Präsidentschaftswahlen 2016 in den USA

20.09.2016

Stefan Kreuzkamp, Chief Investment Officer (CIO) Deutsche AWM

Der amerikanische Leitindex S&P 500 handelt nahe an seinen historischen Höchstständen. Die Anleger scheinen mit einer Fortsetzung des Status quo zu rechnen – was verfrüht anmutet.

Denn: Viel könnte sich noch ändern, je nachdem wie es im Wahlkampf weitergeht. Das CIO Spezial "Wahlen in den USA: Steht ein Anstieg der Volatilität bevor?" schaut auf die möglichen Ergebnisse und die Auswirkungen auf die Märkte. Drei Thesen von Stefan Kreuzkamp, Chief Investment Officer Deutsche Asset Management:

1. Es ist die Kongresswahl, die zählt

Für die Finanzmärkte geht es weniger darum, ob Hillary Clinton oder Donald Trump ins Weiße Haus einziehen. Die Schlüsselfrage ist, welche Partei die Mehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat erringen wird. Das Amt des US-Präsidenten mag nach wie vor der einflussreichste Posten der Welt sein, aber abgesehen von der Außenpolitik ist der Präsident in der Regel auf die Unterstützung des Kongresses angewiesen. Wenn es um die Themen geht, die den Anlegern am meisten am Herzen liegen, führt kein Weg am Kongress vorbei, insbesondere bei allen fiskalpolitischen Fragen.

2. Langfristige Anlageentscheidungen sollte man nicht anhand überstürzt abgegebener Wahlkampfversprechen treffen

Erfahrungsgemäß sitzt das Team eines neuen Präsidenten etwa nach einem Jahr fest im Sattel. Bis die neue Regierung so richtig walten kann, dauert es. Und dann sieht die Welt in der Regel schon anders aus. Prioritäten ändern sich, und tendenziell müssen alle Versprechen – und seien sie noch so klar formuliert – der Realität angepasst werden. George W. Bush etwa punktete im Wahlkampf im Jahr 2000 als „mitfühlender Konservativer“ und versprach, sich aus internationalen Verwicklungen herauszuhalten – die Geschichte sieht anders aus. Zudem wirft die Besetzung zahlreicher Positionen in der Regierung und Verwaltung enorme logistische Probleme auf, mit denen vor allem Donald Trump zu kämpfen hätte. Denn im Gegensatz zu anderen neu gewählten Präsidenten scheint es ihm an klaren politischen Vorstellungen etwas zu mangeln. Ebenso wie an einem umfangreichen Netzwerk von Sachverständigen, die seine Überzeugungen teilen. Schon allein deshalb könnte ein Wahlsieg Trumps zu Verunsicherung an den Märkten führen.

3. Donald Trumps Kandidatur wird die politische und wirtschaftliche Situation in den USA dauerhaft verändern

Die Ära, in der das Denken in republikanischen Kreisen durch den Einfluss marktfreundlicher Denkschulen geprägt war, könnte sich langsam dem Ende neigen. Trumps Kandidatur hat die Unterstützung der Republikaner für den Freihandel - einst zentrale Überzeugung republikanischer Politiker - bereits deutlich schwinden lassen. In den vergangenen 36 Jahren tendierten sie verlässlich zu einer marktfreundlichen Angebotspolitik und entschieden in wirtschaftlich schwierigen Phasen pragmatisch für antizyklische Maßnahmen. Es ist nicht mehr so klar, ob dies auch künftig der Fall sein wird. Bei einem Sieg Trumps könnte sich z.B. der bestehende Druck im Kongress erhöhen, den Handlungsspielraum der Fed zu beschneiden. Aber auch wenn Trump verliert, werden zweifelsohne andere versuchen, seine Rezepte zu verwenden. In ähnlicher Weise wurde Hillary Clinton durch das Vorgehen von Bernie Sanders nach links gedrängt. Es bleibt abzuwarten, ob sie eine erfolgreiche Wende durchführen und sich ein Mandat für eine unternehmensfreundliche Politik ähnlich derjenigen ihres Gatten sichern kann. www.db.com