Robuste Portfolien

08.04.2015

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Die Anlage in Fonds kann eher riskant, sicher oder mit einem vermeintlich gesunden und abschätzbaren Mittelmaß aus Risiko und Sicherheit verbunden sein. Abhängig ist das Anlagerisiko von der jeweiligen Strategie. Wer in der momentan schwer einschätzbaren Marktsituation solide und stabile Renditen erzielen möchte, hat es nicht einfach.

Aktien gelten als sehr risikobehaftet, mit der Wahl in gemischte Fonds und gemanagten Portfolien scheint eine Allzweckwaffe gefunden worden zu sein. Multi Asset, in all seinen Ausprägungen, zählt zu den Absatzrennern und sollte weiterhin eine gute Anlageopportunität im aktuellen Umfeld darstellen.

_**finanzwelt befragte im Roundtablegespräch Marktkenner zu den Aussichten von Multi Asset-Strategien und der Zukunft des Anlageverhaltens:

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Oliver Lang, Vorstand BCA AG und BfV Bank für Vermögen AG

Christian Michel, Direktor, Teamleiter Fonds FERI EuroRating Services AG

Dr. Claus Mischler, Head of German Product Development, Standard Life Deutschland

Charles Neus, Direktor, Leiter Versicherungen, Schroder Investment Management GmbH

Die Party am Frankfurter Parkett läuft noch. Zumindest, wenn man sich die Rallye des deutschen Aktienindex (DAX) anschaut. Mitunter waren Investoren und Berater auch zum Jahresbeginn größtenteils der Meinung, dass jetzt eine Verschnaufpause gut wäre, um dann frisch gestärkt wieder Fahrt aufzunehmen und neue Höchststände anzupeilen. Doch irren ist bekanntlich menschlich, und so nahm der Index erst die 11.000, dann sogar kurzfristig die 12.000 Punkte. Die Luft scheint noch nicht dünn zu werden, dafür sorgt EZB-Präsident Mario Draghi mit seinem Anleihenkaufprogramm. Doch welche Zielgruppen sind überhaupt an der Hausse beteiligt? Zumindest der Großteil der Privatinvestoren steht ungläubig an der Seitenauslinie. Investoren suchen dabei fast schon die „perfekte" Investmentlösung – eine, die eine ansehnliche Rendite bei gleichzeitig verhältnismäßig geringer Volatilität verspricht. Mit Rentenpapieren dürfte dieser Wunsch auf absehbare Zeit allein unerfüllt bleiben. Aktienfonds auf der anderen Seite können attraktive Renditen erzielen, jedoch haben die Schwankungen im Markt zugenommen und die Unsicherheit angesichts des bereits erreichten Kursverlaufes ist angestiegen. Ein nicht ganz einfaches Marktumfeld, das Multi Asset-Lösungen in die Hände spielt. Die Nachfrage nach gemischten Fondsprodukten ist ungebremst. Laut Branchenverband BVI sammelte die deutsche Fondsbranche im Januar netto 27,5 Mrd. Euro ein. Bei der aktuellen Absatzliste im Publikumsfondsbereich führten erneut Mischfonds mit Zuflüssen von 4,9 Mrd. Euro an. Damit zählt diese Assetklasse zu den Lieblingen der Fondsindustrie und Investoren. Auch für Maklerpools sind gemischte Fondslösungen 2015 das Maß aller Dinge. Das wahrscheinlich auch längerfristig.

finanzwelt: Die Fondsbranche präsentiert sich in Rekordlaune. Ein Jahresauftakt nach Maß, zumindest was die reine Datenbasis betrifft. Teilen Sie diese positive und fast schon überschwängliche Stimmung?

Lang: Das sollten wir doch sehr differenziert betrachten. Als Maklerpool stellen wir immer wieder fest, wie viele Makler unter der jedes Jahr zunehmenden Last der Regularien leiden. Die verfügbare Zeit für die eigentliche Beratungsleistung wird dadurch stark reduziert; besonders problematisch ist das im Fall der Anlageberatung, die zunehmend zurückgedrängt wird. Insofern ist das Bild der steigenden Nettomittelzuflüsse dahingehend etwas verzerrt, da über die Hälfte des Neugeschäfts auf Spezialfonds entfiel und eben nicht aus dem Publikumsfondsbereich generiert wurde. Kurzum: Das Diktat der Regulierung determiniert den Berateralltag. Allerdings nehmen auch wir die verstärkte Nachfrage nach Multi Asset-Lösungen wahr, die sich beispielsweise bei unserer Produktlinie „Private Investing" niederschlägt.

Dr. Mischler: Dem kann ich nur zustimmen. Ausgehend vom anhaltenden Niedrigzinsumfeld stehen diejenigen Lösungen im Fokus, die einen gelungenen Mix aus attraktiver Rendite und akzeptablem Verlustrisiko bieten – das bei möglichst geringer Volatilität. Risikogemanagte Multi Asset-Anlagen sind daher das Gebot der Stunde und treffen den Nerv der Zeit.

finanzwelt: Dem Thema Investment messen Sie als Versicherer eine zentrale Rolle bei?

Dr. Mischler: Absolut, Standard Life steht für investmentorientierte Altersvorsorge. Traditionelle Garantiemodelle sind teuer und nicht mehr zeitgemäß. Sie gehen zulasten der Rendite und sorgen dafür, dass die Kunden ihre Vorsorgelücke garantiert nicht schließen können. Die Argumente für stärker am Kapitalmarkt orientierte Vorsorgekonzepte überzeugen in der beschriebenen Niedrigzinsphase mehr denn je. Dies sollte auch das Geschäft mit Fondspolicen weiter beflügeln, mit denen wir am Markt gut aufgestellt sind. Mit einer Fondspolice können Kunden das Geld auf möglichst viele Anlageklassen streuen, um Chancen in den unterschiedlichsten Bereichen zu nutzen und nicht von der Entwicklung einer Anlageklasse abhängig zu sein. Das kommt sehr gut an.

finanzwelt: Herr Michel, ist Multi Asset in all seinen Ausprägungen ein „must have" in der Portfolioallokation? Immerhin beläuft sich das Vermögen der Mischfonds auf 185 Mrd. Euro und der Marktanteil beträgt 22 % des Publikumsfondsvermögens.

Michel: Ja, gemischte Fonds gehören in ein breit diversifiziertes Portfolio. Möglichst wiederkehrende Erträge bei vergleichsweise geringen Kursschwankungen treffen den Wunsch vieler Anleger. Somit handelt es sich beim Thema Multi Asset nicht um einen kurzfristigen Trend. Durch die Möglichkeit, breit gestreut in Aktien, Renten, Rohstoffe etc. zu investieren, bieten sie die erforderliche flexible Struktur, um sich dauerhaft je nach Marktlage auszurichten. Mischfonds neuerer Prägung sind dabei nicht mehr starr, sondern können auch Trends spielen und einen Mehrertrag bringen. Gleichzeitig sind sie aber auch kein Allheilmittel für alle denkbaren Eventualitäten. Viele Fonds müssen ihren Lackmustest noch bestehen, zumal wir in den vergangenen Jahren ein gutes Kapitalmarktumfeld hatten. Für Privatanleger ist deshalb unter anderem die Qualitätselektion durch Experten wichtig.

Neus: Ich gehe soweit zu sagen, dass Multi Asset nicht nur ein tragfähiges Kerninvestment, sondern ein Allheilmittel ist. Investoren zieht es nicht grundlos verstärkt in Strategien, bei denen der Kapitalerhalt im Vordergrund steht. Sie mögen den Gedanken, dass jemand am Steuer ihres Fonds sitzt, der die Möglichkeit hat, jederzeit das Risiko zu reduzieren, wenn er es für opportun erachtet. Und sie sind häufig auch bereit, auf größere Renditechancen zu verzichten, solange der Manager eben dadurch auch größere Verluste vermeiden kann.

finanzwelt: Mischfonds, Multi Asset, Absolute Return und vermögensverwaltende Fonds werden teilweise wahllos vermischt. Sollten Einfachheit und Klarheit nicht oberste Priorität haben?

Neus: Die Trennlinie zwischen den einzelnen Konzepten zu ziehen, ist nicht ganz einfach und sorgt teilweise für Verwirrung bei Beratern und der Investorenschaft. Wir plädieren für klare und verständliche Konzepte und arbeiten nach klaren Kriterien, nach denen wir Multi Asset Fonds definieren. Eine Gleichsetzung verwirrt mehr als sie den Kunden und Beratern dient. Das Besondere bei unseren Multi Asset-Produkten ist, dass das Team auf mehr als zehn Anlageklassen zurückgreifen kann, um ein breit diversifiziertes Portfolio zu schaffen. Dazu gehören beispielsweise Aktien, Anleihen, Rohstoffe, alternative Anlagen oder auch Gold und Immobilien.

finanzwelt: Multi Asset-Strategien nehmen für sich in Anspruch, weniger zu schwanken und vor Verlusten zu schützen. Greift das Argument bei der Kundschaft oder muss noch verstärkt Aufklärungsarbeit geleistet werden?

Lang: Generell muss man sagen, dass viele Fonds sich den Verwerfungen an den Kapitalmärkten nicht völlig entziehen konnten und Investoren enttäuscht am Wegrand zurückgelassen haben. Vor diesem Hintergrund stehen Berater in der Verantwortung, eine schlüssige Antwort auf den Wunsch nach tragfähigen und nachhaltigen Produkten zu geben und das Risikoprofil des Investors permanent abzugleichen. Der Beratungsbedarf ist immens. Wir bieten mit Private Investing eine einfache, kostengünstige Anlageform zwischen Private Banking und Investmentfonds und das eben auch schon für kleinere Anlagebeträge an. Die Strategie wird aktiv betreut, um Risiken zu vermeiden und Chancen am Kapitalmarkt rechtzeitig zu antizipieren.

Dr. Mischler: Die Krisen der Vergangenheit haben eine neue Zeitrechnung beginnen lassen, speziell was die Definition des Risikobegriffs betrifft. Die Menschen möchten, dass ihr Geld vorsichtig und der aktuellen Situation entsprechend verwaltet wird. Und das leisten eben Multi Asset-Lösungen, die flexibel in verschiedenen Anlageklassen wie Aktien, Renten oder Rohstoffe investieren können und damit eine stabile Performance bei einem überschaubaren Risiko erwirtschaften können.

finanzwelt: Die Deutschen gelten als kapitalmarktscheu und wenig aktienaffin. Ist Multi Asset dahingehend ein „Türöffner" für eine wünschenswerte Etablierung der Aktienkultur?

Michel: Mit Multi Asset wird eine Tür zumindest aufgemacht und intendiert, die Investoren näher an die Kapitalmärkte zu bringen. Das geschieht parallel auch durch staatlich geförderte Vehikel. Zahlreiche Umfragen belegen, dass der weitaus größte Teil der deutschen Bevölkerung sein Geld trotz Niedrigzinsphase am liebsten auf dem klassischen Sparbuch, Tages- oder Festgeldkonto anlegt. Der Sicherheitsgedanke steuert das Anlageverhalten, und hier schaffen es Aktien und Fonds, trotz des Renditevorteils, bis dato nicht in die Gunst der deutschen Anleger. Laut DAI-Zahlen sind nur 8,4 Millionen Anleger am Aktienmarkt engagiert. Es ist Zeit, dass hier ein Umdenken einsetzt. Berater können dazu beitragen, indem sie ihren Kunden aufzeigen, dass sich die jeweilige eigene Risikoneigung gut auch mit Kapitalmarktanlagen verbinden lässt.

Neus: Das Interesse der deutschen Sparer am Aktienmarkt bleibt leider unverändert verhalten. Gleichzeitig sind sichere Spareinlagen, aber mit negativer Realrendite wie Tagesgeldkonten weiter in der Beliebtheit gestiegen. Und das trotz noch niedrigerer Zinsen im Vergleich zu den Vorjahren. Wir müssen verdeutlichen, wie wichtig es für die finanzielle Vorsorge ist, die Chancen zu nutzen, die der Kapitalmarkt bietet. Aktiv gemanagte Multi Asset-Lösungen sind eine dieser Opportunitäten mit attraktivem Chancen- Risiko-Profil.

finanzwelt: Timingqualitäten spielen bei flexibel gesteuerten Mischfonds eine zentrale Rolle. Marktentwicklungen zu antizipieren und Umschichtungen durchzuführen sind die Erfolgskriterien. Der erhoffte Mehrwert lässt sich aber nicht immer so einfach erzielen, oder?

Michel: Flexible Mischfonds werden im Niedrigzinsumfeld besonders nachgefragt, weil sie attraktive Renditen durch hohe Freiheitsgrade des Managements versprechen. Das Fondsangebot ist mittlerweile entsprechend groß. Doch die Bilanz für flexible Multi Asset-Produkte fiel zumindest im vergangenen Jahr teilweise ernüchternd aus, denn es gelang bei weitem nicht allen Fondsmanagern, die hohen Erwartungen der Anleger letztlich zu erfüllen oder gar eine Outperformance gegenüber statischen Konzepten zu generieren.

finanzwelt: Lassen Sie uns zum Ende nochmal auf einige Konzepte eingehen, die Sie anbieten und mit denen man die Multi Asset-Story gut spielen kann.

Lang: Mit Private Investing haben wir vor 3,5 Jahren ein Konzept ins Leben gerufen, das Lösungen für heute und morgen bieten soll. Berater können hierbei ganz flexibel, je nach Risikoausprägung des Kunden, eines von fünf Strategieportfolios empfehlen. In diesen Strategieportfolios steht das gesamte in Deutschland zum Vertrieb zugelassene Fondsuniversum zur Verfügung. Der Anteil an Aktienfonds variiert dabei je nach der strategischen Ausrichtung. Mit Tools wie Verlustschwellenwarnungen wissen die Kunden jederzeit, wie sich das Portfolio entwickelt, und unangenehme Überraschungen bleiben erspart. Diese kontrolliert gemanagten Investments treffen den Nerv der Zeit, was sich auch bei den Zuflüssen zeigt.

Dr. Mischler: Wir sehen große Zukunftschancen im Markt für Fondspolicen, auch wegen der besseren Renditeaussichten. Bei unserer Fondspolice „Maxxellence Invest" setzen wir beispielsweise auf den hauseigenen Global Absolute Return Strategies (GARS). Das Ziel des Fonds besteht darin, unabhängig von den Marktbedingungen eine positive absolute Rendite zu erzielen. Diese Strategie ist rückblickend stets aufgegangen. Auch unsere „MyFolio- Fonds", die es in drei Risiko-Varianten gibt, verbinden eine möglichst breite Diversifikation mit klarer Risikofokussierung. Interessanterweise wurde die defensive Variante zuletzt dabei am schwächsten nachgefragt. Gemeinsam mit Morningstar Investment Europe haben wir darüber hinaus ein spezielles Portfolio zusammengestellt, das verschiedene Managementansätze und Expertisen des Absolute Return-Bereichs vereint.

Neus: Unser Haus ist traditionell sehr stark aufgestellt, was das Thema Multi Asset betrifft. Mit unseren Multi Asset-Income-Fonds gehen wir noch einen Schritt weiter. Sie begrenzen das Verlustrisiko, steigern den Wert des Kapitals und liefern eine feste, wenn auch nicht garantierte Ausschüttung. Der „Schroder ISF Global Multi-Asset Income" strebt eine feste, nachhaltige Ausschüttung von 5 % pro Jahr mit einem jährlichen Renditeziel von 7 % an.

Fazit

Die Entwicklung und schrittweise Etablierung von Mischfonds und erweiterten Multi Asset-Strategien ermöglichen einen kostengünstigen und einfachen Zugang zu einem diversifizierten Fondsportfolio. Da Risikostreuung nicht innerhalb der Anlageklassen endet, sondern auch auf Produktebene für den langfristigen Anlageerfolg wichtig ist, sollte grundsätzlich nie nur auf einen Anbieter oder einen Fonds gesetzt werden. Auch bei vermeintlich einfachen Produkten wie Multi Asset-Fonds sollte eine kritische Prüfung auf Herz und Nieren regelmäßig stattfinden. (ah)

Roundtable | MULTI ASSET FONDS – FONDSPOLICEN | finanzwelt Special 02/2015