mehrzahl der Käufer wird zu keinen Abstrichen bei der Objekt- und Betreiberqualität bereit sein, sodass die Zahl in Frage kommender Objekte gering bleiben dürfte. Sektorspezialisten mit langjähriger Erfahrung und Asset-Management-Kompetenz werden im Vorteil bleiben. Im liquidesten Segment, den Pflegeheimen, dürften sich die Herausforderungen bei den Betreibern weiterhin transaktionshemmend auswirken. Insgesamt gehen wir davon aus, dass das Transaktionsvolumen auch im Jahr 2024 hinter den Werten aus Jahren 2018 bis 2022 zurückbleibt. Angesichts der vielfach guten Fundamentaldaten und des steigenden Bedarfs an Gesundheitsimmobilien sind die Langfristperspektiven des Sektors jedoch weiterhin positiv und solide Objekte mit einem guten Betreiber dürften auch vor dem Hintergrund der gefallenen Preise auf Resonanz bei Investoren stoßen.“ (fw)