Ohne geht es nicht
29.09.2014
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Die geopolitischen Krisen haben Mischfonds europaweit erneut zu hohen Mittelzuflüssen verholfen, wie Morningstar meldet. Wer in der momentan schwer einschätzbaren Marktsituation solide und stabile Renditen benötigt, hat es nicht einfach und möchte mit der Wahl in gemischten Fonds ein möglichst kleines Risiko eingehen. Mischfonds bleiben weiterhin eine gute Anlage im aktuellen Umfeld.
Ihre Kunden suchen eine ansehnliche Rendite bei gleichzeitig verhältnismäßig geringer Volatilität und geben diese Herausforderung an Sie als Berater weiter. Mit Rentenfonds dürfte dieser Wunsch auf absehbare Zeit allein unerfüllt bleiben. Aktienfonds können attraktive Renditen erzielen, jedoch haben die Schwankungen im Markt zugenommen und die Unsicherheit über den weiteren Kursverlauf ist angestiegen. Ein für Sie als Berater nicht ganz einfaches Marktumfeld. Aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen und Krisenherden haben sich Anleger zuletzt laut Morningstar hauptsächlich risikoaversen Sondervermögen zugewandt, wovon in erster Linie defensive Mischfonds profitierten. Die Nachfrage nach Mischfonds ist ungebremst. Allein im Juli flossen laut Morningstar über 16 Mrd. Euro europaweit in gemischte Portfolios. Das entspricht dem höchsten jemals gemessenen Investitionsniveau für diese Anlageklasse in einem Monat. Bereits im Vormonat hatten die Mischfondszuflüsse mit 12,6 Mrd. Euro einen historischen Höchststand erreicht, der nochmals übertroffen wurde. Führt an gemischten Fonds – also Investmentfonds, die das Vermögen in ihrer strategischen Ausrichtung weitgehend breit streuen – kein Weg vorbei?
finanzwelt befragte im Expertengespräch Marktkenner:
Charles Neus, Direktor/Leiter Versicherungen Schroder Investment Management GmbH
Nils Hemmer, Head of Wholesale and 3rd Party Distribution Pioneer Investments
Christian Hammer, Geschäftsführer NFS Netfonds Financial Service GmbH
finanzwelt: Mischfonds sind die am meisten nachgefragten Produkte in der europäischen Fondsindustrie. In diesem Zusammenhang kann man wohl kaum von einem neuen Modetrend sprechen, oder?
Neus: Was nützt es Investoren, wenn ein Fondsmanager zwar besser als sein Index ist, aber trotzdem signifikante Verluste macht? Langfristig ist das für niemanden akzeptabel. Deshalb zieht es Investoren immer stärker in Strategien, bei denen der Kapitalerhalt im Vordergrund steht. Sie mögen den Gedanken, dass jemand am Steuer ihres Fonds sitzt, der die Möglichkeit hat, jederzeit das Risiko zu reduzieren, wenn er es für geboten erachtet. Und sie sind häufig auch bereit, auf größere Renditechancen zu verzichten, solange der Manager eben dadurch auch größere Verluste vermeiden kann. Insofern sprechen wir nicht von einem kurzweiligen Modetrend, sondern vielmehr von einem tragfähigen Kerninvestment für die Portfolios, mit dem wir eine adäquate Antwort auf die Marktherausforderungen geben können.
Hemmer: Aus meiner Sicht ist aktives Management mehr denn zuvor gefragt. Wir müssen uns die zentrale Frage stellen, was der Kunde letztendlich möchte. Möglichst wiederkehrende Erträge bei vergleichsweise geringen Kursschwankungen entsprechen dem Wunsch vieler Anleger. Somit handelt es sich beim Thema Multi Asset / gemischte Fondslösungen gerade nicht um einen kurzfristigen Trend. Im Gegenteil: Durch die Möglichkeit, breit gestreut in Aktien, Renten, Rohstoffe etc. zu investieren, bieten sie die erforderliche flexible Struktur, um sich dauerhaft je nach Marktlage auszurichten. Mischfonds sind nicht starr, sondern können auch kurzfristige Trends spielen und einen Mehrertrag bringen. Dass wir es nicht mit einem Modetrend zu tun haben, beweist auch die Tatsache, dass Versicherungen bei ihrer Suche nach Renditechancen vermehrt auf gemischte Fondslösungen setzen, um den geänderten Bedingungen bei der Kapitalanlage Rechnung zu tragen.
finanzwelt: Herr Hammer, spüren auch Sie als Maklerpool den Bedeutungswandel in Richtung Mischfonds?
Hammer: Im Beratungsgeschäft stellen wir eine verstärkte Nachfrage zu mehr Sicherheitskonzepten fest, die sich dem Gebot des Kapitalerhalts verpflichten. Denn mittel- bis langfristig mit Long Only Fonds besser abzuschneiden als der Gesamtmarkt, ist schon schwer genug. Hinzu kommt, dass die Regulierung der Finanzbranche und die damit verbundene Einführung von Beratungsprotokollen bei Finanzanlagevermittlern bewirkt haben, dass einfache und in der Vergangenheit erfolgreiche Anlagelösungen den Vorzug in der Portfoliozusammenstellung bekommen. Mischfonds sind, vereinfacht gesprochen, eine gute Beraterlösung.
finanzwelt: Die Termini Mischfonds, Multi Asset oder vermögensverwaltende Fonds werden teilweise wahllos vermischt. Wo machen Sie die Unterschiede aus und gibt es Weiterentwicklungen klassischer Fondskonzepte?
Neus: Die Trennlinie zwischen den einzelnen Konzepten zu ziehen, ist tatsächlich nicht ganz einfach. Wir arbeiten beispielsweise nach klaren Kriterien, mit denen wir einen Mischfonds der neuen Generation von anderen Fondskonstruktionen abgrenzen. Eine Gleichsetzung verwirrt mehr als sie dem Kunden und Berater dient. Das Besondere bei unseren Multi Asset Produkten ist, dass das Team auf mehr als zehn Anlageklassen zurückgreifen kann, um ein breit diversifiziertes Portfolio zu schaffen. Dazu gehören beispielsweise Aktien, Anleihen, Rohstoffe, alternative Anlagen oder auch Gold und Immobilien etc. Unseren Schwerpunkt richten wir hierbei auf die Analyse der Risikoprämien der einzelnen Anlageklassen, da diese letztlich die Hauptrenditetreiber aller Investitionen darstellen.
Hemmer: Die Charakteristika eines Mischfonds lassen sich wie folgt zusammenfassen: Erstens investiert der Mischfonds in mehrere Anlageklassen – er streut also breiter als ein reiner Aktien- oder Rentenfonds. Zweitens verfügen Mischfonds meist über sehr klare Anlagegrenzen, die sich in einer zugehörigen Benchmark wiederfinden. Damit ist für den Anleger sehr transparent, wie seine Investition zu jedem Zeitpunkt aufgestellt ist. Ein Risikomanagement gehört dabei zur Grundausstattung. Ich gebe Ihnen dahingehend Recht, dass die Anbieter noch intensiver an eindeutigen Abgrenzungskriterien arbeiten und dies anschaulich darstellen müssen. Die haptische Wahrnehmung muss geschärft werden. Die große Palette an Mischfonds-Konzepten lässt die Unterschiede meist nicht auf einen Blick genau identifizieren.
finanzwelt: Die Nettomittelzuflüsse in diese Anlageklasse sind eine klare Ansage. Geringere Volatilität und Verlustbegrenzung sind einleuchtende Argumente. Zugleich darf nicht vergessen werden, dass insbesondere defensive Mischfonds unter Performanceaspekten teilweise schlecht abschneiden. Müssen die Berater noch mehr Aufklärungsarbeit leisten?
Hammer: Der Beratungsbedarf ist hoch. Hier helfen Ratings, Vergleichsportale und eine klare Begriffsdefinition, um die Transparenz im Produktverständnis anzuheben. Die Berater sehen sich heutzutage mit einer Vielzahl immer neuer Richtlinien konfrontiert und darunter leidet auch zwangsläufig ihre eigentliche Dienstleistung, die langfristige Beratung der Kunden. Multi Asset als Lösungsangebot ist gut, aber es darf den Berater nicht von einer eigenen Recherche nach weiteren passenden Anlagen entbinden. Er muss den direkten Draht zu seinen Kunden zwingend behalten. Daran ändern auch Mischfonds als integraler Bestandteil im Portfolio nichts.
Hemmer: In den letzten Jahren haben Berater, bedingt durch Kapitalmarktkrisen, ihre Sensibilität für das Thema Risiko geschärft. Investoren schauen heute neben der Wertentwicklung insbesondere auch auf das Verhalten in hektischen Marktphasen. Ein guter Mischfonds sollte den Anspruch haben, Schwankungen auf Sicht von 3 bis 5 Jahren auszugleichen und attraktive Erträge zu erwirtschaften.
Neus: Wenn ich hier einhaken darf. Spätestens mit der Lehman-Pleite hat eine neue Zeitrechnung begonnen, insbesondere was eine Neudefinition des Risikobegriffs betrifft. Nach mehreren Krisen in kurzen Zeitabständen wollen die Menschen, dass ihr Geld vorsichtig und der aktuellen Situation entsprechend verwaltet wird. Aufklärungsarbeit hinsichtlich wesentlicher Kennzahlen findet bereits statt, muss aber noch intensiviert werden. In der Tat wird teilweise sehr viel Geld in Mischfonds-Konzepte investiert, deren Wertentwicklung hinter die Benchmark zurückfällt. Ein geschultes Auge findet auch die Perlen jenseits der vermeintlich großen Namen am Markt.
finanzwelt: Das Segment der gemischten Fondslösungen entwickelt sich stetig weiter. Welche Trends machen Sie derzeit aus?
Hemmer: Mit einer breit diversifizierten Anlage inklusive fest kalkulierbaren Ausschüttungen, und das auch in turbulenten Zeiten, trifft man den Nerv der Zeit. Das zeigt sich auch bei unserem Pioneer Funds – Global Multi Asset Target Income oder dem Dachfonds Pioneer Investments Multi Manager Best Select, in den seit Auflage bereits 150 Mio. Euro geflossen sind.
Neus: Das aktuelle Marktumfeld bietet gute Gelegenheiten für ertragsorientierte Investitionen. „Income" liegt sicherlich im Trend. Wir spüren die Nachfrage bei Produkten, die eine feste, nachhaltige Ausschüttung anbieten, sei es auf monatlicher, vierteljährlicher oder jährlicher Basis. Dies kombiniert mit Zugang zu einem breiten Spektrum unterschiedlicher Anlageklassen, einschließlich globaler Aktien sowie Staats- und Unternehmensanleihen aus Industrie- und Schwellenländern, wird sich als Markttrend verfestigen.
finanzwelt: Ist Multi Asset demnach eine Allzweckwaffe?
Hammer: Zunächst einmal gilt es, eine zielgerichtete und systematische Beratungsleistung zu erbringen. Stimmen die Zielvorgaben des Kunden mit dem Fondskonzept überein, kann Multi Asset mit Sicherheit eine attraktive Anlagemöglichkeit sein. Diese bewähren sich durch ihren aktiven Managementansatz in unterschiedlichen Marktphasen, was letztlich Berater und Kunden zufriedenstellt.
Fazit
Die Entwicklung von Mischfonds ermöglicht einen kostengünstigen und einfachen Zugang zu einem diversifizierten Fondsportfolio. Da Risikostreuung nicht innerhalb der Anlageklassen endet, sondern auch auf Produktebene für den langfristigen Anlageerfolg wichtig ist, sollte grundsätzlich nie nur auf einen Anbieter oder einen Fonds gesetzt werden. Auch bei vermeintlich einfachen Produkten wie Mischfonds sollte eine kritische Prüfung und Auseinandersetzung mit dem Investmentprozess auf keinen Fall ausbleiben. (ah)