Raus aus dem Zinstal

30.03.2014

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Die Kapitalmarktzinsen befinden sich überall nahe den historischen Tiefständen. Rentenstrategien stehen vor einer neuen Herausforderung. Die anhaltende Niedrigzinspolitik drängt Investoren in höherverzinsliche, aber relativ riskantere Anleihen.

Derzeit führt bei einer breiten Streuung des Anlegerportfolios nichts daran vorbei, dass Berater eine Übergewichtung in Aktien vornehmen müssen.

Investoren, die in der Vergangenheit einzig auf Anleihen setzten, müssen umdenken. An den Anleihenmärkten ist aufgrund des kläglich niedrigen Zinsniveaus kaum noch eine Rendite in nennenswerter Höhe zu erzielen. Gleichzeitig besteht das Risiko empfindlicher Kursverluste, sobald die Zinsen anziehen.

Die Renditeaussichten bei Staats- und Unternehmensanleihen bester Bonität sind mager. Eine aktuelle Studie der SAUREN-Gruppe beschäftigt sich mit der Frage nach Rendite im Anleihenbereich und kommt zum Schluss, dass die Suche nach Rendite im aktuellen Marktumfeld zunehmend schwieriger werde. „Konservative Mischfonds und vermögensverwaltende Strategien haben zuletzt ihre Allokation weg von Staatsanleihen in Richtung Unternehmens- und Hochzinsanleihen verschoben. Allerdings ist auch dort das Ertrags-Risiko-Verhältnis mit sinkendem Zinsniveau deutlich unattraktiver geworden. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld führt eine an der Vergangenheit ausgerichtete Portfoliostrukturierung zwangsläufig in die Irre, da insbesondere am Rentenmarkt eine Fortschreibung der in der Vergangenheit erreichten Wertentwicklungen vor dem Hintergrund der niedrigen Kapitalmarktzinsen nicht mehr möglich ist", so die Verfasser der Studie.

Und wie reagieren die Investoren? Speziell Institutionelle stecken immer mehr Geld in höher verzinste Schuldtitel von Unternehmen, weil sie aufgrund der Regularien nur eingeschränkt in Aktien oder Sachwerte wie Immobilien investieren können. Der Berater steht vor dem Problem, einleuchtende Antworten auf die dringende Frage zugeben, wie ein renditestarkes Portfolio für diesen speziellen Kunden aussehen kann. Auch die Angst vor Deflation ist nicht von der Hand zu weisen. „Aus unserer Sicht waren die deflatorischen Kräfte auch in der Vergangenheit sehr virulent", sagt Daniel Zindstein, Leitung Portfoliomanagement GECAM AG.

Wie sieht Vermögenserhalt und -zuwachs vor diesem Hintergrund aus? Gute Aussichten bieten breitgestreute Anlageformen, die vor allem bei längeren Laufzeiten mögliche Zinssätze über dem Tagesgeld bieten. „Gut beraten sind Anleger mit einem gesunden Anlagenmix aus liquiden und gut verzinsten Unternehmensanleihen, einem breit diversifizierten Aktienportfolio und Edelmetallen als Depotbeimischung", erklärt Mag. Bernhard Woldan, Vorstand der Partner Bank.

Angesichts des Niedrigzinsniveaus ist eine erhöhte Aktienquote im Portfolio fast schon alternativlos. Nach den Jubeljahren 2012 und 2013 mit jeweils zweistelligen Zuwachsraten bei den deutschen Börsenindizes stellt sich die berechtigte Frage, ob es nach wie vor gute Argumente dafür gibt, auch 2014 auf Aktien zu setzen. Die Aufwärtsentwicklung des DAX hat zwar im ersten Quartal eine leichte Delle bekommen, aber die wichtigen charttechnischen Marken sind nicht nach unten durchbrochen worden. Aber auch ein Rücksetzer unter die 9.000 Punkte wäre nicht dramatisch. Mögliche Risiken lauern allerdings in der weiter schwachen Konjunktur vieler Emerging Markets und weltpolitischer Krisen wie in der Ukraine. Investoren werden lernen müssen, mit einer höheren Schwankungsintensität an den Börsen zu leben. Zudem wird die Einzelwertauswahl immer wichtiger. „Aktien gehören zu einer strategischen Vermögensallokation dazu, unabhängig, wie die jüngste Marktentwicklung war. Natürlich ist bei Einmalanlagen ein Einstiegs- und auch Ausstiegsmanagement erforderlich, ändert aber nichts an der Notwendigkeit, Aktien zu haben", so GECAM-Experte Zindstein. Alexander Mesch, zuständig für die Kapitalmarktanalyse der YPOS Finanzplanung GmbH, unterstreicht die positive Sichtweise für Aktien, betont aber, dass diese in Anbetracht der aktuellen Bewertungskennzahlen keine Schnäppchen mehr sind.

Welche Chancen bieten andere Substanzwerte wie Edelmetalle und Immobilien? 2013 war für Edelmetallanhänger ein schlechtes Jahr. Der Goldpreis brach ein und verlor knapp 28 %. Der erste Jahresverlust seit 13 Jahren. Mittlerweile hat sich das gelbe Metall etwas erholt und notiert bei Redaktionsschluss um die 1.300 US-Dollar je Feinunze. Auch Silber musste deutliche Verluste verkraften und konnte sich nicht vom Goldpreis abkoppeln. Beim Platinpreis fiel der Verlust etwas geringer aus, so dass das weiße Metall zum Jahreswechsel 2014 teurer als Gold gehandelt wurde. Diese Entwicklung setzte sich im 1. Quartal 2014 fort. „Edelmetall wird gerne als alternative Währung gesehen, es bietet in Zeiten von Inflation und Krisenzeiten Schutz", bemerkt Mesch. Bei Immobilien ging es im letzten Jahr mit den Preisen weiter bergauf. Im Durchschnitt sind die Preise für Wohnimmobilien 2013 insgesamt über 6 % gestiegen, während die Preise für Eigentumswohnungen einen Anstieg von über 7 % aufwiesen, so eine aktuelle Studie der Deutschen Bank.

Fazit

Den ultimativen Ratschlag für ein attraktives und renditestarkes Portfolio gibt es nicht. Dies ist abhängig von der Risikoneigung und der Zielsetzung des Kunden, auch und vor allem auf der Zeitachse. „Sparen mit Erfolg bedingt auch eine umfassende persönliche Beratung", sagt Mag. Woldan. Eine hohe und breit gestreute Aktienquote gehört ebenso dazu wie qualitativ gute Unternehmensanleihen und globale Staatsanleihen, so dass der Mix entstehende Schwankungen abfedern kann. Edelmetalle könnten, nach dem schlechten vergangenen Jahr, 2014 wieder mehr im Fokus stehen. Die SAUREN-Experten sehen in Absolute Return Fonds eine attraktive Möglichkeit, Portfolien über offensive und defensive Bestandteile hinaus breiter aufzustellen.

(ah)

Niedrigzinsumfeld – Printausgabe 02/2014