Ohne Empathie geht es nicht

04.02.2014

In Zeiten größeren Kostendrucks und ständiger Beobachtung durch soziale Medien müssen die Versicherer ihr Schadensmanagement verbessern. Denn die Qualität einer Police messen die Kunden an der Leistung in der Not. Effektivität, Effizienz und Einfühlungsvermögen – wer diese drei Faktoren auf einen Nenner bringt, hat die Nase im Wettbewerb vorn.

Das Beste, das einem Versicherer passieren kann, ist ein Versicherungsschaden. Ein simples Beispiel dafür ist die Überschwemmungskatastrophe im Frühsommer vergangenen Jahres. Zwei Milliarden Euro mussten die Versicherer zwar für die Regulierung von rund 200.000 Schäden auf den Tisch packen, doch der damit einhergehende Imagegewinn war mit Geld kaum zu bezahlen. In einer Zeit, in der Verbraucherschützer die Assekuranz gerne wegen vermeintlich verzögerter Schadensregulierung an den Pranger stellen, kamen die Wassermassen für die Versicherer fast wie gerufen. Öffentlichkeitswirksam konnten sie zeigen, was sie drauf haben.

Berühmte Parallelen: Im Februar 1962 empfahl sich der damalige Hamburger Innensenator Helmut Schmidt bei der Flutkatstrophe in Hamburg für höhere Weihen, im August 2002 profilierte sich Gerhard Schröder beim Elbhochwasser als Krisenkanzler – und konnte auf den letzten Drücker Edmund Stoiber den schon sicher geglaubten Sieg bei der Bundestagswahl aus der Hand reißen. Und auch die Versicherer gewannen 2013 an Donau und Elbe die Meinungshoheit zurück. Dies geht aus dem „Servicebarometer Assekuranz" des Marktforschungs- und Beratungsinstituts YouGov hervor. Danach beurteilten 88 % der repräsentativ befragten Bundesbürger die allgemeine Schadensregulierung der Unternehmen mit „ausgezeichnet", „gut" oder „sehr gut". Und das bei jährlich 23 Millionen Schäden und täglich 500 Mio. Euro an Leistungen. Ein erkennbar zufriedener Dr. Norbert Rollinger, Vorsitzender des Hauptausschusses Schaden- und Unfallversicherung beim GDV, gibt sich denn auch entspannt: „Bei uns gibt's das Geld noch schneller als aus dem staatlichen Hochwasser-Fonds."

Schadensmanagement ist für die Assekuranz wichtiger denn je. Denn der Versicherungsmarkt steckt mittendrin in großen Umwälzungen und vor gewaltigen Herausforderungen. Ein schärferer Wettbewerb und die künftigen Anforderungen durch Solvency II zwingen die Unternehmen dazu, kräftig auf die Kostenbremse zu treten. Nur mühsam gelingt ihnen dies in der Sachversicherung. Die Combined Ratio lag 2007 bei 105 %, im letzten bislang statistisch erfassten Jahr 2012 war sie auf 98,1 % gesunken. Jede große Unwetterkatastrophe kann die Bilanz jedoch buchstäblich verhageln. Vermutlich wird dies schon für das von großen Unwettern geplagte Jahr 2013 zutreffen, die Schaden-/Kostenquote dürfte sich auf bis zu 130 % dramatisch erhöht haben. Doch damit nicht genug, die breite Öffentlichkeit informiert sich über die Qualität von Versicherungsschutz und Versicherungsgesellschaften zunehmend im Internet und in sozialen Netzen. Ob zu Recht oder zu Unrecht – jede abgelehnte Schadensersatzforderung, jede schlampige oder unfreundliche Bearbeitung eines Falls erzielt mitunter hohe Breitenwirkung. Es drohen täglich Reputationseinbußen, die nur mühsam wieder wettgemacht werden können, wie Dr. Monika Sebold-Bender, Vorstand Komposit und Schaden der Generali, auf einer Fachtagung in Köln erläuterte. Das Internet schafft Transparenz, ob Versicherungsvorstände das so wollen oder nicht. Also muss an den Wurzeln gearbeitet werden. Die Generali-Managerin erläutert, dies sei unverzichtbar: „Ein professionelles Schadensmanagement schafft die Voraussetzung, um im Versicherungsmarkt weiter bestehen zu können."

Nachholbedarf in der Kommunikation. Etwas ganz anderes aber ist laut BVK-Präsident Michael H. Heinz ein zentrales Thema auf allen Vertreterversammlungen. Die Vermittler hätten zwar Regulierungsvollmacht, was letztlich über die damit verbundene Kostenersparnis den Unternehmen zugutekomme. Doch gebe es bei den Unternehmen in vielen Bereichen Nachholbedarf in der Kommunikation, so Heinz: „Die häufigen Abteilungswechsel von Ansprechpartnern, interne Umorganisationen sowie Fusionen und Zusammenlegungen von Geschäftsstellen machen uns das Leben schwer." Einerseits hätten die Vermittler im Schadensmanagement zwar die wichtigste Aufgabe, andererseits säßen sie aber oft zwischen den Stühlen. Denn die Kunden hätten kein Verständnis für derlei Abstimmungsprobleme. Für sie sei die schnelle Leistung das wichtigste Kriterium. André Molter, Syndikus beim VDVM-Verband Deutscher Versicherungsmakler e.V., bestätigt die Kommunikationsschwierigkeiten mit Versicherungsgesellschaften: „Dies ist ein ganz massives Problem." Teilweise landeten Makler sogar in Call Centern, statt einen persönlichen Ansprechpartner vorzufinden. Deshalb habe sein Verband eine Qualitätsoffensive gestartet, für die er die Versicherer gewinnen will, so Molter: „Die Idee war, zunächst aus der Region heraus auf die Versicherer zuzutreten und später einen bundesweit einheitlichen Standard für die Kooperation mit VDVM-Versicherungsmaklern zu schaffen. Für unsere Mitglieder konnten wir erste Erfolge erzielen. Versicherer wie die Basler, ERGO, Versicherungskammer Bayern, VHV und Zurich haben in der Region die Vereinbarung unterzeichnet. Verhandlungen mit weiteren Versicherern laufen." Das Schadensmanagement der Zukunft basiert laut Dr. Sebold-Bender aber auch auf einer offenen Unternehmenskultur und moderner Technik. Und es hält „die Balance zwischen Empathie, Effizienz und Effektivität". Ausgereizt ist das Thema damit noch lange nicht. AXA-Vorstand Rainer Brune hält einen unverstellten Blick auf künftige technologische Entwicklungen für erforderlich: „So kann beispielsweise das Wohngebäude selbst eines Tages eine Meldung über einen Leitungswasserschaden direkt an den Versicherer senden." Smart Home also als aktiver und kostensparender Player bei der Verbesserung des Schadensmanagements. Letztlich müssten aber laut Brune auch bereits vorhandene Schadensdaten besser für die Preisfindung bei der Übernahme von Risiken genutzt werden.

Der Umgang mit großen Katastrophen wie dem Frühjahrshochwasser 2013 sei eigentlich nichts Neues für die Versicherer, erklärt Dr. Robert Heene, Vorstand der Versicherungskammer Bayern. Dabei handele es sich schlicht und einfach um das Handwerkszeug zum Kumulmanagement, also eine möglichst effiziente Koordinierung aller Aktivitäten. Von der Eingangssteuerung über das interne Schadensmanagement und die Steuerung der Sachverständigen bis hin zur Zusammenarbeit mit externen Schnittstellen – und letztlich zur Kommunikation. Zu Letzterer gehörten neben einer internen Berichterstattung und laufenden Informationen an die Vertriebe eine aktive Pressearbeit sowie die Bereiche FAQ und Social Media.

_(Hans-Werner Thieltges)

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Kompositversicherung 2014 – Der Vertriebsmotor – Schadensmanagement – Printausgabe 01/2014