Rentenpolitik als ultima Ratio gegen Altersamut
22.06.2017
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Laut Deutschem Institut für Altersvorsorge ist Vorsorge das beste Mittel gegen Altersarmut. So müsse auf dem Arbeitsmarkt eine Situation geschaffen werden, durch die die Menschen erst gar nicht in finanzielle Probleme im Alter geraten. Nur wenn diese Maßnahmen nicht erfolgreich seien, solle die Rentenpolitik geändert werden.
Die Verlängerung der Lebenserwartung hat auch ihre Schattenseite: Da die Menschen immer länger in Rente sind und es zunehmend weniger Beitragszahler gibt, grassiert seit einigen Jahren in Deutschland eine große Angst vor Altersarmut. So war im Jahr 2013 jeder siebte Rentner von Armut bedroht. Gerade jetzt, drei Monate vor der Bundestagswahl, gewinnt das Thema wieder an Relevanz, denn ca. 17 Mio. Menschen über 65 Jahre sind ein gewichtiges Wählerpotenzial. Nach Ansicht des Deutschen Instituts für Altersvorsorge liegt das Problem der Altersarmut allerdings nicht allein in den Rentenreformen der vergangen Jahre. Stattdessen sei es ein Problem des Arbeitsmarktes und der Anreize zur privaten Altersvorsorge sowie der Absicherung im Rahmen des Haushaltskontextes. Deshalb fordert das Berliner Institut, dass zunächst vorbeugende Strategien verfolgt werden, bevor etwa die Ansprüche der Grundsicherung im Alter erhöht oder Zuschüsse für Niedrigrenten aus Steuermitteln bezahlt werden. Die wichtigste vorbeugende Strategie sei die Förderung von Qualifikation und Integration in den Arbeitsmarkt, damit, dank höherer Einkommen, erst gar keine Altersarmut entstehen könne. Darüber hinaus nennt das Deutsche Institut für Altersvorsorge folgende Ansätze zur Verbesserung der Rentenansprüche:
- Höhere Lebenseinkommen (mehr Beitragspunkte pro Jahr)
- Geringqualifizierte sind eher arbeitslos und können selbst mit Beschäftigung nur geringe Löhne erzielen
- Vor allem Migranten und Kinder aus einkommensschwachem Elternhaus haben hohe Schulabbrecherquoten - hier muss ein Teufelskreis durchbrochen werden.
- Mehr Arbeitsvolumen (mehr Beitragszeiten im Leben)
- Weniger Unterbrechungen der Erwerbsphasen, insbesondere auch bei Müttern während der Kindererziehung durch mehr Krippenplätze und Ganztagsschulen
- Längere Erwerbsphasen durch Straffung der Ausbildung bei den Jungen und höhere Erwerbsbeteiligung Älterer durch Anreize zur lebenslangen Weiterbildung.
- Verbesserte Konditionen beim Riestersparen
- Keine Anrechnung beim Bezug von Grundsicherung zur Vermeidung der Sparfalle
- Einbeziehung der (Schein)Selbständigen in die Riesterförderung
- Abschaffung der Mindestgarantien zur Verbesserung der Rendite in Zeiten der Niedrigzinsen
- Radikale Vereinfachung des Fördersystems zur Senkung der Verwaltungskosten und verständlichere Förderkonditionen.
Nach Auffassung des Deutschen Instituts für Altersvorsorge sollten rentenpolitische Maßnahmen erst dann ergriffen werden, wenn alle anderen Maßnahmen versagen. Maßnahmen wie hohe Mindestlöhne oder Zuschussrenten erteilt das DIA hingegen eine Absage, denn diese seien einerseits teuer und würden andererseits an anderer Stelle Probleme erzeugen:
- So müsste ein präventiver Mindestlohn sehr hoch ausfallen, um eine Rente oberhalb der Grundsicherung zu gewährleisten. Das hätte aber erhebliche negative Effekte auf dem Arbeitsmarkt und würde gerade das Arbeitslosigkeitsrisiko für Geringqualifizierte erhöhen.
- Zuschussrenten zur Aufwertung von Niedrigrenten sind problematisch, weil sie nur Langzeitbeschäftigten gewährt werden und daher dauerhaft Arbeitslose ausschließen, die die Mindestzeiten nicht erfüllen. Außerdem führen sie zu negativen Arbeitsanreizen für Ältere: Bei Erreichen des Schwellenwertes für den Zuschuss entsteht durch weiteres Arbeiten erst einmal kein höherer Rentenanspruch mehr. Dies ändert sich erst wieder nach sehr vielen zusätzlichen Beitragsjahren.
(ahu)