Qualität vor Quantität
10.06.2014
Matt Siddle
**Vor dem Hintergrund der Börsenhausse an vielen internationalen Kapitalplätzen stellt sich die Frage, welche Aktien überhaupt noch Potenzial haben. Für **Matt Siddle, Fondsmanager des Fidelity European Growth Fund und des Fidelity European Larger Companies Fund, ist jetzt die Zeit von Qualitätsaktien gekommen.
(fw/ah) ,,Im vergangenen Jahr war eine stimmungsgetriebene Marktrotation hin zu Value-Aktien und Titeln mit mehr Risiko zu beobachten. Obwohl es keine Verbesserung bei ihren Fundamentaldaten und Gewinnaussichten gab, haben sich Aktien von weniger soliden Unternehmen in den vergangenen 18 Monaten besser entwickelt als Titel von Qualitätsunternehmen. Tatsächlich haben wir gerade die größte und längste Divergenz zwischen Qualitätsaktien und Value-Werten erlebt, die es in den vergangenen 20 Jahren gab. Während Value-Aktien aus Europa aktuell recht teuer sind, sind die Aktien von Qualitätsunternehmen im Vergleich und auch auf historische Sicht günstig.
Für meine Fonds, in denen ich den Fokus auf qualitativ hochwertige Unternehmen zu einem attraktiven Preis lege, bedeutete das Gegenwind bei der Performance. Doch dieser Trend dürfte vor dem Ende stehen. Investoren beginnen wieder verstärkt auf Qualität und nachhaltige Geschäftsmodelle zu achten.
Dabei sind derzeit insbesondere europäische Qualitätsaktien interessant, denn sie sind im Vergleich zu ihren US-Pendants relativ günstig. Zudem sind die Dividendenrenditen europäischer Aktien in rund 50 % der Fälle höher als die Renditen der entsprechenden Unternehmensanleihen. Das gilt nicht nur in Sektoren wie der Telekommunikation oder bei den Versorgern, wo es berechtigte Sorgen über die langfristigen Geschäftsaussichten gibt, sondern über alle Branchen hinweg. Das macht Qualitätsaktien aus Europa zu einem interessanten Langfrist-Investment.
Basiskonsumgüteraktien haben in den ersten Monaten dieses Jahres am meisten zur Fondsperformance beigetragen. Titel wie Nestlé und British American Tobacco, die ich übergewichtet habe, sind im Vergleich zu untergewichteten Aktien wie Diageo, Pernod Ricard und anderen Getränkeherstellern gut gelaufen. Dagegen hat sich die Untergewichtung von Versorgern nachteilig ausgewirkt, denn dies ist der Sektor mit der bislang besten Wertentwicklung in diesem Jahr. Allerdings ist es in dieser Branche schwierig, qualitativ gute Aktien mit attraktiver Bewertung zu finden.
Zu den Aktien, die ich derzeit favorisiere, zählen Shell und Reed Elsevier. Shell war zwar zuletzt kein Qualitätsunternehmen, allerdings ist die Bewertung historisch gesehen günstig. Dank der neuen Strategie, sich auf höhere Erträge zu fokussieren, unprofitable Geschäftszweige zu verkaufen und weiter Kosten zu reduzieren, um noch profitabler zu werden, ist der Ausblick für Shell sehr positiv. Bei Reed Elsevier befinden sich das Kurs-Gewinn- und das Preis-Buchwert-Verhältnis im historischen Vergleich im unteren Drittel. Die Fundamentaldaten des Medienkonzerns sind weiterhin verheißungsvoll, das Geschäftsmodell zukunftsträchtig und die Bewertung ist noch günstig im Vergleich zu anderen Unternehmen aus dem Sektor."