Quo Vadis, EZB?
22.11.2016
Peter E. Huber / Foto: © StarCapital AG
Heute stehen die Notenbanken vor dem Offenbarungseid, auch wenn sie dies natürlich nie zugeben würden, sondern weiter unverdrossen Erfolgsmeldungen verbreiten. Immer deutlicher werden sich in nächster Zeit die verheerenden Auswirkungen der Negativzinsen zeigen. Die Sparer, die Versicherungen und die Pensionskassen wissen nicht mehr, wie die drohende Altersarmut verhindert werden kann. Am schlimmsten trifft es aber die Banken, denen eh die Geschäftsmodelle abhanden kommen. Dazu wuchert eine beispiellose Regulierungswut (Basel I, II, III, IV etc.). Die Negativzinsen sind der letzte Sargnagel, der das klassische Kreditgeschäft eliminiert. In ihrer Verzweiflung fordern die Notenbanker jetzt, dass die Staaten Fiskalprogramme auflegen sollen, um Investitionen in Infrastruktur zu finanzieren – natürlich über die Aufnahme weiterer Schulden. Ein völlig untaugliches Mittel, zumal entsprechende Projekte bei der heutigen Bürokratie eine Planungsphase von mehr als zehn Jahren benötigen.
Was ist zu tun? Die EZB sollte ihre Negativzinspolitik sofort beenden und das Tapering einleiten. Und statt in zinslose Anleihen zu investieren, sollte sie lieber in großem Stil Aktien kaufen und damit in Sachwerte und Produktivkapital investieren. Wie Sie wissen, eine alte Forderung von uns. Dieser Vorschlag findet inzwischen immer mehr Anhänger. So hat jüngst Giacomo Corneo, Finanzprofessor an der Freien Universität Berlin, seine „eigene“ Idee gegen die drohende Altersarmut entwickelt (siehe Welt am Sonntag vom 6. November 2016). Ein milliardenschwerer Staatsfonds soll her, der in Aktien investiert und von der politisch unabhängigen Bundesbank gemanagt wird.
Um wirklich erfolgreich zu sein, müsse der Fonds eine Größenordnung von einer Billion Euro erreichen und schrittweise aufgebaut werden. Zu etwa drei Vierteln soll der Fonds mit neuen Schulden finanziert werden, zu einem Viertel mit den Einnahmen aus einer reformierten Erbschaftssteuer. Alle Bürger sollen von den Gewinnen des Fonds profitieren, da diese ihrer individuellen Altersvorsorge gutgeschrieben würden.
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